Welt

500 Tote bei Flüchtlingsdrama– schwerwiegender Verdacht

Hunderte Menschen starben bei einem Flüchtlingsdrama vor Griechenland. Nun gibt es Hinweise auf eine Beteiligung der griechischen Küstenwache. 

Am 14. Juni sank südwestlich von Griechenland ein hoffnungslos überladener Fischkutter, der möglicherweise über 700 Menschen transportierte. Schätzungsweise 500 Menschen starben bei der Tragödie, darunter auch etwa 100 Kinder.

Gemäß der griechischen Küstenwache waren die Schuldigen schnell klar: Die Behörden verhafteten neun Ägypter, die als Schlepper fungiert haben sollen. Schon damals sahen die Überlebenden des Unglücks einen großen Teil des Verschuldens aber bei der griechischen Küstenwache. "Das Boot wäre ohne sie nicht gesunken", sagte etwa Abu Hussein, der seinen Nachnamen nicht erwähnt haben möchte.

Küstenwache nahm Video auf

Nun berichtet die BBC von Videoaufnahmen und Aussagen weiterer Überlebender, die diese Version stützen. Ein Video zeigt, wie sich der überfüllte Fischkutter bereits gefährlich zur Seite neigt, während er sich vor einem großen Öltanker befindet. Aufgenommen wurde das Video von der griechischen Küstenwache – also ausgerechnet jener Behörde, die zu diesem Zeitpunkt meldete, dass das Schiff auf einem "stetigen Kurs" sei.

"Sie befestigten ein Seil am Boot und begannen, uns zu ziehen – dann kenterte unser Schiff."

In Athen sprach die britische Zeitung zudem mit zwei Überlebenden, Ahmad und Musaab. "Sie haben auf der linken Seite des Bootes ein Seil angebracht – wir sind alle auf die andere Seite gegangen, um das Boot auszugleichen", so Musaab. Daraufhin habe sich das Schiff der griechischen Küstenwache rasch entfernt und dabei das Boot zum Kentern gebracht. "Sie zogen es noch eine ganze Weile hinter sich her." Nach zwei Stunden im Wasser seien sie dann gerettet worden, sagt Musaab.

Überlebende sollten Schuld auf Ägypter schieben

An Land seien die Geretteten dann von der Küstenwache aufgefordert worden, "den Mund zu halten". Als erste Leute sagten, dass die griechische Küstenwache das Unglück verursacht habe, wurden sie aufgefordert, nicht mehr darüber zu reden – lieber sollten sie wertschätzen, dass sie überlebt hätten. Zudem seien sie angewiesen worden zu sagen, dass die neun ägyptischen Männer für ihr Unglück verantwortlich seien.

Schon zuvor gab es Zweifel an den Darstellungen der griechischen Küstenwache: Vor dem Unglück soll diese laut eigenen Angaben mehrmals versucht haben, an Bord des Fischerbootes zu gehen, und soll den Migranten auch angeboten haben, sie ins Schlepptau zu nehmen – dies sei aber abgelehnt worden. Das Boot sei schließlich weitergefahren und dann gekentert. Trackingdaten deuten derweil darauf hin, dass das überladene Boot mindestens sieben Stunden stillstand, bevor es kenterte.

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