Österreich
Mieten werden für Junge immer unleistbarer
Teuer, befristet, keine Maklerinfos: Mieten bei Privaten wird immer mehr zum Luxus. Wie eine Studie der Arbeiterkammer Wien zeigt, stellt das vor allem Junge vor Probleme.
Teure Mieten, befristete Verträge und keine Maklerinfos. Wie eine aktuelle Untersuchung zeigt, wird Mieten bei Privaten immer mehr zum Luxus. Für die Studie, die das Institut für Sozialforschung (IFES) im Auftrag der Arbeitkammer durchgeführt hat, wurden 503 Wiener bis 35 Jahren befragt.
Mit deutlichem Ergebnis: Für die Miete in einer privaten Wohnung müssen junge Arbeitnehmer durchschnittlich ein Drittel ihres monatlichen Netto-Haushaltseinkommens ausgeben. Die hohen Preise erschwerten für 84 Prozent die Wohnungssuche. Zudem haben zwei von drei Befragten nur einen befristeten Mietvertrag bekommen. 70 Prozent jener, die in eine private Altbauwohnung gezogen sind, gaben an, vom Makler nicht über Mietzinsobergrenzen informiert worden zu sein.
AK fordert Ende der Mietkostenexplosion, 5-Punkte-Programm soll helfen
"Wohnen muss jeder", erklärt AK Präsidentin Renate Anderl. "Die privaten Mietkosten sind in den vergangenen Jahren regelrecht explodiert. Die Menschen, vor allem junge, stöhnen unter den hohen Mietkostenbelastungen. Mit der Mietkostenexplosion muss endlich Schluss sein".
Mit einem "Fünf-Punkte-Programm für leistbares Wohnen" will die AK auf mehreren Ebenen ansetzen. Etwa bei einem Wohnbonus zur steuerlichen Absetzbarkeit eines Teils der Wohnkosten. Damit sollen Mieter und Eigentümer von Wohnungen und Häusern entlastet werden. Ein neues Mietrecht mit tauglichen Obergrenzen soll Befristungen nur mehr in Ausnahmefällen zulassen. Geht es nach Anderl soll es für Mieter künftig keine Maklerprovisionen, dafür aber wirksame Sanktionen gegen Mietwucher sowie Maßnahmen gegen Bodenspekulanten und für mehr geförderten Wohnbau geben.
Wohnungssuche immer schwieriger
Für die Studie wurden Mieter bis 35 befragt, die innerhalb der vergangenen fünf Jahre eine Wohnung in Wien neu angemietet oder einen befristeten Mietvertrag verlängert haben. Das durchschnittliche Haushaltseinkommen lag bei rund 2.800 Euro netto im Monat. Die durchschnittliche Wohnungsgröße beträgt 72 Quadratmeter.
Für die Mehrheit (sechs von zehn Haushalte) war es "eher schwierig" oder "sehr schwierig", eine passende Wohnung zu finden. 84 Prozent der Interviewten erklärten, die hohen Preise am Wohnungsmarkt hätten die Suche erschwert. Für die schwierige Wohnungssuche machten 36 Prozent der Betroffenen die schlechte Qualität vieler Wohnungen und 34 Prozent die teuren Maklerprovisionen verantwortlich.
Mehrheit der Jungen im geförderten Wohnbau
Wie die Befragung ergab, finden die Jungen vor allem im geförderten Wohnbau eine Bleibe: 28 Prozent der Befragten sind in einen Gemeinde- und 31 Prozent in einen Genossenschaftsbau gezogen – in Summe 59 Prozent. Eine private Mietwohnung haben 41 Prozent der jungen Wienerinnen und Wiener angemietet. Nur ein Drittel dieser privaten Mietwohnungen liegt im Altbau (vor 1945 errichtet), wo Mietrechtsgesetz und Richtwertsystem anzuwenden sind.
"Familien mit Kindern ziehen weit überwiegend in eine Gemeinde- oder gemeinnützige Wohnung. Von den befragten Haushalten mit Kindern haben sich 77 Prozent für eine 'öffentliche' Mietwohnung entschieden. Ferner zeigt sich, dass die jüngsten Haushalte (bis maximal 25 Jahre) besonders häufig eine Gemeindewohnung mieten. 'Öffentliche' Mietwohnungen unterstützen die jüngsten Haushalte dabei, flügge zu werden und bieten jungen Familien ein stabiles und gesichertes Wohnen. Das bestätigt, dass genügend öffentliche Mietwohnungen sehr wichtig und nötig sind", betonte Thomas Ritt, Leiter der Abteilung Kommunalpolitik.
Private Miete: Ein Drittel des Einkommens geht drauf
Die Befragten gaben an, im Schnitt in einer rund 72 Quadratmeter Wohnung zu leben. Eine private Mietwohnung dieser Größe kostet "kalt" (mit Betriebskosten und Umsatzsteuer, ohne Warmwasser, Strom und Heizung) über 790 Euro pro Monat. Bei den Gemeindewohnungen beträgt die Bruttomiete (mit Betriebskosten und Umsatzsteuer, ohne Warmwasser, Strom und Heizung) 540 Euro pro Monat – das ist um 32 Prozent weniger als im privaten Segment. Für Genossenschaftswohnungen – mit den meist anteiligen Finanzierungsbeiträgen – müssen im Schnitt knapp 600 Euro pro Monat bezahlt werden, um 25 Prozent weniger als im privaten Segment.
Für die Miete in einer privaten Altbauwohnung müssen junge Arbeitnehmer durchschnittlich ein Drittel ihres monatlichen Netto-Haushaltseinkommens ausgeben. Bei den Gemeinde- und Genossenschaftswohnungen beträgt die Miete durchschnittlich 27,8 Prozent des Netto-Haushaltseinkommens. Das verfügbare Einkommen nach den Mietkosten ist also im "öffentlichen" Segment um über fünf Prozent höher.
Weniger-Verdiener zahlen fast 50% des Hauseinhaltseinkommens
Bei der Befragung zeigte sich erwartungsgemäß: Wer weniger verdient, bei dem geht ein Großteil des Einkommens allein nur für die Miete drauf. Bei einem Netto-Haushaltseinkommen bis zu 1.800 Euro müssen Mieter im Schnitt 46,6 Prozent für die Bruttomiete aufwenden. Haushaltseinkommen über 4.000 Euro sind nur mit 22,1 Prozent durch die Mietkosten belastet.
"Die günstigsten Wohnungen gibt es bei der Gemeinde. Obwohl die Befragten dort nur über unterdurchschnittliche Einkommen verfügen, ist die Mietkostenbelastung nicht höher als bei Genossenschaftswohnungen und deutlich geringer als im privaten Segment", so Ritt. Hier zeige sich erstens, wie wichtig die Gemeindewohnungen sind und zweitens, dass sie an die richtigen Leute vergeben würden.
Anteil befristeter Verträge steigt
Zwei von drei befragten Mieter (64 Prozent), die in eine private Mietwohnung gezogen sind, haben lediglich einen befristeten Mietvertrag. Im Schnitt sind die Mietverträge auf 4,4 Jahre befristet – bei einer ähnlichen Erhebung aus dem Jahr 2003 lag die durchschnittliche Befristungsdauer immerhin noch bei fünf Jahren. 72 Prozent derer, die einen befristeten Mietvertrag unterschrieben haben, beklagten, dass eine passende Wohnung nicht unbefristet zu bekommen war.
"Befristungen sind nach wie vor ein großes Problem und bedeuten für die Mieter mehr Unsicherheit, langfristiges Planen ist ein Wunschdenken", so Anderl. "Kommt es zu einer Vertragsverlängerung, ist man dem Vermieter hinsichtlich möglicher Mieterhöhungen de facto ausgeliefert". Daher wundere es nicht, wenn kaum Familien in eine private Mietwohnung ziehen. "Teuer und fast immer befristet, wer kann und möchte in so einem Wohnumfeld seine Kinder großziehen?", so Ritt.
Privater Altbau: Schweigen über Mietzinsgrenzen
Problematisch sei auch, dass Makler, die eine private Altbauwohnung vermittelten, meist über die Mietzinsbegrenzung schwiegen. 70 Prozent der Betroffenen sagten, dass sie vom Makler nicht über diese Mietgrenzen informiert wurden. Weitere 25 Prozent wissen gar nicht mehr, ob sie vom Makler diesbezüglich informiert worden wären. Lediglich vier Prozent sagten, dass sie vom Makler auf die Mietzinsgrenzen hingewiesen wurden.
Dennoch wussten fast 80 Prozent der Befragten über die gesetzlichen Begrenzungen der Miete in privaten Altbaumietwohnungen Bescheid. Deutlich zugenommen habe der Prozentsatz jener Mieter, die ihre Miete bereits überprüfen ließen – bei der Studie aus dem Jahr 2013 waren das nur vier Prozent, jetzt sind es 21 Prozent.
Mietkosten werden anderswo eingespart
Wegen der hohen Mietkosten müssten viele Mieter bei sonstigen Ausgaben sparen - etwa beim Urlaub. Der überwiegende Großteil der befragten Arbeitnehmer könne die Wohnung problemlos heizen, lediglich für ein Prozent ist das "oft gar nicht möglich".
Eine Woche Urlaub im Jahr in einer zu bezahlenden Unterkunft ist aber nur mehr für 67 Prozent der Befragten "problemlos möglich". Und: Nur jeder zweite Befragte (51 Prozent) kann "problemlos" die Rechnung zahlen, wenn unerwartete Ausgaben, etwa für eine neue Waschmaschine anfallen.
Befragte wünschen sich mehr geförderten Wohnbau
Breiter Konsens besteht laut Studie darüber, dass klare gesetzliche Mietzinsgrenzen notwendig seien, 85 Prozent der Befragten plädieren dafür. Ebenso herrsche unter den Befragten weitgehende Einigkeit, dass in Wien noch mehr geförderte Mietwohnungen errichtet werden sollen. Dafür sprechen sich 82 Prozent aus. Zwei Drittel der Befragten sehen nicht ein, dass die Maklergebühren von den Wohnungssuchenden und nicht von den Vermietern bezahlt werden müssen. (lok)