Wirtschaft

AMS-Chef platzt Kragen: "3er-BMW reicht nicht mehr"

AMS-Chef Johannes Kopf kritisiert, dass Unternehmen derzeit nur schwer Mitarbeiter finden: "Als Arbeitgeber müssen Sie heute um Arbeitskräfte tanzen!"

Heute Redaktion
"Früher reichten ein 3er-BMW und ein Laptop. Das zählt heute wenig", erklärt AMS-Chef Kopf.
"Früher reichten ein 3er-BMW und ein Laptop. Das zählt heute wenig", erklärt AMS-Chef Kopf.
HELMUT FOHRINGER / APA / picturedesk.com / BMW

Bei einer Konferenz der Handelskammer Schweiz-Österreich-Liechtenstein diskutierten bei der Top Speakers Lounge in Wien Experten und Expertinnen darüber, wie Unternehmen auf dem Arbeitsmarkt um Mitarbeiter buhlen. Arbeitnehmer fordern aktuell mehr Gehalt, mehr Freizeit und mehr Work-Life-Balance trotz Krisenzeiten.

Jeder Fünfte will Job wechseln

Laut der Studie "Global Workforce Hopes and Fears" von PwC unter 52.000 Arbeitnehmern in 44 Ländern möchte einer von fünf Beschäftigten in den nächsten zwölf Monaten den Arbeitsplatz wechseln. Das bedeutet: Für Unternehmer wird es immer schwieriger, Arbeitskräfte zu finden und zu halten. Steigende Produktionskosten, Lieferkettenproblematiken und Zinswende verschärfen die Situation zusätzlich.

Die Studie zeigt außerdem auf, dass 35 Prozent planen, ihren Arbeitgeber in den nächsten zwölf Monaten um eine Gehaltserhöhung zu bitten. 

"Nach Corona gab es eine Erholung, die niemand erwartet hat. Das Wirtschaftswachstum war über Monate zweistellig. Heute haben wir 37.000 weniger Arbeitslose als vor Corona", erklärte AMS-Vorstand Johannes Kopf zu Beginn seiner Keynote-Speech. Entsprechend hoch sieht er die Auswahlmöglichkeit für qualifizierte Bewerber. "Früher reichten ein 3er-BMW und ein Laptop. Das zählt heute wenig. Als Arbeitgeber müssen Sie heute um Arbeitskräfte tanzen und Ihre Arbeitgeberattraktivität steigern. Das beginnt beim Inserat. Ein 'Wir sind ein gutes Team' reicht nicht. Es gibt Tourismusbetriebe, die bieten Kinderbetreuung für Gäste, aber nicht für die Mitarbeiter an. Oder Schichtbetrieb. Auch das kann man in Teilzeit regeln, wie z.B. die Voestalpine", führt er weiter aus.

Kopf sieht kein Comeback der Kurzarbeit

Dass es aufgrund der aktuellen Krise wieder zu einem Comeback der Kurzarbeit kommen könnte, sieht Kopf nicht. "Hohe Energiepreise sind kein Grund für Kurzarbeit, weil Kurzarbeit für die Überbrückung kurzfristiger Herausforderungen gedacht ist. Die Energie wird aber teuer bleiben, selbst wenn sich die Wirtschaftslage wieder beruhigt, wenn auch auf einem etwas geringeren Niveau."

Bei aller Begeisterung für das Arbeiten von zu Hause oder in Teilzeit wird oft übersehen, dass 60 Prozent der Menschen noch nie in diesen Genuss gekommen sind. "Homeoffice ist gekommen, um zu bleiben. Deswegen finden sich immer weniger für die Wursttheke. Aber auch hier wird es eine Gegenbewegung geben", ist Kopf überzeugt. "Das ist ein Markt, der reguliert sich. Wenn die Wurstverkäuferin lieber ins Büro geht, dann müssen sich auch die Konsumenten umstellen und die Wurst vielleicht per DPD liefern lassen oder die Verkäuferin wird besser bezahlt."

Der Wunsch vieler Beschäftigten nach mehr Flexibilität ist auch für Agatha Kalandra, Partnerin und Markets Leaderin von PwC Österreich, von entscheidender Bedeutung. "Bei PwC haben wir 200 Teilzeitmodelle, um alle Bedürfnisse abdecken zu können. Das Thema Nachhaltigkeit fällt in vielen Bewerbungsgesprächen. Hier geht es nicht nur um Ökologie, sondern auch um mehr Diversität. Wenn wir alle Frauen besser unterstützten und Flexibilität lebten, hätten wir viel weniger Probleme am Arbeitsmarkt. Dieses Mindset am Markt muss gebrochen und vorgelebt werden. Bei mir im Führungsteam sind mittlerweile drei Männer in Teilzeit."

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    ALEX WROBLEWSKI / AFP / picturedesk.com