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Felber: "90 % der Bewerber wollen gar nicht arbeiten"

Die nächste Bäckerei klagt über Personalmangel: Doris Felber sucht dringend Mitarbeiter. Im Interview erklärt sie: "Ich musste Filialen schließen."

Amra Duric
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Doris und Franz Felber suchen dringend Personal.
Doris und Franz Felber suchen dringend Personal.
Helmut Graf

Die Debatte um den Fachkräftemangel in heimischen Branchen wird immer lauter. Nachdem die Bäckerei Szihn klagte, dass sie seit vier Monaten kein Personal findet ("Heute" berichtete), legt nun Doris Felber, Chefin der Traditionsbäckerei Felber, nach. "Ich würde sofort fünf, sechs Leute anstellen. Wir bieten auch Teilzeit-Posten an. Doch 90 Prozent der Bewerber wollen gar nicht arbeiten, sondern nehmen lieber das Arbeitslosengeld."

Felber musste mittlerweile fünf Filialen schließen. "Durch die Pandemie ist es noch schwieriger geworden, Personal zu finden. Mich haben Mitarbeiter sogar gebeten, sie zu kündigen, damit sie sich den Pandemie-Tausender holen können." Wie Szihn, zahlt auch Felber nach dem Bäcker-Kollektivvertrag. In den sozialen Medien wurde Szihn dafür als "Ausbeuterin" bezeichnet. Felber, die selbst für eine Vollzeitstelle im Verkauf 1.500 Euro brutto  zahlt, versteht die Kritik nicht. "Wenn es eine tüchtige Arbeitskraft ist, dann gibt es beim Gehalt viel Spielraum nach oben. Das muss man sich aber erst erarbeiten."

"Es wäre schön, wenn Gewerkschaft und Politik unsere Probleme anhören würden und man nicht gleich als Ausbeuter bezeichnet wird." - Doris Felber

Mehr Gehalt wäre zwar durch eine Erhöhung der Brotpreise möglich, ob die Kunden dies aber mittragen würden, weiß Felber nicht. "Ich verstehe nicht, dass man im Lokal gerne 12 Euro für ein Frühstück bezahlt, in der Qualitäts-Bäckerei soll es aber billig sein." Durch die fehlenden Fachkräfte sieht Felber die Klein- und Mittelbetriebe gefährdet. "Mehr Geld und Freizeit für Mitarbeiter muss man sich erst einmal leisten können. Es wäre schön, wenn Gewerkschaft und Politik unsere Probleme anhören würden und man nicht gleich als Ausbeuter bezeichnet wird."

Arbeiterkammer-Präsidentin Renate Anderl
Arbeiterkammer-Präsidentin Renate Anderl
GEORG HOCHMUTH / APA / picturedesk.com

AK-Präsidentin fordert "faire Arbeitsbedingungen"

In der hitzigen Debatte meldete sich nun auch die Arbeiterkammer Wien zu Wort und erklärte gegenüber "Heute", dass "seit dem Vorjahr 134 MitarbeiterInnen von Bäckereien wegen ausstehenden Löhnen, nicht ausbezahlten Überstunden und fehlende Nachtarbeitszuschlägen arbeitsrechtliche Unterstützung bei der AK Wien in Anspruch nehmen mussten."

Präsidentin Renate Anderl mahnt: "Wer sich über Personalmangel beklagt, muss zuerst für faire Arbeitsbedingungen sorgen, dann wird es auch keine Probleme geben, geeignetes Personal zu finden. Es kann nicht sein, dass man arbeitsuchende Menschen für Versäumnisse der Betriebe schuldig werden lässt."

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