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Teuerungen – Ehepaar muss im Sozialmarkt einkaufen

Die Preise für das tägliche Leben steigen weiter an. Ein Lokalaugenschein in einem Sozialmarkt zeigt die angespannte Lage. 

Tobias Kurakin
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Der Vinzimarkt in Graz bekommt immer mehr Kundschaft.
Der Vinzimarkt in Graz bekommt immer mehr Kundschaft.
Heute.at

Die Teuerungen machen den Bürgerinnen und Bürgern schwer zu schaffen. Die hohe Inflationsrate treibt die Preise in die Höhe. Neben Strom, Gas und Mieten sind auch Lebensmittel und Produkte des täglichen Bedarfs empfindlich teurer geworden. Ein Lokalaugenschein von "Heute" beim Grazer Sozialmarkt "Vinzi" verdeutlicht, dass mittlerweile immer mehr Menschen auf Hilfe angewiesen sind. 

Angst vor dem ersten Einkauf 

So recht überwinden kann sich das Ehepaar (das anonym bleiben will) nicht, das vor dem Sozialmarkt im Grazer Stadtbezirk Eggenberg steht. Immer wieder geht das Pensionistenpaar am Markt vorbei, schaut kurz hinein und huscht dann wieder heraus. Das Spiel betreiben die beiden so lange, bis es der Leiterin des Marktes, Sigrid Wimmer, zu bunt wird. 

Sie geht aktiv auf die zwei Kunden zu und fragt, ob sie Hilfe bräuchten. Diese versuchen, auszuweichen und erklären, dass sie ohnehin nicht berechtigt wären, hier einzukaufen, aber sie wollten "nur mal schauen". Wimmer lässt das Nein aber nicht gelten und bietet dem Paar an, sie auf einen Einkauf einzuladen. 

Für gewöhnlich dürfen im Vinzimarkt nur Personen einkaufen, die eine Vinzikarte besitzen. Diese erhalten Paare, die zu zweit weniger als 1.550 Euro im Monat verdienen und Einzelpersonen, die mit weniger als 1.050 Euro auskommen müssen. Das Ehepaar zeigt sich dankbar und freut sich ehrlich über eine volle Schachtel mit Bolognese-Sugo, Nudeln, Reis, Obst, Gemüse, Zucker, Mehl und einem Laib Brot. Durch ein Gespräch mit der Marktleiterin, die dem Paar den Korb zusammenstellt, wird klar: Das Ehepaar ist ohnehin einkaufsberechtigt. 

Sie hätten sich geschämt, direkt im Sozialmarkt einkaufen zu gehen und eine eigene Marktkarte zu beantragen. Doch Wimmer nimmt mit ihrem Einsatz den beiden die Scheu. Sie erzählen, dass das Leben mittlerweile für sie unleistbar wurde. "Die steigenden Preise für Strom, Gas und Wohnen haben es uns einfach nicht mehr möglich gemacht, in normalen Supermärkten unsere Einkäufe zu erledigen – das Geld reicht hinten und vorne nicht mehr", sagt der Ehemann. Im Vinzimarkt sind die Produkte für die Kundinnen und Kunden um 70 Prozent billiger als in gewöhnlichen Supermärkten. 

Der Einkauf für einen zwei-Personen-Haushalt zusammengestellt von den Vinzi-Mitarbeiterinnen.
Der Einkauf für einen zwei-Personen-Haushalt zusammengestellt von den Vinzi-Mitarbeiterinnen.
Heute

Das Ehepaar ist nur ein Beispiel von vielen, das mittlerweile hier einkauft. "Wir haben durch den Ausbruch des Krieges in der Ukraine und die Teuerungen schon gemerkt, dass mittlerweile viel mehr Leute auf Hilfe angewiesen sind", meint Wimmer im Gespräch mit "Heute". Auch Mütter mit ihren kleinen Kindern würden nun vermehrt vor dem Markt Schlange stehen, während im Geschäft immer mehr der Stress regiert.

Das Ehepaar ist jedenfalls dankbar für den Einkauf, den es beim ersten Mal im Vinzimarkt für jeden Kunden und jede Kundin kostenlos gibt. Sie verlassen das Geschäft mit der vollgefüllten Schachtel und bedanken sich zum Abschied mehrmals lautstark. Die Scham, auf Hilfe angewiesen zu sein, ist verflogen. Während sich das Paar verabschiedet, steckt der Mann sich eine Vinzikarte in die Geldbörse, um wiederzukommen. 

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