Politik

Erste Gräben trotz "neuer Stil"-Versprechen

Heute Redaktion
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In der konstituierenden Sitzung des neuen Nationalrats beschwörten viele Parlamentarier einen "neuen Stil". Viel war davon bisweilen nicht zu merken.

Zur konstituierenden Nationalratssitzung kamen die Parteien mit deutlich sichtbaren "Markenzeichen". Die SPÖ trug die rote Nelke im Knopfloch, die ÖVP Buttons in der neuen Parteifarbe Türkis und die Neos kamen mit Katus.

Die FPÖ verzichtete auf die umstrittene blaue Kornblume – in der Zeit vor 1938 Erkennungszeichen der Nazis – und kamen stattdessen mit Edelweiß im Knopfloch.

Demo vor dem Parlament

Am heutigen 9. November wurde von verschiedenen Rednern wiederholt an die antisemitischen Novemberpogrome von 1938 gedacht – auch als Mahnung für die Demokratie. Vor dem Parlament zog am Vormittag eine Demo mit rund 200 Teilnehmern vorbei. Sie demonstrierten mit Slogans wie "Nazis raus aus dem Parlament" gegen die deutschnationalen Burschenschafter, die in so hoher Zahl wie nie zuvor für die FPÖ im Nationalrat sitzen.

Salbungsvolle Reden

In ihren Reden beschwörten viele Parlamentarier – vor allem von der ÖVP – den im Wahlkampf vielfach gewünschten neuen Stil. Die Abgeordneten anderer Parteien hofften auf produktive und lösungsorientierte Zusammenarbeit.

Den Live-Ticker zum Nachlesen finden Sie hier.

Tatsächlich zeigten sich in der Sitzung bereits deutliche Bruchstellen zwischen den Parteien. Vor allem Elisabeth Köstinger, die von der ÖVP für das Amt der 1. Nationalratspräsidentin nominiert wurde, musste deutlichen Gegenwind hinnehmen.

Köstinger NR-mit geringster Zustimmung aller Zeiten

Die Neos kündigten an, kollektiv den bisherigen 2. Nationalratspräsidenten Karlheinz Kopf (ÖVP) zu wählen, obwohl dieser nicht zur Wahl stand. Köstinger, die nie im Parlament saß und derzeit an Regierungsverhandlungen beteiligt ist, für die überparteiliche Funktion kandidieren zu lassen, sei ein "unwürdiges Schauspiel", kritisierte Neos-Mandatar Nikolaus Scherak.

Mit nur 117 von 182 abgegebenen Stimmen ist Köstinger nicht nur die jüngste Nationalratspräsidentin aller Zeiten sondern auch die mit der geringsten Zustimmung. Wohl ein erster Vorgeschmack auf die künftige Stimmung im Nationalrat.

Liste Pilz keilt Verschwörungstheorien

Mit wenig Ruhm befleckte sich auch der Klubchef der Liste Pilz, Peter Kolba. "Eine beispiellose Medienjustiz hat dazu geführt, dass Sie heute mich hier stehen sehen", sagte er in Bezug auf den Rücktritt von Pilz nach Vorwürfen der sexuellen Belästigung. Die Pilzianer klatschen, aus den anderen Fraktionen gab es erste Buh-Rufe.

Strache versöhnlich, Kickl angriffig

FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache stimmte einen relativ versöhnlichen Tonfall an. Sein Generalsekretär Herbert Kickl überzog dafür ncith nur die Redezeit deutlich, sondern ätzte auch in alle Richtungen: "Es gibt nur eine Partei, die geglaubt hat, nicht von uns abschreiben zu müssen. Und diese vermissen wir heute im Plenum." (red)