UNO-Appell

1,5-Grad-Ziel: Grenzwert wohl bald überschritten

Der UNO-Generalsekretär Guterres fordert drastische Maßnahmen. Unternehmen zur Förderung fossiler Brennstoffe nennt er "Paten des Klimachaos".

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1,5-Grad-Ziel: Grenzwert wohl bald überschritten
UN-Generalsekretär Antonio Guterres hält am Weltumwelttag eine Sonderrede zum Klimaschutz im American Museum of Natural History in New York.
CHARLY TRIBALLEAU / AFP / picturedesk.com

Die weltweite durchschnittliche Jahrestemperatur wird nach Einschätzung der UNO bis 2028 mit 80-prozentiger Wahrscheinlichkeit zeitweise die 1,5-Grad-Marke überschreiten. Der Mai 2024 sei der wärmsten Mai seit Beginn der Wetteraufzeichnungen gewesen, sagte UNO-Generalsekretär António Guterres am Mittwoch. Damit sei den zwölften Monat in Folge ein weltweiter Temperaturrekord verzeichnet worden.

Alarmierende Klimaberichte der jüngsten Zeit zeigen nach Überzeugung von Guterres die Notwendigkeit drastischer Maßnahmen auf. Er rief am Mittwoch zu einem Werbe- und Finanzierungsboykott der Industrie auf, die Profite mit fossilen Brennstoffen wie Gas, Öl und Kohle macht. Regierungen sollten Werbung der Branche verbieten, ähnlich wie Tabakwerbung. PR-Agenturen sollten keine Aufträge solcher Firmen mehr annehmen und bestehende Aufträge auslaufen lassen, sagte Guterres bei einer Rede im American Museum of Natural History in New York, berichtete die APA. Finanzinstitute sollten stattdessen in erneuerbare Energien investieren. Er nannte die Unternehmen der Branche für fossile Brennstoffe "Paten des Klimachaos".

"Paten des Klimachaos"

Unternehmen der Branche für fossile Brennstoffe hätten jahrzehntelang Fortschritte in Richtung klimafreundliche Energie blockiert. "Milliarden von Dollar wurden dafür aufgewendet, die Wahrheit zu verdrehen, die Öffentlichkeit zu täuschen und Zweifel zu säen", sagte Guterres. Gleichzeitig hätten solche Firmen mit Billionen an Subventionen aus Steuergeldern Rekordgewinne gemacht. Es sei höchste Zeit, diese Profite mit einer Sondersteuer zu belegen, um Klimaschutzprojekte zu finanzieren.

Guterres regte auch die Einführung von Abgaben bei Schifffahrt, Luftverkehr und Brennstoffindustrie an, um mehr Geld für die Transformation zu nachhaltiger Energie in ärmeren Ländern zu haben. Die führenden Industrie- und Schwellenländer (G20), die 80 Prozent der weltweiten klimaschädlichen Emissionen erzeugen, müssten am meisten tun und ärmeren Ländern sowohl Technologien als auch Finanzhilfen geben, berichtete die APA.

Allein im vergangenen Jahrzehnt (2014 bis 2023) stieg die Temperatur durch Aktivitäten des Menschen dem IGCC-Report zufolge um rund 0,26 Grad. Das sei ein Rekord bei der Aufzeichnung mit Messgeräten, die bis ins 19. Jahrhundert zurückreiche, berichtet die Gruppe um Piers Forster von der Universität Leeds im Journal "Earth System Science Data". Ein Jahrzehnt zuvor (2004 bis 2013) waren es nach Angaben der Universität rund 0,20 Grad.

Dem Report zufolge darf der Mensch grob noch 200 Milliarden Tonnen CO2 produzieren, um die Erderwärmung auf längere Sicht auf 1,5 Grad zu begrenzen. Das entspreche etwa den aktuellen Emissionen von fünf Jahren. Allerdings ist die Spanne nach Angaben der Universität Leeds hoch und reicht von 100 bis 450 Milliarden Tonnen.

1,5-Grad-Ziel kaum mehr zu halten

Das Ziel, die Erwärmung möglichst auf 1,5 Grad zu begrenzen, stammt aus dem Pariser Klimaabkommen von 2015. Darin geht es allerdings um die Durchschnittstemperatur über längere Zeiträume, nicht einzelne Jahre. Insofern wäre das Ziel mit kurzzeitigen Überschreitungen noch nicht verfehlt.

Eine formell vereinbarte Definition, was eigentlich genau als Überschreiten des 1,5-Grad-Ziels gewertet wird, gibt es allerdings nicht. Viele Klimaexperten gehen davon aus, dass die 1,5-Grad-Schwelle ohnehin längst nicht mehr zu halten ist.

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