Besitzstörung als Business

Abzock-Fallen – Hier kann Parken in Wien teuer werden

Ob Sophienalpe oder Donaustadt – immer mehr Grundbesitzer entdeckten Besitzstörungsklagen als dreistes Geschäftsmodell – hier kann es teuer werden.

Thomas Peterthalner
Abzock-Fallen – Hier kann Parken in Wien teuer werden
Parkplatz auf der Sophienalpe: Schon Tausende Lenker wurden abgestraft.
Sabine Hertel

Für Autofahrer sind die Parkfallen längst zur Plage geworden. In ganz Wien muss man auf der Hut sein. Denn oft stellt man sich nur kurz in eine Einfahrt, Wochen später liegt die Androhung einer Klage im Postkasten. Abwenden kann man sie nur, wenn man bereit ist, ein paar Hundert Euro zu bezahlen – "Heute" berichtete schon mehrfach. Von 2013 bis 2023 stieg die Zahl der Besitzstörungsklagen an den Wiener Bezirksgerichten um fast 75 Prozent an – von 1.657 auf 2.869 Klagen.

Über Anwaltskanzleien werden "Besitzstörer" in großer Anzahl abgemahnt – viele zahlen bis zu 400 Euro, weil sie es nicht auf einen Prozess ankommen lassen wollen, eine Klage kann bis zu 700 Euro kosten – wir berichteten. Das Problem laut Richter Cornelius Riedl: Grundsätzlich ist für eine Klage eine Kennzeichnung des Privatgrundstücks nötig – allerdings ist nicht geregelt, wie diese genau zu erfolgen hat. Schon fünf Minuten reichen für eine Abmahnung aus.

Sophienalpe

Lenker, die ihr Auto am ehemaligen Parkplatz des geschlossenen Gasthauses in Wien-Penzing abstellen wollen, sollten aufpassen. Es drohen 395 Euro Strafe. 2021 schloss der Einkehrgasthof in der Sofienalpenstraße 113 seine Pforten, seither nutzen viele Spaziergänger und Ausflügler den dortigen, großen Parkplatz, der bis April noch kostenlos war. Mittlerweile gibt es Tausende Klagsdrohungen.

Leopoldstadt

In der Großen Sperlgasse (Leopoldstadt) tappte auch "Heute"-Leserreporter Michael in die Falle. Er stellte seinen Ford Transit vor einer Garage ab und blieb beim Auto. Dennoch forderte eine Firma knapp 500 Euro von ihm. Bezahlt habe er jedenfalls nichts, stattdessen fuhr er ein weiteres Mal hin, um Fotos von der Örtlichkeit anzufertigen. Die Falle schlug ein zweites Mal zu.

"Umdreh-Falle" in der Franz-Eduard-Matras-Gasse
"Umdreh-Falle" in der Franz-Eduard-Matras-Gasse
Denise Auer

Franz-Eduard-Matras-Gasse

"Heute"-Leserreporter Zeljo bekam vor über einem Jahr eine Geldforderung von 795 Euro, weil er den Besitz einer Firma in der Wiener Donaustadt gestört haben soll. In Wahrheit hat der 33-Jährige am Ende der Franz-Eduard-Matras-Gasse nur sein Fahrzeug gewendet. Die angebliche "Störung": Das Auto hat genau 12 Sekunden lang beim Reversieren einige Zentimeter in die Einfahrt geragt. Der entstandene "Schaden" sollte sofort bezahlt werden, ansonsten würde eine Besitzstörungsklage drohen.

Parkplatz-Abzockfallen in und um Wien

1010, Wiesinger Straße/Stubenring
1020, Große Sperrlgasse 17
1040, Schelleingasse 17
1100, Quellenstraße 92
1140, Lützowgasse 14a
1160, Hasnerstraße 128
1210, Prager Straße 94-98
1210, Donaufelder Straße 91
1220, Franz-Eduard-Matras-Gasse 8
1220, Walter-Zeman-Gasse
1220, Breitenleer Straße
Vösendorf, Am Teich

Breitenleer Straße

Bekannt ist auch ein Parkplatz in der Breitenleer Straße 50. Wegen einem langen Stau in der Breitenleer Straße (Wien-Donaustadt) fuhr ein Wiener auf den Parkplatz, um dort umzudrehen und so dem Stau zu entgehen. Schon kurz darauf flatterte einer der berühmt-berüchtigten Briefe ins Postkastl. 390 Euro wären aufgrund der Besitzstörung zu zahlen, verlangte eine Parkplatzfirma.

Besitzstörung! Abzocker stellen Falle mit Kameras im Auto in Floridsdorf.
Besitzstörung! Abzocker stellen Falle mit Kameras im Auto in Floridsdorf.
Leserreporter

Falle mit Dash-Cam in Floridsdorf

In Wien-Floridsdorf entdeckte ein Leser die nächste Kostenfalle! In der Donaufelder Straße 91 im 21. Bezirk befand sich früher eine Tankstelle, nun steht dort ein riesiger Schotterparkplatz. Auf dem Gelände parkt mit Blick auf die Straße ein Auto der Marke Citroën. Ein kleines blaues Hinweisschild weist darauf hin, dass es sich hierbei um einen Privatparkplatz handelt. Der graue Wagen ohne Kennzeichen dürfte eine lukrative Geldquelle sein, denn: Aus dem Innenraum des Autos filmt eine Dashcam den Bereich rund um die Einfahrt. So sollen vermeintliche Störungen des Privatbesitzes festgehalten werden.

Beurteilung im Einzelfall

Ob eine Besitzstörung vorliegt, wird an den Gerichten "immer im Einzelfall beurteilt": "Wenige Sekunden werden wahrscheinlich nicht als besonders störend wahrgenommen werden. Aber wenn ich mich wo hinstelle, vor eine Ausfahrt, und dort nicht im Auto drinnen bleibe, sondern aussteige und nach fünf Minuten wiederkomme, kann ich schon mit einer Besitzstörungsklage konfrontiert werden", so Riedl zum ORF.

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    privat, iStock

    Auf den Punkt gebracht

    • In Wien nutzen immer mehr Grundbesitzer Besitzstörungsklagen als Geschäftsmodell, was für Autofahrer teuer werden kann
    • Die Zahl der Klagen ist in den letzten zehn Jahren um fast 75 Prozent gestiegen, und oft reichen schon wenige Minuten Parken auf Privatgrundstücken, um Abmahnungen und hohe Geldforderungen zu provozieren
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