Land unter an der Donau
Hochwasser zeigen Notwendigkeit von Renaturierung
Die aktuelle Hochwassersituation zeigt die Bedeutung des EU-Renaturierungsgesetzes. Forscher appellieren, Flüssen mehr Raum zu geben.
Angesichts des Hochwassers in Süddeutschland und dem Starkregen sowie den aktuell hohen Pegelständen in Teilen Österreichs erneuern Mitglieder der "Scientists For Future"-Bewegung ihre Kritik an der weiter unklaren Haltung der Politik zum EU-Renaturierungsgesetz:
"Die derzeitigen Hochwässer zeigen erneut, wie wichtig es wäre, dass die EU-Renaturierungs-Richtlinie rasch umgesetzt wird", so etwa Günter Langergraber von der Universität für Bodenkultur (Boku) Wien gegenüber der APA.
"Durch eine Renaturierung gibt man den Flüssen mehr Platz und schafft damit Retentionsräume, die Hochwasserwellen dämpfen. Es ist nicht nachvollziehbar, dass österreichische Politiker den Beschluss der EU-Renaturierungsrichtlinie blockieren", so der Leiter des Boku-Departments für Wasser-Atmosphäre-Umwelt in einem Statement, das die "Scientists For Future" eingeholt haben.
Ins gleiche Horn stoßen weitere Wissenschafterinnen und Wissenschafter aus verschiedenen Fachrichtungen.
Schweres Hochwasser flutet Passau (4. Juni 2024)
So argumentiert etwa Daniela Ecker vom Institut für Umweltrecht der Uni Linz, dass die Verordnung neben vielen anderen Maßnahmen "auf die Renaturierung hart verbauter Fluss- und Bachläufe (Aufweitung, Restrukturierung) sowie wassernaher Ökosysteme" abzielt. Das schaffe natürliche Abflussmöglichkeiten und Auffangräume für Wasser.
"In Wahrung der klimawandelbedingt erhöhten staatlichen Schutzpflichten ist es Aufgabe des Staats bzw. seiner Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger, in klimawandelbedingten Gefahrenlagen schnellstmöglich die Planung und Finanzierung von naturverträglichen Hochwasserschutzmaßnahmen voranzutreiben", wird die Rechtswissenschafterin von der APA zitiert.
Mehr Raum für Flüsse
Schon im Eigeninteresse müsse man "dringend unsere Überflutungsflächen renaturieren, abgetrennte Nebengewässer wieder anbinden und den Flüssen mehr Raum geben", betonte Michael Tritthart vom Institut für Wasserbau, Hydraulik und Fließgewässerforschung der Boku.
Die auch durch die Blockadehaltung Österreichs aufgrund eines Bundesländerbeschlusses gefährdete Umsetzung des gegenüber der ursprünglichen Version bereits abgeschwächten EU-Renaturierungsgesetzes würde "gleichzeitig zum Hochwasser- und Klimaschutz, Erhaltung der Biodiversität und ökologischer Funktionen sowie von nachhaltigen Erholungsräumen" beitragen, erklärte Margreth Keiler vom Institut für Geographie der Uni Innsbruck.
Es sei daher "unverantwortlich, ein europaweites Gesetz zu blockieren, das unter anderem dazu beiträgt, die Auswirkungen klimawandelbedingter Extremwetterereignisse zu mildern", so Josef Schneider vom Institut für Wasserbau und Wasserwirtschaft der Technischen Universität (TU) Graz.
"Nicht die Unterstützung dieses Gesetzes gefährdet Österreichs Lebensgrundlagen, sondern ein Weiter-wie-bisher mit grauem Risikomanagement (z.B. Deiche und Dämme aus Stahlbeton) und fortschreitender Bodenversiegelung", so Thomas Schinko vom Internationalen Institut für angewandte Systemanalyse (IIASA) in Laxenburg bei Wien.
Bundesländer-Blockade auflösen
Auch der Umweltdachverband forderte am Dienstag vehement ein Umdenken der heimischen Politik in Bezug auf die Abstimmung im Rahmen des EU-Umweltrates am 17. Juni in Luxemburg. Das "weiter andauernde politische Gezerre" sei auch angesichts der schwindenden Zeit bis zum möglichen Beschluss "unerträglich" und füge dem "Gemeinwesen massiven Schaden zu".
„Wenn bei Bundesregierung und Landesregierungen noch ein Funke Verantwortung für das große gemeinsame Ganze vorhanden ist, muss dies jetzt bewiesen werden.“
"Ich appelliere an Bundeskanzler Karl Nehammer, Vizekanzler Werner Kogler sowie die Vorsitzende der Landeshauptleutekonferenz Johanna Mikl-Leitner, das unrühmliche Hick-Hack zum Renaturierungsgesetz zu beenden und einen runden Tisch mit dem Ziel einer Einigung rechtzeitig vor der Sitzung des EU-Rats am 17. Juni einzuberufen", so Umweltdachverband-Präsident Franz Maier.