Österreich
"Bücherei der Dinge" verleiht "Wien Dings"
Ein Infrarot-Temperaturmesser für Speisen, ein Reader für Haustier-Chips sowie verschiedene Spiel- und Sportgeräte: Das alles kann ab sofort in der "Bücherei der Dinge" ausgeborgt werden.
Was in anderen Ländern, etwa den USA, Großbritannien oder Finnland bereits Realität ist, kommt jetzt auch zu uns. Seit März verleiht die Bücherei Schwendermarkt in der Schwendergasse 39-43 (Rudolfsheim-Fünfhaus) allerlei Gegenstände, die die Wiener – mehr oder weniger – brauchen könnten.
Dabei sind neben nützlichen Gegenständen wie Bluetooth-Lautsprechern, Maßbändern und einem Akku-Schrauber auch verschiedene Sport- und Spielgeräte. Dazu zählen etwa Skateboards, ein Volleyball, verschiedene digitale "Booktii"-Stifte oder Controller für die PlayStation.
Aber auch Ungewöhnliches ist im Angebot: Etwa ein Messgerät für die Oberflächentemperatur von Speisen oder ein Reader für die Chipimplatate von Haustieren. "Beim Tierarzt zahlt man für das Auslesen, mit dem Reader können Haustierbesitzer das zu Hause ganz einfach selbst machen und dabei auch Daten aktualisieren", erklärt Magdalena Schneider, Leiterin der Bibliothekspädagogik der Büchereien Wien und Projektleiterin der "Bücherei der Dinge".
Ausleihen mit gültiger Büchereien-Karte
Für das Ausleihen ist nur eine gültige Büchereikarte nötig, die maximale Entlehndauer beträgt zwei Wochen. Die Palette der angebotenen Dinge wächst ständig und ist im Online-Katalog der Büchereien Wien abrufbar: Durch die Auswahl der Mediengruppe "Objekt" und der Zweigstelle Schwendermarkt erscheinen alle katalogisierten Verleihobjekte.
Die "Wien-Dings"-Bibliothek ist nach leila.wien die zweite Bücherei der Dinge. Seit rund vier Jahren können auch in der Grundsteingasse (vormals Herbstgasse) in Ottakring Gegenstände ausgeliehen werden. "leila.wien" war bei der Bücherei der Dinge am Schwendermarkt beratend tätig und hat einen der 30 Gegenstände des dortigen Bestands beigesteuert.
Bücherei "Wien Dings" als Teil der Grätzlarbeit
"Die Büchereien sind beliebte Treffpunkte im Grätzl. Und was liegt im Grätzl näher, als sich in der Nachbarschaft auszuhelfen mit einer Bohrmaschine oder mit Spielzeug für die Geburtstagsfeier?", erklärt Bildungsstadtrat Jürgen Czernohorszky (SPÖ), der sich bei einem Besuch in der Bücherei über die Vielfalt der Gegenstände freute.
Zur Verfügung gestellt wurde die Leihobjekte von verschiedenen Magistratsabteilungen der Stadt Wien. Die MA48 spendete etwa ein Skateboard, der Temperaturmesser für Speisen stammt vom Wiener Marktamt.
"Die Idee der 'Bücherei der Dinge' stärkt das Grätzlbewusstsein und vereint Nachbarschaftshilfe mit Nachhaltigkeit und Konsumbewusstsein. Leihen statt kaufen ist im Sinne der 'Sharing Economy' immer verbreiteter, es ist günstiger und ressourcenschonend", so Czernohorszky.
Auch Bezirksvorsteher Gerhard Zatlokal (SPÖ) findet die Idee toll: "Es müssen nicht immer alle Dinge neu gekauft werden. Leihen spart Geld, schafft zuhause mehr Platz und schont gleichzeitig die Umwelt". Um auf die Themen Nachhaltigkeit und Schonung der Ressourcen aufmerksam zu machen, habe Rudolfsheim-Fünfhaus auch einen eigenen Klimaschutzbeauftragen und den im November 2018 erstmals vergebenen Klimaschutzpreis. Mit diesem werden Projekt prämiert, die einen Beitrag zum Klimaschutz leisten.
VR-Brille, Skateboard und Booktii-Stifte am häufigsten ausgeborgt
"Derzeit umfasst die 'Bücherei der Dinge' etwa 30 verschiedene Gegenstände. Am häufigsten verliehen werden die Virtual Reality-Brille der Wiener Volkshochschulen, Skateboards und Tiptoi-, Ting- und Bookii-Stifte verliehen", erklärt Christian Schneider (30), Leiter der Bücherei am Schwendermarkt.
Der erste entlehnte Gegenstand war aber eine Bongo-Trommel. "Ein Stammkunde von uns nahm die mit. Er erzählte uns, dass er immer schon mal Bongo spielen lernen wollte, sich aber nie welche gekauft hätte", erzählt Schneider.
Auch andere Standorte an Idee interessiert
Die Büchereien Wien ziehen nach den ersten Monaten eine positive Bilanz. Eine Ausweitung auf andere Standorte ist derzeit noch nicht in Planung, könnte aber dennoch kommen, denn "es haben schon andere Zweigstellen ihr Interesse bekundet", so Schneider zu "Heute".
"Es mag gewöhnungsbedürftig scheinen, in einer Bibliothek anderes als Medien zu entlehnen, entspricht aber dem Wandel im Selbstbild von Bibliotheken", betont die Leiterin der Bibliothekspädagogik der Büchereien Wien. (lok)