Politik

70.000 Arbeitsplätze: Regierung kündigt Offensive an

Österreich ist im Halbleiter-Sektor einer der führenden Player in Europa. Damit das so bleibt fand am Donnerstag ein Gipfel im Bundeskanzleramt statt.

Leo Stempfl
Nehammer, Gewessler, Martin Kocher und Infineon-Austria-CEO Sabine Herlitschka informierten im Anschluss über die geplanten Maßnahmen.
Nehammer, Gewessler, Martin Kocher und Infineon-Austria-CEO Sabine Herlitschka informierten im Anschluss über die geplanten Maßnahmen.
BKA/Florian Schrötter

Von Halbleitern haben viele womöglich noch gar nichts gehört, doch ohne sie würde im Alltag so gut wie nichts mehr gehen. Sie ermöglichen erst die heute notwendigen, komplexen elektronischen Schaltungen in allerlei technischen Produkten, von Batterien bis zum Windrad. Auch für die Energiewende sind sie deswegen essenziell.

Österreich nimmt in diesem Sektor glücklicherweise schon jetzt eine Vorreiterrolle ein. Am Gesamtmarkt ist zwar die Abhängigkeit von Asien nach wie vor hoch, doch Österreich ist europaweit bereits eine der Hochburgen. Im internationalen Vergleich liegt Österreich auf Platz 1 beim Anteil der Mikroelektronikproduktion an der Gesamtwertschöpfung, an der Gesamtbeschäftigung, in absoluten Zahlen liegt man bei Wertschöpfung und Beschäftigten trotz des Größenunterschieds in der EU hinter Deutschland, Italien und Frankreich auf Platz 4. 72.000 Arbeitsplätze hängen an der Industrie. 

Um Weichen für die Zukunft zu stellen fand am Donnerstag ein großer "Mikrochip-Gipfel" mit Bundeskanzler Karl Nehammer, Wirtschaftsminister Martin Kocher und Technologieministerin Leonore Gewessler statt. Anlass war der gerade beschlossene European Chip Act, der die Rolle Europas weiter vorantreiben soll. Gemeinsam mit Vertretern der heimischen Branche gab es dahingehend einen Austausch. 

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    Am 13. Juli 2023 lud die Bundesregierung Expertinnen und Experten sowie die zuständigen Ministerinnen und Minister zu einem Mikrochips-Gipfel. Im Bild Bundeskanzler Karl Nehammer (2.v.l.), Bundesministerin Leonore Gewessler (2.v.r.), Bundesminister Martin Kocher (r.) und CEO von Infineon Technologies (Austria), Sabine Herlitschka (l.).
    Am 13. Juli 2023 lud die Bundesregierung Expertinnen und Experten sowie die zuständigen Ministerinnen und Minister zu einem Mikrochips-Gipfel. Im Bild Bundeskanzler Karl Nehammer (2.v.l.), Bundesministerin Leonore Gewessler (2.v.r.), Bundesminister Martin Kocher (r.) und CEO von Infineon Technologies (Austria), Sabine Herlitschka (l.).
    BKA/Florian Schrötter

    Maßnahmen zur Stärkung der Branche

    Konkret gab es eine Einigung auf folgende Maßnahmen zur Stärkung der Mikroelektronikbranche am Standort Österreich:

    Die Halbleiterindustrie geht von einem Potenzial für Investitionen bis 2030 in Höhe von 6,75 Milliarden Euro am Standort Österreich aus (gemäß Industriewissenschaftliches Institut, iwi).

    Um diese Investitionen am Standort Österreich zu forcieren, bedarf es guter Rahmenbedingungen und einer Stärkung der Technologie-, Innovations- und Umsetzungskapazitäten am Standort.

    Deshalb sollen Halbleiter einen Schwerpunkt im nächsten Budget darstellen: Nachdem die Branche Wertschöpfung in Österreich generiert und tausende Arbeitsplätze sichert, wird im nächsten Budget gezielte Forschungs- und Wirtschaftsförderung im Rahmen des European Chips Acts für die Branche vorgesehen. Im Rahmen der Budgetgespräche soll die genaue Summe festgelegt werden. Darüber hinaus sollen auch nicht-monetäre Maßnahmen, die die Rahmenbedingungen verbessern, ein Teil des Halbleiterpakets werden. Dabei ist auch der Ausbau der Resilienz entlang der Liefer- und Wertschöpfungsketten ein Aktionsfeld.

    Daher geht die Bundesregierung rasch in die Umsetzung: Mit Donnerstag startet die nationale Umsetzung des Chips Acts. Das BMAW startet den Förderprozess, der die Investitionen der Branche begleitet, durch die Einleitung einer Interessensbekundung. Dabei sollen Unternehmen online ihr Interesse an einer Förderung ihrer Investition in Österreich bekannt geben.

    Weiters wird eine Expertengruppe eingerichtet: Um die umfassenden Chips Act Aktivitäten gut zu begleiten und Expertise der Branche und Unternehmen strukturell in den Prozess einzubringen, wird eine Expertengruppe aus den zuständigen Ministerien (BMAW + BMK), den Förderagenturen (FFG + aws) und dem Fachverband für Elektro-und Elektronikindustrie (als Vertreter der Branche) als Beratungsgremium eingerichtet

    Lippizaner, Mozartkugeln, Halbleiter

    "Österreich soll nicht nur für Lippizaner, Mozartkugeln und sauberen Strom bekannt sein, sondern auch für Mikrochips 'Made in Austria'", findet Bundeskanzler Karl Nehammer. "Wir wollen Österreichs Rolle als einer der führenden europäischen Player nicht nur erhalten, sondern ausbauen. Das ist eine gewaltige Aufgabe. Die Branche selbst wird fast 7 Mrd. Euro in den nächsten Jahren investieren, die Bundesregierung steht dazu, auch ihren Beitrag bei Rahmenbedingungen und Förderungen dazu zu leisten. Im Rahmen der Budgetverhandlungen werden wir dafür ein Paket schnüren und im Herbst vorstellen. Das bringt den Unternehmen Planungssicherheit und sichert mehr als 70.000 hochqualifizierte Arbeitsplätze.“

    Dass Halbleiter essenziell für viele Klimaschutz-Technologien sind, ist für Klimaschutzministerin Leonore Gewessler der wichtigste Punkt. "Egal ob für Windkraft, Photovoltaik, E-Autos oder Energienetze – überall finden sich Chips. Das Klimaschutzministerium investiert schon lange über Forschungsförderung in diese Zukunftstechnologie. Dass wir heute in Österreich so gut dastehen, hat damit zu tun. Wir wollen das auch weiter tun. Der European Chips Act ist hier der wichtige, nächste Schritt. Denn mit ihm schaffen wir für Europa als Technologie- und Forschungs-Standort Unabhängigkeit.“

    "Durch ihre technologische Expertise und Innovationskraft stärkt die österreichische Halbleiterindustrie unsere Wettbewerbsfähigkeit im globalen Wettbewerb", ist Arbeits- und Wirtschaftsminister Martin Kocher stolz. "Wir wollen daher die Chancen nutzen, die sie für unser Land, unsere Wirtschaft und unsere Bevölkerung bietet. Die Halbleiterbranche will in den kommenden Jahren rund 6,75 Milliarden Euro in den Standort investieren. Dies zeigt, dass Österreich ein attraktiver, starker Standort ist. Es gibt ein klares industriepolitisches Bekenntnis der Bunderegierung zur Unterstützung und Stärkung der Halbleiterindustrie. Dieses wird sich auch im kommenden Budget widerspiegeln."

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