Politik

"Bei Beamten nur jeden 3. Posten nachbesetzen"

Heute Redaktion
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Sebastian Kurz und Heinz-Christian Strache werden am Montag als Kanzler und Vize angelobt. Im "Heute"-Talk sagen sie, wie das Programm zustande kam.

++ Das will Türkis-Blau durchsetzen ++

"Heute": Wie haben Sie die Einigung gefeiert? Mit Sushi? Kräutertee? Oder Champagner?

Kurz: Weder noch, um ehrlich zu sein. Wir haben sehr intensive Verhandlungen hinter uns, und in der Sekunde des Abschlusses war uns bewusst, dass viel harte Arbeit auf uns zukommt. Daher war eher wenig Zeit, den Abschluss zu feiern.

Strache: Uns ist allen bewusst, dass wir eine sehr schwierige Aufgabe vor uns haben, die wir beide mit großer Verantwortung und Demut leben. Wir haben der österreichischen Bevölkerung zu dienen, da gibt es keine Zeit, überschwänglich zu feiern. Wir haben nach dem Abschluss mit einem Bier angestoßen, aber das war nicht überschwänglich.

Im Regierungsübereinkommen gibt es 2.104 Vorhaben. Pro Tag müssten Sie eines abhaken. Ist das nicht zu viel?

Kurz: Wir haben ein ambitioniertes Programm vorgelegt und sehr viele Experten in die Regierung geholt, die Erfahrung in der Wissenschaft und Privatwirtschaft gesammelt haben. Wir wollen in Österreich etwas verändern, unser Programm ist die Basis dafür.

Es gibt morgen neun Demos. Beeindruckt?

Strache: Das ist eine Normalität der Demokratie. Es ist gut, dass es die Demonstrationsfreiheit gibt. Und dass jene Menschen, die diesen Prozess kritisch sehen, das im Rahmen des Demonstrationsrechtes friedlich zum Ausdruck bringen können. Aber man soll der neuen Konstellation auch eine Chance geben und nicht im vorhinein alles falsch oder schlecht darstellen.

Bei welchem Ergebnis bewerten Sie die Koalition im Jahr 2022 als erfolgreich?

Kurz: Wir haben drei ganz wesentliche Ziele: Erstens die Sicherheit verbessern und vor allem die illegale Migration bekämpfen. Zweitens den Wirtschaftsstandort stärken, Steuern und Abgaben senken. Drittens geht es uns um eine neue Gerechtigkeit: das Sozialsystem wieder treffsicherer zu gestalten, etwa durch eine Reduktion der Mindestsicherung für Asylberechtigte. Menschen, die arbeiten gehen, dürfen nicht die Dummen sein in unserem Land.

Kurz und Strache richten Weihnachtsgrüße an die "Heute"-Leser.

Strache: Uns ist bewusst, dass wir viele kleine Schritte gehen müssen, um am Gipfel anzukommen. Das ist der Anspruch an unsere Zusammenarbeit. Wir wollen möglichst viel von dem umsetzen, was im Programm steht. Dann muss die Bevölkerung bewerten, ob das passiert ist. Ich bin überzeugt, dass wir das schaffen.

Kern sagte, statt Leuchttürmen bleibe nur ein Berg von Zigarettenschachteln…

Strache: Das sehen wir anders. Kern denkt ja, seit er als Bundeskanzler eingestiegen ist, viel in Marketingüberschriften. Das waren oft Luftblasen, jetzt versucht er, das in der Opposition fortzusetzen.

Ab 900.000 Stimmen muss ein Volksbegehren künftig zur Volksabstimmung führen - ist diese Hürde nicht sehr hoch?



Kurz: Das ist genau das, was wir angekündigt haben, das sind 10 Prozent der Bevölkerung. Herr Strache ist uns entgegen gekommen. Wir sind beide für direkte Demokratie, aber es gilt behutsam vorzugehen. Daher gibt es keine Abstimmung über unsere EU-Mitgliedschaft, Grundrechte und Verfassung.

Beim Rauchverbot hat die ÖVP nachgegeben. Die Petition gegen Ihre Pläne haben schon 400.000 Menschen unterschrieben. Haben Sie damit gerechnet?

Kurz: Ja, ich bin ja überzeugter Nichtraucher. Aber wenn man sich in einer Koalition finden will, ist es da und dort notwendig, die rote Linie des Partners zu akzeptieren. Für Herrn Strache war dieses Thema Bedingung. Ich hätte nur die Möglichkeit gehabt, gar keine Koalition mit der FPÖ zu bilden. Das wäre aus staatspolitischer Sicht unverantwortlich gewesen. Wir mussten beide Abstriche machen.

Strache: Für uns waren CETA und eine Volksbefragung dazu wichtig, aber das war die rote Linie der ÖVP. So gesehen ist die direkte Demokratie genau der Kompromiss. Es ging um die Entscheidungsfreiheit, es ist ja niemand gezwungen, in ein Lokal zu gehen, wo geraucht wird. Uns ist aber auch der Nichtraucherschutz sehr wichtig.

Die Hürde ist mit 900.000 sehr hoch, wenn man sich die Beteiligungen bei Volksbegehren ansieht, die ja nur selten über einer Million liegt.

Kurz: Ja, aber damals gab es die Möglichkeit noch nicht. Ich würde ja wenige Volksbegehren unterschreiben, wenn ich weiß, dass sie schubladisiert werden. Aber wenn ich weiß, dass ein Volksbegehren mit vielen Unterschriften zu einer Abstimmung führt, ist es viel attraktiver.

Strache: Keiner von uns hat die absolute Mehrheit. Also muss man sich irgendwo finden. Natürlich hätten wir uns 4 Prozent gewünscht. Volksbegehren mit mehr als 100.000 Unterschriften führen künftig aber zwingend zu einem Antrag und einer Behandlung im Parlament.

Beide Sicherheitsministerien sind bei der FPÖ. Wie will die ÖVP sicherstellen, dass sie weiter Zugang zu den Nachrichtendiensten hat?

Kurz: Ich wollte für die Volkspartei das Finanzministerium, Strache wollte das Innenministerium mit einem FPÖ-Mann besetzen, dem Bundespräsidenten war es ein Anliegen, Inneres und Justiz zwischen den beiden Parteien zu trennen. Das haben wir gewährleistet. Wir haben noch dazu eine starke Frau und ehemalige Staatsanwältin als Staatssekretärin im Innenministerium, sind also gut vertreten.

Muss sich künftig fürchten, wer politisch anders denkt?



Strache: Nein.

Das Regierungsprogramm bleibt bei Einsparungen sehr vage. Könnten Sie uns Beispiele nennen, wo gespart wird?



Kurz: Wir werden bei Förderungen und im öffentlichen Dienst sparen, um einen schlankeren Staat zu schaffen und um Steuersenkungen zu ermöglichen.

Wo wollen Sie im öffentlichen Dienst einsparen?



Strache: Die Menschen erwarten, dass wir nicht mehr ausgeben, als wir einnehmen. Im Bereich Sicherheit und Bildung sind keine Einsparungen möglich. Aber dort, wo es möglich ist, wollen wir ansetzen. Sehr behutsam, bei den natürlichen Abgängen etwa, wenn man nur jede zweite oder dritte Planstelle nachbesetzt.

Kurz: Wenn Sie nur jede dritte Planstelle nachbesetzen, dann verschlankt das den Verwaltungsapparat in wenigen Jahren.

Strache: Ein Beispiel: Viele Polizisten leisten tolle Arbeit im Außendienst, und sind dann mit 60 Jahren nicht mehr außendienstfähig. Sie würden gerne in den Verwaltungsbereich gehen, machen das aber nicht, weil sie ihre Zulagen verlieren. Da gehen sie gleich in Pension. Da muss man das Dienstrecht ändern

Wie darf man sich den Start der Regierung vorstellen?



Kurz: Montag ist Angelobung, danach bekommen die Minister die Verantwortung übertragen. Ich werde das Bundeskanzleramt von Kern übernehmen. Dienstag reise ich nach Brüssel, Mittwoch folgt die Regierungserklärung. Parallel dazu machen wir uns an die Arbeit, um unser Programm Schritt für Schritt auf den Boden zu bringen.

Herr Kurz, Sie haben durch die Besetzung der Minister für lange Gesichter bei manchen Ihrer Parteifreunde gesorgt. Rechnen Sie mit Widerstand?

Kurz: Ich habe das Programm und die Ministerliste in den Vorstand gebracht und dort einstimmig Zustimmung erhalten.

Alle Regierungsmitglieder in der Übersicht (für weitere Details anklicken):

(red)