Politik
"Affinität zu Pferden" – Doskozil teilt gegen Kickl aus
Nur noch wenige Tage trennen uns von der Antwort, wer neuer SPÖ-Parteichef wird. Hans Peter Doskozil weiß, wo er im Falle des Falles ansetzen wird.
Der Bundesparteitag der SPÖ am kommenden Samstag wirft seine Schatten voraus. Am Mittwoch gab SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch bekannt, sich nach dem D-Day aus der Bundesgeschäftsstelle zurückzuziehen. In einem persönlichen Schreiben bedankte sich Deutsch bei seinen Unterstützern und Weggefährten.
Wer ihm nachfolgen wird, hängt unmittelbar mit dem Ausgang der Wahl zum Parteivorsitzenden zusammen. Mit dem Schritt kam Deutsch wohl aber auch seiner unabwendbaren Absetzung zuvor. Sowohl Andreas Babler als auch Hans Peter Doskozil kündigten im Zuge der Mitgliederbefragung eine personelle Änderung in der Bundesgeschäftsstelle an. Der burgenländische Landeshauptmann stellt sich am Mittwoch bei Puls24-Infochefin Corinna Milborn nur wenige Tage vor dem Parteitag den Fragen der Star-Journalistin.
Das Interview in voller Länge: Doskozil bei "Milborn" – Mittwoch, 21:15 Uhr auf PULS 24
Diese wollte zu Beginn des Gesprächs wissen, warum es nicht zu einer Stichwahl unter den Mitgliedern zwischen ihm und Andreas Babler komme. Es gab einen Beschluss des Parteivorstandes, argumentiert Doskozil. Er habe nichts gegen die Mitgliederbefragung, schließlich habe er diese auch initiiert. Auch in Zukunft solle die Basis bei der Frage nach einem neuen Vorsitzenden eingebunden sein. Gleiches gelte auch bei einem etwaigen Regierungsübereinkommen. Zur aktuellen Obmann-Debatte zeigte sich Doskozil als Fan davon, "dass man das einhält, was ausgemacht ist." Ausgemacht sei gewesen, sich an das Ergebnis der Mitgliederbefragung zu halten. Man müsse Mehrheiten akzeptieren, sagte er offenbar in Richtung des Traiskirchner Bürgermeisters.
Kickl "hat nichts anders gemacht"
Als die größte inhaltliche Trennlinie zwischen Babler und Doskozil gilt die Asyl- und Migrationsfrage. Er habe der ÖVP immer vorgeworfen, dass die "geschlossene Balkanroute" ein "Schmäh" sei. Es brauche in dieser Frage eine Verfahrenssystematik auch auf europäischer Ebene. In Richtung FPÖ erklärte er, dass so manche Kritik zwar berechtigt sei, dennoch gebe es eine Diskrepanz zwischen dem, was die Freiheitlichen fordern und dem, was sie in Regierungsverantwortung getan haben. Die FPÖ habe insbesondere in der Person von Herbert Kickl zwei Jahre lang Zeit gehabt, es anders zu machen. "Und er hat es nicht anders gemacht. Auch das muss klar und deutlich gesagt werden."
„"Das einzige woran ich mich erinnere bei Herbert Kickl, ist dass er offenbar eine Affinität zu Pferden hatte." – Hans Peter Doskozil“
Generell schoss sich Doskozil auf Kickl ein. Zig Male sei er in Brüssel gewesen. Er könne sich aber an keine einzige Forderung des österreichischen Innenministers erinnern. Was er noch wisse, sei, dass Kickl eine Affinität zu Pferden gehabt hätte und eine berittene Einheit für die Wiener Polizei plante. Diese Affinität zu Pferden habe sich in seiner politischen Tätigkeit so weit weiterentwickelt, dass ein Entwurmungsmittel für Pferde das beste Mittel gegen Corona war, spottete er über den Freiheitlichen. Zudem sei er als Innenminister im Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung wie ein "Elefant im Porzellanladen" "herumgetrampelt".
Es gehe nicht um eine "Schmied-Schmiedl"-Diskussion. "Wir, und damit meine ich die Sozialdemokratie, wir machen eine bessere Asyl- und Migrationspolitik", zeigte sich der Landeshauptmann überzeugt. Diese sei "effektiver, erfolgreicher und menschenwürdiger". In dieser Frage sei die SPÖ der "Schmied" und nicht der "Schmiedl".
Lösungen in Asyl-Frage "liegen auf dem Tisch"
"Die Lösungen liegen teilweise auf der Hand", so Doskozil. Zwei Aspekte seien dabei wesentlich: Zum einen habe sich die Sichtweise Deutschlands in den vergangenen Jahren geändert. Alt-Bundeskanzlerin Merkel habe in dieser Frage eine "eigenwillige" Meinung vertreten – Verfahrenszentren außerhalb der EU könne man nun diskutieren, das sei zuvor nicht möglich gewesen. Der zweite Aspekt sei die Schengen-Erweiterung. Österreichs Haltung dazu sei aktuell nur von "innenpolitischen Überlegungen" geprägt. Diese Erweiterung sei jahrelang vorbereitet gewesen und nicht von heute auf morgen entschieden worden. Sogar Ungarn würde diese Schengen-Erweiterung begrüßen.
Auf die umstrittenen Aussagen seines Widersachers wollte Doskozil nicht eingehen. Es sei nicht an der Zeit, mit dem Finger zu zeigen. Klar sei aber, und darüber brauche man nicht diskutieren, dass die Europäische Union das wichtigste Friedensprojekt Europas sei. Aber natürlich gebe es auch Defizite. In Zukunft müsse man neben der Ukraine auch versuchen, die Balkanstaaten nicht aus den Augen zu verlieren.
"Berechenbare" Politiker als Vertrauensgrundlage
Warum deklariert sich Doskozil schon im Vorfeld einer Wahl als Fan einer rot-grün-pinken Koalition? Die Bevölkerung erwarte sich von Politikern, dass sie "berechenbar" seien. Das habe sehr viel mit Vertrauen und Glaubwürdigkeit zu tun. Hier ortet der Politiker Gründe für eine Politikverdrossenheit. Milborn zitierte Umfragen, wonach links von einer Doskozil-SPÖ Raum für weitere Parteien wäre. Sie verweist auf Wahlerfolge der KPÖ in Salzburg und aktuelle Umfragen.
"Eine Momentaufnahme", vermutete Doskozil. Finde die SPÖ – wie im Burgenland – Antworten auf die Fragen der Bevölkerung, etwa beim Thema leistbares Wohnen, "dann wird es aus meiner Sicht keine kommunistische Partei geben".
Wie zerstritten ist die SPÖ?
Er verwehre sich gegen Formulierungen, wonach er mehr Feinde innerhalb der SPÖ als in anderen Parlamentsklubs habe. So weit sei man in der SPÖ noch nicht. Man diskutiere, man habe unterschiedliche Meinungen. Auch er habe eine Bringschuld, auf gewisse Personen und Institutionen zuzugehen. "Da weiß ich schon um meine Verantwortung". Die SPÖ hätte auch im Burgenland ohne die Geschlossenheit bis hinein in die Ortsgruppen nicht gewinnen können. "Da reicht ein Spitzenkandidat alleine nicht aus". "Natürlich" gebe es auch zu Andreas Babler eine Gesprächsbasis: "Warum soll es zwischen Sozialdemokraten keine Gesprächsbasis geben?", zeigte sich Doskozil verwundert.
"Ich traue mir zu, die Partei zu organisieren, die Partei so weit als möglich zu einen und so weit als möglich diesen Bogen zu spannen". Und er traue sich zu, die wichtigen und richtigen Themen zu setzen. Wie lange bliebe er im Falle des Sieges Landeshauptmann? Doskozil erklärt, bis zum Beginn des Intensivwahlkampfes vor einer Nationalratswahl Landeshauptmann zu bleiben. Das werde wohl zwei Monate vor der Wahl sein. Von einem "romantischen" Blick auf den Marxismus hält Doskozil übrigens nichts. Es gelte, Antworten auf die Fragen der Zeit zu liefern.