Coronavirus
Antikörper-Lüge – nun wird die Wahrheit aufgedeckt
Das Gerücht, die Corona-Impfstoffe würden das körpereigene Immunsystem schwächen und nachhaltig zerstören, hält sich in Impfgegner-Kreisen hartnäckig.
Nein, es gibt keine Hinweise auf langfristige Immunschwäche durch die Impfung. Diese Behauptung kursiert in Impfgegner-Kreisen und dabei stützen sich die Anhängerinnen und Anhänger der Behauptung mal auf die eine, mal auf eine andere Erklärung. Richtig war bislang aber noch keine der gezogenen Schlussfolgerungen.
Auch die seit Herbst 2021 in den sozialen Medien und auf Portalen wie dem rechten Blog "Unser Mitteleuropa" und der impfkritischen Plattform Corona-transition.org kursierende Behauptung, die britische Gesundheitsbehörde UKHSA habe zugegeben, dass gegen Covid-19 Geimpfte dauerhaft weniger Antikörper hätten, hält einer Überprüfung nicht stand. Der Check zeigt vielmehr, dass Teile des UKHSA-Berichts, auf denen das Gerücht basiert, missinterpretiert wurden.
Niedriger Antikörperspiegel wegen mildem Verlauf
Konkret beziehen sich die falschen Meldungen auf eine Passage aus dem Covid-19-Impfstoff-Überwachungsbericht Woche 42 (PDF) der UKHSA vom Oktober 2021. Darin heißt es tatsächlich, dass ein spezieller Antikörperspiegel – der sogenannte N-Antikörperspiegel – bei doppelt Geimpften mit Durchbruchsinfektion niedriger ausfällt als bei Ungeimpften, die an Covid-19 erkranken. Für den Nachweis von Antikörpern betrachten die Briten zwei Arten von Antikörpern: die N-Antikörper und die S-Antikörper. Erstere bildet der Körper nur nach einer Covid-19-Infektion. Letztere entstehen sowohl bei einer Covid-19-Erkrankung als auch nach der Impfung.
Dass der N-Antikörperspiegel bei infizierten Geimpften tiefer ausfällt, ist nicht überraschend, zitiert die Rechercheplattform Correctiv.org eine UKHSA-Sprecherin, die in den Daten keinen Grund zur Besorgnis sieht: Die Ergebnisse zeigten lediglich, dass die Impfung wirke und Corona-Infektionen im Körper klein halte. So steht es auch in später veröffentlichten Wochenberichten der Behörde: "Diese niedrigeren N-Antikörperreaktionen bei Personen mit Durchbruchsinfektionen im Vergleich zur Primärinfektion spiegeln wahrscheinlich die kürzeren und milderen Infektionen bei diesen Patienten wider."
Von wegen "zerstörtes Immunsystem"
Was das bedeutet, erklärte Daniel Sauter, Professor am Institut für Medizinische Virologie und Epidemiologie der Viruskrankheiten des Uniklinikums Tübingen, der Nachrichtenagentur AFP: "Durch die erfolgreiche Eliminierung und kürzere Verweildauer des Virus im Körper wird die Bildung von N-Antikörpern weniger stark angeregt." Der reduzierte N-Antikörperspiegel deute also nicht auf ein zerstörtes Immunsystem hin. "Ganz im Gegenteil, niedrigere N-Antikörperwerte bei geimpften im Vergleich zu ungeimpften infizierten Personen deuten eher darauf hin, dass das Immunsystem funktionsfähig ist und als Antwort auf die Impfung eine erfolgreiche Immunantwort gegen das Spike-Protein aufbauen konnte."
Auch bei der UKHSA sieht man das so. Die Behörde empfiehlt, sich gegen Covid-19 impfen und boostern zu lassen. Dies auch in Anbetracht der deutlichen Erhöhung des S-Antikörperspiegels, der von den Urheberinnen und Urhebern sowie den Verbreiterinnen und Verbreitern der falschen Behauptung bei ihrer Interpretation außer Acht gelassen wird. Denn diese sind laut der UKHSA-Sprecherin "bei Geimpften nach einer Infektion oft extrem hoch, weit über dem Wert derer, die eine Infektion ohne eine Impfung überstehen".