Für viele "Verräterin"

Araberin in Israel-Armee: Sieht sich als Brückenbauerin

Ella Waweya ist die erste arabische Offizierin der israelischen Armee. Ihren Beruf verheimlichte sie lange, ihre Eltern schämten sich dafür.

20 Minuten
Araberin in Israel-Armee: Sieht sich als Brückenbauerin
Ella Waweya (34) ist die arabische Mediensprecherin der israelischen Streitkräfte.
instagram/captain_ella_waweya

Ella Waweya (34) ist zwar Offizierin, aber als "Captain Ella" bekannt: Sie ist Leiterin des arabischen Mediendesks bei den israelischen Streitkräften IDF, stellvertretende Kommandantin der IDF-Sprechereinheit und vor allem die erste Araberin, die ihre Beförderung zur Majorin bei den IDF öffentlich machte.

Das ist nicht selbstverständlich: Die gut 400 muslimischen Araber und Araberinnen in den Reihen der israelischen Armee werden in der arabischen Welt von vielen als Verräter gesehen. Das war und ist auch bei Waweya so, wie sie in zahlreichen Interviews erklärte und auch der Blick auf die Posts auf ihren Social-Media-Kanälen deutlich macht.

"Bin Israelin, darüber diskutiere ich nicht mehr"

Sie wuchs in einer konservativen Familie in der fast ausschließlich arabischsprachigen Kleinstadt Kalansawe nordöstlich von Tel Aviv auf. Waweya erinnert sich, wie sie als Teenagerin mit der Familie die Berichte des arabischen Senders Al Jazeera über die zweite Intifada gegen Israel geschaut und als einseitig empfunden habe und wie sie die Frage nach der Zugehörigkeit – "bin ich Israelin oder Palästinenserin?" – beschäftigt habe.

Als sie dann mit 16 Jahren ihre erste israelische ID erhielt, sei das wie ein identitätsstiftendes Zeichen gewesen: "Da habe ich begriffen: Ich bin Israelin, und darüber diskutiere ich mit niemandem mehr."

Armee-Beitritt vor Eltern verheimlicht

Dennoch verheimlichte sie es gegenüber Familie und Freunden, als sie 2013 und mit 24 Jahren der israelischen Armee beitrat. Als es schließlich herauskam, kam es beinahe zum Bruch. Die Eltern schämten sich derart, dass sie die Berufswahl der Tochter nach außen ebenfalls lange verschwiegen. Erst mit den Jahren akzeptierte man, dass das jüngste von fünf Kindern sich für eine Karriere bei den IDF entschieden hatte. Als die Tochter 2021 den Offiziersrang erhielt, sollte die Mutter vor Stolz weinen – es sei einer der bewegendsten Momente ihres Lebens gewesen, erinnert sich die 34-Jährige.

Ihre Sprecherstelle bei der israelischen Armee versteht Waweya als "meinen Platz, um das Bild in der arabischen Gesellschaft zu verändern und die Zusammengehörigkeit des Staates Israel zu zeigen". Es liege "ein Gefühl des Neuen in der Luft", meinte sie zum Abraham-Abkommen von 2020, in dem vier arabische Länder ihre Beziehungen zu Israel normalisierten.

Video: Kämpfe in Chan Junis - Israel jagt Hamas-Führer

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"Brückenbauerin zwischen Israelis und Palästinensern"

Seit den Anschlägen vom 7. Oktober arbeitet Waweya rund um die Uhr. "Meine Aufgabe ist es, die Bevölkerung zu schützen und zu warnen", sagt sie der NZZ. Heißt, sie erklärt der arabischen Öffentlichkeit das Vorgehen der israelischen Armee, ruft die Zivilbevölkerung – gerade Mütter, die sie als Frau eher erreiche – in Videos und Posts dazu auf, das Gebiet im Norden des Gazastreifens zu verlassen und versorgt Medien der arabischen Welt mit Informationen zu dem Krieg.

"Captain Ella" – der Name hat sich wegen ihrer Präsenz in den sozialen Medien etabliert – sieht sich jetzt noch stärker als Brückenbauerin zwischen Israelis und Palästinensern. Sie wolle vor allem die jungen Menschen in der arabischen Welt erreichen, sagt sie.

"Welt versteht immer mehr, was Hamas wirklich ist"

"Ich denke, dass die Welt immer mehr versteht, was die Hamas wirklich ist. Viele Muslime haben am 7. Oktober realisiert, dass diese Terroristen nur töten wollen", sagt sie. Damit könnte die Mediensprecherin recht haben. Zumindest hat eine aktuelle Umfrage unter arabischen Israelis nach den Anschlägen eine verstärkte Identifikation mit Israel ergeben.

Zum ersten Mal und im Gegensatz zu allen früheren Umfragen spiele die bürgerliche israelische Identität eine ebenso starke Rolle wie die nationale arabische Identität der arabischen Israelis, sagt Arik Rudnitzky, Leiter des Konrad-Adenauer-Programms für jüdisch-arabische Zusammenarbeit. "Der Krieg zwischen Israel und der Hamas hat einen beispiellosen Wandel in den Positionen der arabischen Bürger Israels bewirkt."

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