Österreich

"Heute" beim ersten Dialekt-Kurs für Migranten

Heute Redaktion
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An drei Abenden lernen Migranten in Vöcklabrucker den oberösterreichischen Dialekt. "Heute" war beim ersten Termin dabei und stellte fest: "Goa ned amoi so afoch!"

"Hüfe! A Bävoge sitzt auf meim Baatzbungge!" Na, alles verstanden? Gratulation! Dann brauchen Sie nämlich keine Nachhilfe mehr in Sachen Dialekt. Oder vielleicht doch?

Können Sie auf Anhieb den Unterschied zwischen "de Gfriesa", de "Gfrasta" und "de Gschrabbm" erklären?

Genau um das zu Lernen gibt es ihn: den ersten oberösterreichischen Dialekt-Kurs der Volkshilfe Vöcklabruck.

An drei Abenden von (20.9-4.10) findet dieser statt und "Heute" war am ersten Abend dabei, um die Fähigkeiten in Sachen Dialekt zu testen. Fazit: "Goa ned amoi so afoch!" Auch für gebürtige Oberösterreicher gibt es hier noch was zu lernen.

Die Gruppe

Wir sitzen zu acht im Kreis. Darunter der Ire Gerry, Wali aus Afghanistan sowie Fuad und Abeer aus Syrien. Überraschend: Auch Deutschland war vertreten, durch Angelika aus Würzburg.

Alle sind aus unterschiedlichen Gründen da. Abeer (45) und ihr Mann Fuad (42) arbeiten und leben in Enns. Das Paar hat manchmal Probleme ihre beiden Kinder zu verstehen. Die lernen, wie viele andere Oberösterreicher, den Dialekt automatisch in der Schule. "Über Dialektgrammatik zerbricht sich deswegen keiner den Kopf", so Lehrerin Birgit Primig.

Wali (35), der seit 2016 in Oberösterreich ist, hat mit seiner Familie schon gut Fuß gefasst und viele Freunde in Schalchham – wo er wohnt. Auch wenn man versteht, was sie untereinander sagen, tut er sich schwer mitzureden. Das war auch der Grund für Birgit Primig den Kurs ins Leben zu rufen, es soll nicht daran scheitern, dass sich Migranten selbst von den einfachsten sozialen Aktivitäten ausschließen und so etwa mit Freunden nicht auf ein Bier gehen können, weil sie das Gefühl haben sich nicht unterhalten zu können.

Und Angelika? Warum ist sie hier? Die Würzburgerin lebt seit 10 Jahren in Österreich. Kam der Liebe wegen nach Enns. Aber in Gesprächen merken alle schnell, dass sie keine Einheimische ist. "Das nervt oft ganz schön!", erzählt sie mir

Wie der Kurs beginnt

"Griaß di", "Servas" und "Baba". Nach der Vorstellungsrunde, werden gemeineinsam Begrüßungsfloskeln gesammelt. Im Schnellverfahren wird anhand von Übungssätzen die größte Schwierigkeit für Migranten geklärt: die Lautveränderung. Das "ei" von Stein wird zu oa (=Stoa), das "il" von Milch zu einem "ü" (=Müch). Und aus "ü" wird außerdem ein "ia". So wie eben in der Aussage:"Fia di miadn kia".

Und das sollen wir alles an drei Abenden lernen?, fragt Shakiba unsicher in die Runde. "Na, kloa, ihr werdets danach sowas von Dialekt redn können", antwortet Lehrerin Birgit Primig. Oder besser gesagt, die Primig Birgit.

"Selbst für Oberösterreicher ist Dialekt schwierig, denn in unterschiedlichen Regionen spricht man unterschiedliche Dialekte. "Bist gschmoh" auf ebenseerisch versteht im nur 40 km entfernten Vöcklabruck keiner mehr", erklärt Primig.

Es folgt eine Hörprobe. Die Aufgabenstellung dazu: nicht ohne für Menschen, die Deutsch überwiegend auf Niveau A2 sprechen. Spricht der Mann am Band den Satz genauso aus?

"I hob a kuah gseng." – "I hob oa kuah gseng". Ratlosigkeit macht sich in der Gruppe breit, aber Birgit Primig versucht durch viel Selbstironie alles aufzulösen. Wie, sehen Sie im Video oben.

An diesem Beispielssatz zeigt sich das wohl größte Problem für Migranten: Man versteht grundsätzlich schon, wenn nicht alle so furchtbar schnell reden würden. Denn so wäre der Unterschied zwischen "a" für irgendeine und "oa" für eine einzige Kuah klarer auszumachen. Aber die Zahlen! Die sorgen für jede Menge Schwierigkeiten. So zum Beispiel bei Zahlen im Gschäft, wenn die Kassierin dann "neinazwanzg Oiro" von einem haben möchte.

Zeit also mit einem Spiel die Zahlen zu lernen. Am besten mit dem 7-er Bumsn (Es wird reihum gezählt, anstatt jeder Zahl in der 7 vorkommt oder die durch 7 teilbar ist wird "bum" gesagt)."Sollen wir die Zahlen nicht vorher laut lesen?", fragt Angelika verlegen. "Du willst sie lesen? Das ist doch banal!", antwortet Primig und lacht. Alle stimmen ein.

Die Zeit vergeht wahnsinnig schnell. Es ist bereits kurz nach 20 Uhr und ich bin beeindruckt, mit wie viel Elan und welcher Konzentration alle noch bei der Sache sind. Obwohl man jedem einzelnen die Anstrengung bereits ansieht.

Bevor es zur Abschluss-Übung kommt, deshalb ein kleiner Motivationsschub: "Steht alle auf und beglückwünscht euch gegenseitig! Gut gemacht!", sagt Primig.

Zum Abschluss folgt eine Art Memory-Spiel. Jeder bekommt auf Karten gedruckte Begriffe, die er dem dazugehörigen Bild zuordnen muss. Also "Bavöge" für Bienen, "Fobba" einem Schnuller und das "Feidl" einem Messer. Auch für mich noch eine kleine Denkaufgabe zu später Stunde. Insbesondere was die Zuordnung der "Gfriesa","Gfrasta" und "Gschrabbm" betrifft.

"Und schwirrt das Hirn?",fragt Birgit Primig vor der Verabschiedung. "Ja, wie wenn man eine neue Sprache lernt", sind sich alle einig. Ich stimme zu.



(cru)