Glattauer gibt Noten

5.000 Schul-Kinder hier geboren, sprechen kein Deutsch

Auch 60 % der Wiener Kindergartenkinder haben eine andere Erstsprache. "Heute"-Kolumnist Niki Glattauer begrüßt daher Sprachtests für Dreijährige.

Niki Glattauer
5.000 Schul-Kinder hier geboren, sprechen kein Deutsch
"Heute"-Kolumnist Niki Glattauer war Lehrer und Schuldirektor in Wien.
Sabine Hertel

Vorbehaltloses "Ja" zum Vorschlag der Wiener FPÖ, Sprach-Screenings für Dreijährige einzuführen ("Heute" berichtete). Konkret: Die Testung soll nach dem Konzept der Schulreifeprüfung erfolgen. Können die Kleinen nicht altersgemäß Deutsch, soll es für sie und (!) ihre Eltern verpflichtende Deutschkurse geben.

Dreijährige zum Deutsch-Test? Jawohl!

Finde ich schwer okay, denn mit Volksschulklassen, in denen die Lehrerin die Einzige ist, die Deutsch kann, muss endlich Schluss sein.

Indes klagt mir ein Kindergärtner per Mail: "Wenn Sie wüssten, was noch alles zu tun ist, außer mit den Kindern Deutsch zu lernen! Es heißt Essen austeilen, Streit schlichten, ihnen Spielen ohne Handy beibringen. Und dann verlangt die Leiterin, dass die Türen offengelassen werden, damit die Kinder von alleine die Gruppe wechseln können. Wie soll da eine Person, die alleine für 25 Kinder zuständig ist, noch den Überblick haben?" Noch einmal: Die neue Regierung MUSS den Kindergarten zur Chefsache machen.

Note: Sehr gut

5.000 Schüler – hier geboren, kein Deutsch!

Zu wenig Beachtung fand die Alarmmeldung, dass die sogenannten "außerordentlichen Schüler" – sprich jene mit zu wenig Deutsch – in Wiener Volksschulen bereits 15 Prozent ausmachen. Was dem Fass den Boden ausschlägt: 5.000 dieser 10.500 a.o.-Kinder, also fast die Hälfte, wurden in Österreich geboren, 17 Prozent sind sogar österreichische Staatsbürger. Trotzdem können sie so wenig Deutsch, dass sich unsere Volksschullehrerinnen außerstande sehen, sie im Unterricht zu beurteilen.

Da geht es also nicht um die 12.000 syrischen oder ukrainischen Kinder, die seit drei Jahren durch Zuzug und Vertreibung zu uns gekommen sind, da geht es um türkische, serbische, bosnische, rumänische Kinder, deren Eltern zu Tausenden – sprechen wir es aus – in ihren Parallelgesellschaften leben. In Wien, St. Pölten, Bregenz, Wels, Linz, Graz. Wie das gehen konnte, weiß ich nicht. Aber, dass das nicht länger so gehen kann, das weiß ich.

Note: Sehr unbefriedigend

Kindergarten: 60 Prozent mit fremder Muttersprache

Nicht zuletzt deswegen fordert Wiens pinker Bildungsstadtrat die Einführung eines österreichweiten "Chancenindex", hieße: Schulen erhalten ihre Ressourcen (Geld, Personal, etc.) künftig nach dem Grad der Herausforderung (mehr von mir dazu auf newsflix.at, dem Analyse-Portal im "Heute"-Verlag). Christoph Wiederkehr: "60 Prozent der Wiener Kindergartenkinder haben nicht Deutsch als Erstsprache. Muss ich mehr sagen?" Nein, muss er nicht.

Die Forderung nach einem "Chancenindex" findet sich auch in einer neuen Petition der roten Pflichtschulgewerkschafter (FSG) an die neue Regierung. Weiters: Kleinere Klassen, null Toleranz bei Gewalt gegen Lehrer mit Verankerung von Maßnahmen im Schulrecht, in der Ausbildung mehr Praxis und Schul-Alltag als Theorie, außerdem eine Aufwertung der Klassenvorstände durch höhere Gehälter.

Note: Gut

Glattauer gibt Noten
Niki Glattauer war 25 Jahre Lehrer und Schuldirektor in Wien. Er hat bisher 13 Bücher veröffentlicht, alle zum Thema Schule wurden Bestseller. Jeden Montag vergibt er in einer Kolumne für "Heute" Schulnoten. Mail bitte an: [email protected]
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    Auf den Punkt gebracht

    • Die Wiener FPÖ fordert verpflichtende Sprachtests für Dreijährige, um sicherzustellen, dass Kinder und ihre Eltern bei Bedarf Deutschkurse besuchen
    • Angesichts der Tatsache, dass 15 Prozent der Schüler in Wiener Volksschulen zu wenig Deutsch sprechen, darunter viele in Österreich geborene Kinder, wird die Einführung eines "Chancenindex" und weiterer Maßnahmen zur Verbesserung der Bildungssituation diskutiert
    NG
    Akt.