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200 €, WhatsApp, 2 Mitarbeiter: So läuft der Impfbetrug
Die Polizei hat erste Verdächtige im Impfkrimi um das Austria Center. Doch wie lief der Schwindel wirklich ab? In "Heute" packt eine Insiderin aus.
Im Krimi um den mutmaßlichen Impf-Betrug im Wiener Austria Center ermittelt – wie von "Heute" berichtet – mittlerweile auch die Polizei. Mitarbeiterin Petra (Name von der Redaktion geändert) hatte am Dienstag über gefakte Zertifikate ausgepackt. Im größten Impf-Zentrum des Landes sollen mehrere Angestellte gegen Geld (die Rede ist von 150 bis 200 Euro) Dutzende Impfpässe fingiert haben. Laut Samariterbund geht es um bis zu 100 Fälle – die ersten datieren vom September.
Insiderin Petra erzählt alles
Mitarbeiterin Petra, die ihren Angaben zufolge im ACV äußerst gut vernetzt sei, habe selbst über Umwege von den genauen Vorgängen der Impfpass-Trickserei erfahren. "Man muss unterscheiden zwischen Ein-Mann-Betrug und einer zusammenarbeitenden Personen-Kette", enthüllt sie. Angeblich seien bei der Geldübergabe die Telefonnummern ausgetauscht worden. "Der Betrug fiel nicht auf, weil viel über WhatsApp kommuniziert wurde."
Fake-Kabinen via WhatsApp
Theoretisch kann im ACV sogar eine einzelne Person dafür sorgen, dass ein Impf-Verweigerer zu einem Immunisierten-Status kommt. Denn für einen Stempel im Impfpass ist jene Person, die das Vakzin verabreicht, verantwortlich – de facto ein Arzt oder ein/e diplomierte Gesundheits- und KrankenpflegerIn (DGKP). Sie sitzen in einer der nummerierten Impfkabinen. Über WhatsApp könne den Impfgegnern zwar die Nummer der Fake-Impf-Kabine übermittelt werden, den Zuweisern in der Impf-Schlange würde das abgekartete Spiel aber über kurz oder lang auffallen.
Daher mussten – im Regelfall und Vollbetrieb – zumindest zwei Eingeweihte im Stationenbetrieb des ACV mitspielen. "Wer sich seinen Impfpass fälschen lassen wollte, der musste genau wissen, mit wem er reden und in welche Kabine er gehen muss", erzählt die Insiderin.
Wenn ein sogenannter Impfmanager, der für den ganzen Ablauf zuständig ist, und eine DGKP zusammenarbeiten, könne nichts schieflaufen. Aber auch "kleinere Zahnräder", wie Bearbeiter bei der Registrierung, könnten involviert gewesen sein, da sie auschlaggebend dafür sind, in welche Impf-Halle man geschickt wird. Die Landespolizeidirektion Wien ermittelt derzeit auf Hochtouren.
Fake-Zertifikate für "Geister-Impfgegner"
Vor den Beamten erleichterte mittlerweile ein Einsatzleiter sein Gewissen. Der 33-Jährige soll einer seit März unvakzinierten Impfmanagerin (33) des Austria Center zum Zertifikat verholfen haben. "Ich habe die ersten Male abgelehnt, mich jedoch beim dritten Mal überreden lassen." Auf die Spur war man seiner Kollegin gekommen, da zwischen der Eintragung der ersten Impfung im PC-System und dem vermeintlichen Impfdatum eine Zeitspanne von einem Monat lag. Der Samariterbund trennte sich im Dezember von den Verdächtigen; darunter auch eine 26-jährige Mitarbeiterin. Sie soll gefälschte Impfeintragungen von Personen im Register vorgenommen haben, die nicht einmal persönlich im ACV anwesend waren. Die Unschuldsvermutung gilt.