Österreich

Aorta riss: "Wäre fast an seltener Krankheit gestorben"

Das Marfan Syndrom ist eine genetisch bedingte Bindegewebsschwäche, die im schlimmsten Fall zum Tod führen kann. Auch Margit A. ist davon betroffen.

Christine Ziechert
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Margit A. (61) hat das Marfan Syndrom, im KH Hietzing in Wien wurde die Diagnose gestellt.
Margit A. (61) hat das Marfan Syndrom, im KH Hietzing in Wien wurde die Diagnose gestellt.
Heute/Archiv, zVg

Einer von 5.000 bis 10.000 Österreichern leidet am Marfan Syndrom. Die Erkrankung wird vererbt oder entsteht durch eine Gen-Neumutation: "Schon mein Vater und meine Großmutter sind höchstwahrscheinlich daran gestorben. Mein Bruder und meine Schwester sind ebenfalls daran erkrankt. Leider wird das Syndrom oft (lange) nicht erkannt. Die Ärzte wissen zu wenig darüber Bescheid", erzählt Margit A. (61) im "Heute"-Gespräch.

Die Symptome der Erkrankung können sehr vielfältig sein: Betroffene sind sehr groß und haben meist lange, dünne Arme, Beine, Finger sowie Zehen, aber einen kürzeren Rumpf. Auch Skoliose (Wirbelsäulenverkrümmung), Knick-Senkfüße und ein hoher Gaumen kommen vor. "Die Anzeichen waren da, aber die Ärzte sind einfach nicht drauf gekommen, dass ich das Marfan Syndrom habe", meint die 1,87 Meter große Waldviertlerin mit Schuhgröße 45. 

"Ich spürte einen extremen Zerreiß-Schmerz, es war als würde ein Elefant auf meiner Brust liegen. Ich hatte Todesangst und dachte, ich muss jetzt sterben" - Margit A.

Zudem gibt es Auswirkungen auf die Hirnhaut und Organe wie Augen, Lunge oder Herz: "2002 war ich ständig müde, sogar das Gehen war anstrengend. Eine aufmerksame Kardiologin hat dann einen Herzultraschall veranlasst. Dabei wurde eine Erweiterung der Aorta festgestellt. 2004 wurde ich dann an der Aortenklappe operiert. Da wusste aber noch niemand, dass ich das Syndrom habe", erinnert sich Margit A.

Die OP verlief erfolgreich: "Danach hat man mir erklärt, ich sei jetzt 'repariert', soll aber nicht schwer heben und einmal im Jahr zur Kontrolle kommen. Zehn Jahre nach dieser OP, also 2014, trat dann ein absoluter Notfall ein. Ich spürte einen extremen Zerreiß-Schmerz, es war, als würde ein Elefant auf meiner Brust liegen. Ich hatte Todesangst und dachte, ich muss jetzt sterben. Und das hätte auch wirklich passieren können", erzählt Margit A.

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    Diagnose wurde erst mit 54 Jahren gestellt

    Die Niederösterreicherin wurde ins KH Horn eingeliefert, eine Computertomographie zeigte eine Aortendissektion – dabei spaltet sich die innere Schicht der Aortenwand auf: "Ich wurde in die Klinik Hietzing in Wien überstellt. Dort konnte die Dissektion zum Glück mit Medikamenten sowie Bettruhe stabilisiert werden, und zum ersten Mal wurde der Verdacht auf Marfan Syndrom geäußert."

    Mit 54 Jahren hatte Margit A. endlich die richtige Diagnose erhalten: "Mir wurde klar, warum ich so groß und sportlich kein Ass bin, warum mir manchmal schwindelig war, und ich manchmal einfach müde und nicht so leistungsfähig war. Auch die Skoliose, die Kurzsichtigkeit, der Senk-Spreizfuß, die Hüftprobleme – alles passte zum Marfan Syndrom", so die 61-Jährige.

    "Bei uns altert das Bindegewebe eben einfach viel schneller als bei gesunden Menschen" - Margit A.

    Derzeit ist Margit A. medikamentös gut eingestellt und laufend unter ärztlicher Kontrolle. Dennoch kann ein Aortenriss  jederzeit wieder auftreten: "Bei uns altert das Bindegewebe eben einfach viel schneller als bei gesunden Menschen", berichtet die 61-Jährige, die in Berufsunfähigkeitspension ist. 

    Über Internet-Recherchen stieß die Niederösterreicherin schließlich auf die "Marfan Initiative Österreich", für die Margit A. nun als Obfrau ehrenamtlich tätig ist: "Es tut gut, sich mit Menschen auszutauschen, die dieselben Probleme haben. Oder Infos zu bekommen, wo man Ärzte findet, die sich mit Marfan auskennen."

    Marfan Initiative Österreich bietet Hilfe

    Die "Marfan Initiative Österreich" pflegt zudem Kontakte mit Kardiologen und Chirurgen, aber auch mit Augenärzten und Orthopäden. Einmal jährlich findet ein Marfan-Tag in Salzburg mit einem medizinischen Fachvortrag statt – aufgrund der Pandemie derzeit allerdings nur via Zoom. 

    In Österreich gibt es derzeit vier Marfan-Spezialambulanzen in Innsbruck, Graz, an der Kinderklinik am AKH und im Krankenhaus Floridsdorf (beide Wien). Die Erkrankung kann etwa mittels Blut-Test nachgewiesen werden. Weitere Infos bietet die "Marfan Initiative Österreich" unter marfan-initiative.at.