Was jetzt fix kommt

Asyl, Sozialgeld, Sparkurs – das hat Regierung fixiert

Viele Kompromisse, aber keine "Leuchttürme": Das Regierungsprogramm der Ampel steht. "Heute" hat es durchgearbeitet und präsentiert die Kernpunkte.
28.02.2025, 04:45

Eine schwere Geburt: Nach 152 Tagen und bereits dem zweiten Anlauf ist die erste Dreierkoalition in Österreich fixiert. Die Parteichefs Christian Stocker (VP), Andreas Babler (SP) und Beate Meinl-Reisinger präsentierten am Donnerstag – wie ausführlich berichtet – das 211 Seiten starke Regierungsprogramm. Titel: "Jetzt das Richtige tun. Für Österreich".

Ampel-Trio mit "Augenringen"

Alle drei betonten, dass in den vergangenen Tagen bis spät in die Nacht verhandelt wurde. "Ich bin stolz, mit leichten Augenringen, aber durchaus vital vor Ihnen zu stehen", formulierte es Meinl-Reisinger.

Gemeinsamer Wille

Alle drei seien "über ihren Schatten gesprungen", so der künftige Kanzler, Christian Stocker. Schon am Montag soll er von Bundespräsident Alexander Van der Bellen angelobt werden. Kompromisse müssten nicht Stillstand bedeuten.

Budgetsanierung

Einig ist man sich, ein EU-Defizitverfahren vermeiden zu wollen. Die Folge: ein Sparkurs. "Wir sind ehrlich: Es werden zwei harte Jahre", ergänzte Meinl-Reisinger.

Harter Asylkurs

Verschärfungen sind vor allem im Bereich Asyl und Migration geplant (siehe Kasten). So soll es eine bis zu drei Jahre dauernde "Integrationsphase" geben. In dieser Zeit gibt es nur reduzierte Sozialleistungen.

Migration, Asyl: Zugeständnisse an die Freiheitlichen

Null Asylanträge Das Ziel ist, die Zahl der Asylanträge im Inland auf null zu reduzieren. Wie das erreicht werden soll, verschweigt die Ampel. Bei einem Anstieg der Anträge soll die EU-Notfallklausel ausgelöst werden können.

Familiennachzug wird mit sofortiger Wirkung gestoppt.

Rückkehrverfahrenszentren Um das Untertauchen abgelehnter Asylwerber zu verhindern, soll deren Bewegungsfreiheit eingeschränkt werden.

Minderjährige Asylwerber Hier soll es verpflichtende Altersfeststellungen geben.

Sozialleistungen Wartefrist von drei Jahren.

Kopftuchverbot bis 14 Jahre.

Wirtschaft beleben

Die Parteichefs sind sich einig: Die Wirtschaft muss angekurbelt werden. Sofortmaßnahmen blieben sie schuldig.

"Budgetvorbehalt"

Überhaupt ist vieles unsicher: 18 Mal findet sich der Vermerk "Unter Budgetvorbehalt ab 2027". Diese Maßnahmen, etwa die steuerliche Begünstigung von Überstunden, kommen nur, wenn es die wirtschaftliche Lage zulässt.

Geld: Vieles wird schon ab heuer teurer

Doppelbudget Für 2025 sind 6,3 Milliarden Euro Einsparungen geplant, für 2026 8,7 Milliarden.

E-Autos Auch für diese wird künftig die motorbezogene Versicherungssteuer fällig.

Kilometergeld Für Fahrräder und Motorräder gibt es nur mehr 25 Cent pro Kilometer.

Zigaretten Die Tabaksteuer wird erhöht und auf alternative Erzeugnisse wie Nikotin-Pouches ausgeweitet.

Gebühren Die Bundesgebühren werden erhöht.

Pensionisten müssen ab 1. Juni 2025 statt 5,1 Prozent sechs Prozent Krankenversicherungsbeitrag zahlen.

Tampons & Co. Für Frauenhygieneartikel sowie Verhütungsmittel entfällt ab nächsten Jahr die Umsatzsteuer.

Glücksspiel Die Glücksspielabgabe wird um 10 Prozent angehoben, die Wettgebühr steigt ab 1. Jänner 2026 in Richtung 5 Prozent mit einer ersten Steigerung schon heuer.

Handwerkerbonus Der bleibt, wird aber evaluiert.

Bankenabgabe Die beträgt heuer und 2026 je 500 Millionen Euro, ab 2027 dann 200 Millionen pro Jahr.

Mega-Team

Neben Kanzler und Vize gibt es zwölf Minister und sieben Staatssekretäre. Es handelt sich bei TeuRaZ um die teuerste Regierung aller Zeiten. Im Parlament musste eigens umgebaut werden.

Neben den inhaltlichen Schwerpunkten mussten sich die drei Koalitionspartner auch auf die Ministerienaufteilung einigen. Die sieht so aus: Die ÖVP erhält neben dem Kanzler die Ressorts Inneres, Verteidigung, Landwirtschaft/Umwelt, Wirtschaft/Energie und eine Kanzleramtsministerin für Jugend, Familie, EU und Integration.

Die Ministerienverteilung

ÖVP:

Bundeskanzleramt

Bundesministerium für Inneres

Bundesministerium für Landesverteidigung

Bundesministerium für Wirtschaft, Energie und Tourismus

Bundesministerium für Familie, Jugend, EU und Integration

Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Klima- und Umweltschutz, Regionen und Wasserwirtschaft

Staatssekretariat im Bundeskanzleramt

Staatssekretariat im Bundesministerium für Finanzen

Staatssekretariat im Bundesministerium für Wirtschaft, Energie und Tourismus

SPÖ:

Bundesministerium für Wohnen, Kunst, Kultur, Medien und Sport

Bundesministerium für Finanzen

Bundesministerium für Justiz

Bundesministerium für Frauen, Wissenschaft und Forschung

Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie

Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz

Staatssekretariat im Bundesministerium für Wohnen, Kunst, Kultur, Medien und Sport

Staatssekretariat im Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz

Staatssekretariat im Bundesministerium für Inneres

Neos:

Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten

Bundesministerium für Bildung

Staatssekretariat im Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten

An die SPÖ gehen neben dem Vizekanzler (zuständig für Wohnen, Kultur, Medien und Sport) folgende Ministerien: Frauen/Wissenschaft, Finanzen, Justiz, Infrastruktur, Soziales/Arbeit/Gesundheit.

Die Neos bekommen das Außen- und das Bildungsressort. Bei ÖVP und Neos ist das Personal fix, in der SPÖ fällt heute im Parteivorstand die endgültige Entscheidung. Bis zuletzt gab es heftige Streitereien zwischen der mächtigen Wiener SPÖ und Parteichef Babler. Im Mittelpunkt: das Finanzministerium. Gehandelt wurde Wiens Finanzstadtrat Peter Hanke. Doch er dürfte Chef im finanzstarken Infrastrukturministerium werden. Im Finanzressort scheint die Wahl auf Markus Marterbauer gefallen zu sein. Der 60 -Jährige ist Chefökonom der Arbeiterkammer Wien, gilt im Spektrum der SPÖ als weit links stehend. Die beiden Koalitionspartner dürften an dieser Personalie einiges zu knabbern haben.

Aufteilung nun 6-6-2

Je sechs Minister und drei Staatssekretäre gehen an ÖVP und SPÖ, die Neos erhalten zwei plus einen. Argument der Koalition für die vielen Staatssekretäre: Die Arbeit in den teils riesigen Ressorts müsse bewältigbar sein.

Gesundheit: Kürzere Wartezeiten

Erstversorgungsambulanzen sollen zur Entlastung von Krankenhäusern weiter ausgebaut werden.

Ausbau des niedergelassenen Bereichs und Schaffung von Primärversorgungs-Netzwerken und multidisziplinären Facharzt-Zentren.

Online-Terminbuchungen sollen rechtlich ermöglicht werden und die Telemedizin ausgebaut werden.

Kickl: "Kapitulation vor Wählerauftrag"

"Eine einzige Kapitulation vor dem Wählerauftrag zur echten Erneuerung" – so kommentiert FPÖ-Chef Kickl das Regierungsprogramm. "Diese Verlierer-Koalition ist aus Machtgier und Angst vor den Wählern gezeugt." Die Pläne der Ampel seien ein "regelrechtes Österreich-Verräter-Programm", die Regierung mit den 21 Mitgliedern die "teuerste aller Zeiten".

Wohnen: Mieten werden nicht erhöht

Mietpreise Im heurigen dürfen Mieten gar nicht erhöht werden. 2026 ist maximal 1 Prozent plus erlaubt, 2027 maximal 2 Prozent. Ab 2028 gibt es einen Steigerungsdeckel von 3 Prozent.

Wohnbauförderung Die Wiedereinführung der Zweckbindung soll dauerhafte Wohnbaufinanzierung garantieren.

Grunderwerbssteuer Diese soll ebenso wie die staatlichen Nebengebühren beim Erwerb des ersten Eigenheims abgeschafft werden.

Mindestbefristung Die derzeitige Mindestdauer von drei Jahren soll auf fünf Jahre angehoben werden.

Lagezuschlag wird evaluiert.

Doskozil spricht von "Frotzelei"

Burgenlands Landeschef Hans Peter Doskozil will die Regierung "an ihren Taten messen". Das große Regierungsteam missfällt ihm: "Wenn eine Regierung ein derart tiefgreifendes Sparprogramm umsetzen muss, sollte sie auch bei sich selbst sparen." Alles andere würden die Menschen als "Frotzelei" empfinden.

Bildung: Strengere Regeln an Schulen & Co.

Verpflichtendes 2. Kindergartenjahr soll so schnell wie möglich eingeführt werden.

Sprachstandserhebung Wer bei dieser Erhebung am Beginn des vorletzten Kindergartenjahres Mängel aufweist, wird zu 30 Stunden Sprachförderung verpflichtet.

Handyverbot kommt an Schulen bis zum 14. Lebensjahr.

Mitwirkungspflicht für Eltern samt Strafandrohungen.

ÖGB-Präsident: "Schritt in richtige Richtung"

Die Gewerkschaft ist mit dem Regierungsprogramm zufrieden. "Die langen Verhandlungen haben sich gelohnt. Das Arbeitsprogramm für die nächste Regierung setzt wichtige Schwerpunkte", so ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian. So werde etwa das geplante Konjunkturpaket Arbeitsplätze schaffen.

Sicherheit: Nachfolger für die Eurofighter

Sky Shield Die Teilnahme am Raketenabwehrsystem ist paktiert.

Eurofighter Um die Luftraumüberwachung weiterhin sicherstellen zu können, wird die Nachfolgebeschaffung eingeleitet.

Grundwehrdienst Der Sold für Grundwehrdiener wird erhöht.

Body-Cams Die Polizei soll flächendeckend mit Body-Cameras ausgestattet werden.

Drohnenüberwachung an den Grenzen sollen leichter möglich werden.

Grüne versprechen konstruktive Beteiligung

Grünen-Chef Werner Kogler sieht im Regierungsprogramm "anerkennenswerte Schritte" wie das verpflichtende zweite Kindergartenjahr und die Kindergrundsicherung. Scharfe Kritik übt er daran, dass Natur- und Klimaschutz für diese Regierung "eine völlig untergeordnete Rolle spielen".

Umwelt, Verkehr: Gewessler-Spuren werden beseitigt

Klimaplan Der Nationale Energie- und Klimaplan wird überarbeitet.

Klimabonus Das Lieblingsprojekt von Leonore Gewessler wird abgeschafft.

Autobahnen und Schnellstraßen, die bereits genehmigt sind (z. B. S1 Spange), sollen schnellstmöglich realisiert werden.

Radfahrer Der Radverkehrsanteil soll von sieben auf 14 Prozent verdoppelt werden. n Öffis sollen weiter ausgebaut werden samt Qualitätsverbesserungen. n Führerschein Keine verpflichtenden Kontrollen ausschließlich für ältere Menschen.

Ampel muss Programm gemeinsam vertreten

Die Ampel will EU-Alleingänge von Ministern wie den von Leonore Gewessler bei der Renaturierung vermeiden. Im Programm ist fixiert, dass dessen Inhalte in Regierung, Parlament sowie in der EU gemeinsam vertreten werden müssen.

ORF: Die Abgabe bleibt

Haushaltsabgabe Die von der FPÖ geplante Abschaffung ist vom Tisch. Sie wird aber bis 2029 bei 15,30 Euro monatlich eingefroren, also nicht erhöht.

Stiftungsrat Drei Mitglieder schlägt Kanzler vor, zwei der Vizekanzler, eines das ranghöchste Neos-Regierungsmitglied.

Montag Angelobung – mit Neos an Bord?

Ewig wurde verhandelt, jetzt soll es schnell gehen. Am Sonntag befragen die Neos ihre Mitglieder über Programm und Personalpaket. Zwei Drittel müssen zustimmen. Dann steht einer Angelobung durch Bundespräsident Van der Bellen am Montag nichts mehr im Wege.

Sport: Die Pläne

Nationalstadion Der Bau eines multifunktionalen Nationalstadions mit integriertem Haus des Sports wird geprüft.

Großevents Es soll eine vorausschauende Strategie für Bewerbungen für Sport-Großereignisse erarbeitet werden.

{title && {title} } bob,sea, {title && {title} } 28.02.2025, 04:45
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