Österreich
Praterstern-Bluttat: Darum stach Jafar S. wirklich z...
Im Live-Interview mit "Heute" sprach Jafar S.' Anwältin Astrid Wagner erstmals über die Hintergründe der Blutnacht. Sie erzählt, warum er die Arztfamilie attackierte.
Rasend vor Wut soll Jafar S. vergangene Woche in Wien auf eine österreichische Arztfamilie eingestochen haben. Nur 30 Minuten nach dem Messerangriff bei der U1-Station Nestroyplatz ging Jafar S. am Praterstern auf einen Landsmann los.
Übersetzer bei zweitem Treffen
Seit Dienstagvormittag hat der Verdächtige, der in der Wiener Josefstadt in Untersuchungshaft sitzt, eine Anwältin. Nachdem er gestern nur wirre Angaben zum Tag der Tat machte, besuchte Verteidigerin Astrid Wagner ihren Mandanten am Mittwoch erneut – und hatte einen Dolmetscher für Farsi dabei. Direkt nach dem Klientengespräch im Halbgesperre der Justizanstalt kam Wagner zum Live-Interview in die "Heute"-Redaktion nach Wien-Heiligenstadt.
Kein Gewand, dafür Koran
Dabei schilderte Wagner, dass ihr Klient weiterhin keine Kleidung hat – "er trägt ein knielanges, weißes Nachthemd und dazu Schlapfen". Der Verdächtige sitzt mit sieben anderen Afghanen in einer Großraumzelle. Zu den Delinquenten hat er kein gutes Verhältnis: "Sie sind nicht nett zu mir, sie geben mir keine Zigaretten". Während er auf Bekleidung und Rauchware verzichten muss, scheint zumindest ein Problem für Jafar S. gelöst: Er hat mittlerweile einen Koran erhalten, in dem er fleißig schmökert, um nicht wieder vom Teufel beseelt zu werden. Am Montag hat er sich – wie berichtet – versucht, das Leben zu nehmen. Er dürfte sich mit einer Schere in der Nähe der Pulsader geritzt haben. "Jafar S. hat äußerlich aber keine Verletzungen mehr", so Wagner.
Ausraster wegen Portier
Die Frage, die sich das Land seit dem entsetzlichen Amokangriff stellt: Warum rastete der Afghane, der seit 2015 in Österreich lebte, drogensüchtig wurde und bereits inhaftiert war, derart aus. "Er ist an diesen Tag offenbar aus einer Caritas-Einrichtung im 15. Bezirk hinausgeflogen", schildert Anwältin Wagner. Dann ist der Mann offenbar in die Leopoldstadt gefahren, um sich am Nestroyplatz ein Zimmer zu nehmen. "Du bekommst eines, aber nur, wenn du mit mir schläfst", soll der Portier in dem Beherbergungsbetrieb zu Jafar S. gesagt haben – behauptet zumindest der Verdächtige. "Darüber war er so erbost. Schwul zu sein ist in seiner Kultur das schlimmste", so Wagner.
Fröhliche Familie erboste ihn
Durch diese Begebenheit massiv aufgeladen, stürmte Jafar S. auf die Straße. Und erblickte dort eine glückliche Familie, die fröhlich dem Feierabend entgegen spazierte. "Das ertrug er nicht. Er bildete sich ein, dass die Herrschaften ihn auslachen würden", so Wagner. Also stach er zu. Rasend vor Wut. Immer wieder. Im Verhör durch die Kripo hatte er als Motiv angegeben, "einfach in schlechter Stimmung" gewesen zu sein.
Arzt (67) rettete Tochter wohl Leben
Am Dienstag kam auch heraus, warum der Mediziner derart schwer verletzt wurde – weil er seiner Tochter (16) zur Hilfe kam, auf die sich Jafar S. gestürzt hatte. "Heute"-Recherchen zufolge wird der schwer verletzte Mann noch immer auf der Intensivstation eines Wiener Unfallspitals behandelt.
Jetzt sind Experten am Zug
Wie geht es jetzt für Jafar S. weiter? Wegen seines offenkunden wirren Geisteszustandes soll der 23-jährige Afghane nun von einem Psychiater untersucht werden. Auch ein toxikologisches Gutachten steht aus. "Es kann ja sein, dass er high war", so Anwältin Wagner. Sie wird ihn am Freitag wieder im Gefängnis besuchen. Morgen, Donnerstag, spricht er mit seinem zweiten Verteidiger Wolfgang Blaschitz. Die Staatsanwältin ermittelt gegen Jafar S. wegen vierfachen Mordversuchs. Wenn er zum Zeitpunkt seines grausamen Verbrechens zurechnungsfähig war, droht ihm eine lebenslange Freiheitsstrafe. Für Jafar S. gilt die Unschuldsverumutung.
Die Chronik des Messer-Angriffs:
>>> Praterstern-Angreifer verübt Selbstmordversuch
>>> Faschiertes und Püree für den Praterstern-Stecher
>>> Wiener Amokläufer war bereits 2016 im Gefängnis
>>> Amokläufer in Wien erst kürzlich aus Haft entlassen
>>> Praterstern-Angreifer: Protokoll der Flucht
>>> Erstes Foto: Das ist der Praterstern-Angreifer (coi)