Niederösterreich
Anzeige! Über 100.000 € aus St. Pöltner Stadtkassa weg
Dunkle Wolken über dem St. Pöltner Rathaus: Ein Mitarbeiter soll über Jahre in die Kassa gegriffen und so ein kleines Vermögen veruntreut haben.
Unaufgeregt und proaktiv wandte sich St. Pöltens Langzeitbürgermeister Matthias Stadler (18 Jahre 10 Monate 2 Tage im Amt, die SP regiert mit absoluter Mehrheit, Anm.) an die Öffentlichkeit (Wortlaut der Aussendung siehe unten). Denn aus der Stadtkassa Sankt Pölten fehle Geld, kein Bagatellbetrag, sondern ein kleines Vermögen.
Veruntreuungs-Verdacht
Es soll einen konkreten Verdacht geben, somit musste Anzeige erstattet werden. Der St. Pöltener Erste Staatsanwalt Leopold Bien bestätigte eine kurze Sachverhaltsdarstellung sowie eine Anzeige. Die Ermittlungen dürften wegen des Verdachtes der Untreue bzw. Veruntreuung geführt werden.
Ein langjähriger Mitarbeiter (für ihn gilt die Unschuldsvermutung) mit Zugriff auf die Stadtkassa soll über Jahre Geldbeträge aus der Stadtkassa genommen haben. Da bei der Entnahme des Geldes immer das Mehraugen-Prinzip gilt, dürfte es der Verdächtige recht geschickt gemacht und die Beträge immer wieder von wechselnden Zeichnungsberechtigten gegenzeichnen haben lassen, teils auch Urlaube anderer Mitarbeiter einkalkuliert und ausgenützt haben.
Monatsgehalt verdoppelt
Die Schadenssumme soll im sechsstelligen Eurobereich, weit über 100.000 Euro liegen, rund 200.000 Euro ist aus dem Rathaus zu hören. "Der beschuldigte Mitarbeiter dürfte sich über die Jahre somit sein Monatsgehalt in etwa verdoppelt haben", meinte eine der 1.300 Mitarbeiter/innen des Rathauses am Donnerstag dazu.
Mitarbeiter außer Dienst
Bei Hunderttausenden Buchungen im Jahr entdeckte übrigens nicht das interne EDV-System die Fehlbeträge, sondern erst vor wenigen Tagen ein Magistratsbediensteter aus Fleisch und Blut, der mehrere, verdächtige Buchungen mehrmals beäugt hatte. Die Causa sei dann sofort kommuniziert worden und werde auch im nächsten Personalausschuss behandelt werden.
Verdächtiger bestreitet Vorwürfe
Der Beschuldigte (für ihn gilt die Unschuldsvermutung) soll die Vorwürfe vehement bestreiten. Da jedoch nur zwischen fünf und zehn Mitarbeiter Zugriff auf die Kassa haben, soll die Beweislage recht eindeutig sein. Vom Mitarbeiter hat sich die Stadt St. Pölten mittlerweile getrennt. Alle Versuche, die Causa intern und gütlich zu regeln, seien gescheitert.
Matthias Stadler dazu am Donnerstagmorgen: "Im Zuge interner Überprüfungen der Buchhaltung wurden Unregelmäßigkeiten bei Behebungen der Stadtkasse festgestellt. Dabei sind Fehlbeträge deutlich über der Bagatellgrenze festzustellen, die offensichtlich mehrmals und über einen längeren Zeitraum verschleiert entwendet worden sind. Eine sofort eingeleitete interne Ermittlung führte zu keinem endgültigen Ergebnis, weshalb die Angelegenheit unmittelbar zur Aufklärung an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet wurde. Der Magistrat der Landeshauptstadt sowie der städtische Rechnungshof werden diesbezüglich die Ermittlungen unterstützen."
Kritik kam prompt von der Oppositionspartei, der VP St. Pölten. Es habe im Vorfeld der Aussendung bzw. medialen Veröffentlichung weder Informationen aus dem Stadtrechnungshof noch durch den Bürgermeister an den Kontrollausschuss, den Finanzausschuss oder den Stadtsenat gegeben. Auch die Grünen und FPÖ ortete Kontrollversagen.