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Infektion mit tödlichem Virus in Bayern nachgewiesen
Keine 30 Kilometer hinter der österreichischen Grenze hat sich ein Mensch mit dem ebenso seltenen wie auch tödlichen Borna-Virus infiziert.
Das oberbayrische Mühldorf am Inn ist in Aufruhr. Im gleichnamigen Landkreis wurde eine sehr seltene Infektion mit dem Borna-Virus, eigentlich eine Tierseuche, bei einem Menschen nachgewiesen. Das machte das Landesratsamt am Dienstag bekannt. Weitere Informationen wurden zunächst nicht öffentlich. Es ist dies der dritte Fall im Landkreis Mühldorf innerhalb der letzten drei Jahre.
Fast immer tödlich
Für den Betroffenen ist diese Diagnose wie ein Todesurteil. Zwar kommt es in Deutschland nur in Einzelfällen zur Ansteckung, doch endeten laut "Focus" mit nur einer Ausnahme alle tödlich. Das klassische Borna-Virus (BoDV-1) löst nämlich eine lebensbedrohliche Entzündung des Gehirns (Enzephalitis) aus. Wer mit Glück überlebt, trägt schwerste Folgeschäden davon. Der Absatz zur Behandlung der Erkrankung auf der Infoseite der AGES ist nur dramatische vier Worte lang: "Es gibt keine Therapie".
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Das sind die Symptome
Die Symptome beginnen mit Kopfschmerzen, Fieber und einem allgemeinen Krankheitsgefühl. Dazu kommen bei fortschreitender Ausbreitung im Körper neurologische Symptome wie etwa Verhaltensauffälligkeiten sowie Sprach- und Gangstörungen – bis der Infizierte ins Koma fällt.
Deutschlandweit gibt es im Schnitt zwei Infektionen pro Jahr, selbst unter Einbezug der mutmaßlich hohen Dunkelziffer rechnen Wissenschaftler nicht mit mehr als sechs Ansteckungen. Die erste Infektion eines Menschen wurde 2018 bei unseren Nachbarn nachgewiesen. In Österreich ist laut AGES noch kein Fall einer durch Borna-Viren verursachten Enzephalitis bekannt.
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Spitzmaus als Überträger
Bisher konnte die Wissenschaft nur einen einzigen Wirt für den Erreger identifizieren: die Feldspitzmaus (Crocidura leucodon). Sie trägt das Virus ein Leben lang in sich, ohne selbst zu erkranken. Über Ausscheidungen und ihren Speichel überträgt sie den Erreger an andere Säugetiere. Es sei auch vorstellbar, dass etwa Hauskatzen, die Mäuse jagen, ein Bindeglied in der Übertragungskette darstellen, heißt es seitens des Robert-Koch-Instituts.
"Zudem können Bissverletzungen und das Einatmen von kontaminiertem Staub den Erreger auf den Menschen übertragen", warnt der "Focus". Der Kontakt zu Spitzmäusen sollte deshalb vermieden werden, auch tote Mäuse sollten maximal mit Gummihandschuhen berührt und vor der Entsorgung großzügig mit Haushaltsreiniger besprüht werden, um einer möglichen Staubaufwirbelung vorzubeugen.
Einzelfälle bei Tieren in Österreich
Erkrankungsfälle bei Tieren in Österreich sind sehr selten: In den 1990er Jahren gab es zwei Fälle bei Pferden und einen Fall bei einem Hund in Vorarlberg. Vorarlberg gilt als Gebiet, in dem das klassische Bornavirus endemisch ist. 1998 wurde ein Einzelfall bei einem Pferd in der Steiermark diagnostiziert. In den Jahren 2015 und 2016 erkrankten vier Pferde in einer Region Oberösterreichs.
Hintergrund
Die Bornasche Krankheit wurde erstmals 1813 beschrieben. Ihren Namen erhielt sie, als 1894 eine große Anzahl von Kavalleriepferden in der deutschen Stadt Borna erkrankte. In jüngster Zeit wurde auch von Erkrankungen bei Rindern, Ziegen, Katzen und Affen berichtet. Im vergangenen Jahrzehnt wurden laut AGES auch weitere Bornaviren bei Vögeln und Reptilien entdeckt, die aber von der klassischen Variante abzugrenzen sind.