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Anderl: "Nein, ich habe kein schlechtes Gewissen"

Heute Redaktion
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Renate Anderl (56) ist seit April 2018 Präsidentin von AK Wien und Bundes-AK. Sie ist verheiratet, hat einen Sohn und einen Enkel. (Foto: Sebastian Philipp)
Renate Anderl (56) ist seit April 2018 Präsidentin von AK Wien und Bundes-AK. Sie ist verheiratet, hat einen Sohn und einen Enkel. (Foto: Sebastian Philipp)
Bild: zVg

Ab 20. März muss sie bei der Wahl in Wien 56 Prozent verteidigen: Die neue AK-Präsidentin Renate Anderl (SPÖ) im Interview über Wahlziele, Bundesregierung und ihr Gehalt.

"Heute": Frau Präsidentin, warum sollte ich Sie wählen?

Anderl: Die AK ist jene Interessensvertretung, die in Fragen zu Arbeitsrecht, Miete, Konsumentenschutz, Pflege oder Bildung, Rat und Hilfe bietet.

"Heute": Okay, aber diese Hilfe bekomme ich ja, egal ob hier ein Roter, Blauer, Schwarzer, Grüner oder Gelber sitzt?

Anderl: Wichtig ist, dass wir eine Wahlbeteiligung bekommen, die ein Signal an die Regierung ist: Die Leute stehen zur ihrer Arbeiterkammer. Wir brauchen die Stärke der Mitglieder.

"Heute": Wie stark muss dieses Signal ausfallen, 2014 lag die Wahlbeteiligung bei etwa 38 %?

Anderl: Es ist schwer, das in Prozenten auszudrücken, denn wir leben in einer wachsenden Stadt. Wir haben 50.000 Menschen mehr auf der Wählerliste. Wir müssen zumindest die Hälfte davon überzeugen, wählen zu gehen, damit die Wahlbeteiligung nicht sinkt. Also etwa so viele, wie ins Rapid-Stadion gehen.

"Heute": Der FSG schaffte in Wien 2014 rund 56 %. Wo liegt jetzt die Messlatte?

Anderl: Die Absolute zu halten.

"Heute": Aber müssten der roten FSG nicht Menschen in Scharen zulaufen, angesichts der von Ihrer Partei so gescholtenen türkis-blauen Bundesregierung?

Anderl: Die Maßnahmen, die diese Bundesregierung gesetzt hat, wie etwa den Karfreitag als Feiertag zu streichen, sind noch nicht so spürbar. Auch der Zwölf-Stunden-Tag und die 60-Stunden-Woche sickern nur langsam. Das werden die Beschäftigten erst merken, wenn der Chef eine neue Gleitzeitvereinbarung machen will.

"Heute": Haben Sie ein schlechtes Gewissen, dass Sie die Karfreitagsregelung eingeklagt haben?

Anderl: Nein, absolut nicht.

"Heute": Warum nicht?

Anderl: Wenn ein Mitglied zur Arbeiterkammer kommt und sagt, ich sehe da eine Diskriminierung am Arbeitsplatz, dann ist es unsere gesetzliche Verpflichtung, damit vor Gericht zu gehen.

"Heute": Geben Sie am Karfreitag frei?

Anderl: Nein, wenn unsere Mitglieder nicht freihaben, müssen wir auch am Karfreitag für sie da sein.

"Heute": Welche Lösung wollten Sie?

Anderl: Einen zusätzlichen Wahl-Feiertag.

"Heute": Und die sechste Urlaubswoche für alle?

Anderl: Ja, seit Jahrzehnten, denn immer weniger Beschäftigte erreichen sie.

"Heute": Wie ist die Gesprächsbasis zur Regierung?

Anderl: Die könnte besser sein. In Nacht-und-Nebel-Aktionen werden Gesetze ins Parlament gebracht und an der Begutachtung vorbeigeschummelt.

"Heute": Mit welchen Forderungen gehen Sie in die Wahl?

Anderl: Mietobergrenzen! Es darf nicht sein, dass die Hälfte des Einkommens für die kalte Miete draufgeht. Dann müssen wir über eine Arbeitszeitverkürzung reden. Und in den Bereichen Gesundheit und Pflege brauchen wir mehr Personal und höhere Löhne .

"Heute": Die AK weist auf ihrer Webseite die Gehälter der Spitzenfunktionäre aus. Sie verdienen 12.503,23 Euro brutto im Monat. Haben Sie Angst, dass dies Wahlkampfthema wird?

Anderl: Ist es schon. Mein Gehalt hängt an den Nationalratsgehältern – die bestimmen nicht wir, sondern die Politik.

"Heute": Sie sind grundsätzlich für Lohntransparenz für alle?

Anderl: Ja, bin ich. Betriebsintern sollten alle Gehälter offengelegt werden.