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Northgard im Test: Siedeln bis der Winter kommt
Mit Northgard legt Indie-Developer Shiro Games einen würdigen Erben der Siedler-Reihe vor. Mit gechilltem Vor-sich-hin-Siedeln hat das Spiel allerdings nichts zu tun.
Die Siedler-Reihe des deutschen Entwicklers Blue Byte gilt als Begründer und Klassenprimus des Genre Aufbaustrategie. Doch die Siedler müssen sich warm anziehen, denn Indie-Developer Shiro Games legt mit Northgard einen starken Konkurrenten vor, der ordentlich frischen Wind ins Genre bläst - und den Winter mitbringt.
Die Geschichte von Northgard ist schnell erzählt: Die Sippe von Wikinger-Hauptmann Rig fällt einer Intrige zum Opfer. Als einziger Überlebender flüchtet er mit einer Schar Gefolgsmänner nach Norden wo er einen neuen Kontinent voller Monster, Schätze und Konkurrenten entdeckt. Die Einzelspieler-Kampagne von Northgard ist nett erzählt, allerdings eher ein längeres Tutorial, um die verschiedenen spielbaren Wikinger-Cans und Spielmechaniken vorzustellen.
Einfach zu lernen, schwer zu meistern
Der zentrale Teil ist klar das freie Spiel und der Mehrspieler-Modus. Hier entfaltet Northgard seine Genialität, die sich wohl am besten mit dem überaus abgedroschenen aber hier sehr passenden Mantra "Einfach zu lernen, schwer zu meistern" beschreiben lässt. Durch einige kleine aber einflussreiche Features setzt Northgard dem Spieler einige Limits und Herausforderungen, die es kontinuierlich zu meistern gilt und die die eine ungekannte Dramatik ins sonst oft eher gemütliche Genre bringen.
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Auf den ersten Blick wirkt Northgard wie ein relativ simples Aufbaustrategie-Spiel nach altbekanntem Muster: Man baut Gebäude, lässt seine Wikinger Ressourcen (Holz, Nahrung, Stein, Eisen) abbauen und erweitert nach und nach sein Territorium und seine Siedlung. Im großen Unterschied zum Genre-Primus Siedler suchen sich die Wusel-Wikinger (und Wikingerinnen) ihre Jobs nicht eigenständig aus, sondern werden manuell vom Spieler zugewiesen.
Was Northgard besonders und so genial macht
Dadurch hat man sehr viel mehr direkte Eingriffsmöglichkeiten ins Management der eigenen Wikingersiedlung. Ein Großteil der Herausforderung macht das Jonglieren der eigenen begrenzten Anzahl von Wikingern zwischen den Jobs aus. Hier ist Fingerspitzengefühl gefragt, denn eine falsche Entscheidung kann der Siedlung den Todesstoß verpassen.
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Northgard zeichnet sich nämlich durch zwei geniale Innovationen aus: Zum einen besteht die Spielkarte aus mehrere Sektoren, die von Scouts einzeln erforscht werden müssen, damit sie durchquert werden können. Jeder Sektor enthält entweder Ressourcen oder Gegner und in jedem Sektor kann nur eine sehr begrenzte Anzahl von Gebäude gebaut werden. Damit ein Sektor bebaut werden kann, muss er durch Bezahlen einer exponenziell ansteigenden Summe Nahrung dem eigenen Gebiet hinzugefügt werden.
Zum anderen durchläuft eine Partie einen Jahreszyklus mit unterschiedlichen Jahreszeiten, die in einer Leiste angezeigt werden. Kommt der Winter, sammeln die Wikinger deutlich weniger Nahrung und verbrauchen mehr Holz - ähnlich wie beim Indie-Hit "Banished". Bricht eine Hungersnot aus, werden die Wikinger unglücklich oder gar krank wodurch die Produktivität weiter sinkt - ein dramatischer Teufelskreis.
Spannung durch Verknappung
Diese Kombination aus drohendem Winter und Knappheit an Bauland und Arbeitern macht Northgard so schwer zu meistern und gibt dem Spiel die besondere Dynamik. Besonders im Mehrspieler-Modus macht das sehr viel Spaß. Dort gibt es fünf verschiedene Möglichkeiten, das Spiel zu gewinnen. Die unterschiedlichen Clans eigenen sich besonders für bestimmte Spielweisen, jede Siegesart ist jedoch grundsätzlich mit jedem Clan machbar.
Entwickler Shiro Games hat sich bereits in der Early-Access-Phase eine loyale Fan-Community erarbeitet. Kontinuierliche Updates, Fein-Balancing und kostenlose Spielerweiterungen wie neue spielbare Clans beweisen, dass die Entwickler ihr Spiel mit viel Herzblut betreuen. Auch ein Map-Generator wurde bereits angekündigt. Das sollte auf Dauer für eine lebendige Community sorgen.
Fazit: Dramatisch und durchdacht
Unter der auf den ersten Blick scheinbar simplen Fassade steckt ein sehr durchdachtes und forderndes Spielkonzept. Aufbau- und Strategie-Fans kommen in den Genuss dramatischer und spannender Partien, die vor allem im Mehrspieler-Modus andere Genre-Vertreter klar hinter sich lassen.
Zu bemängeln gibt es bei Northgard kaum etwas. Die Präsentation mag bisweilen im sonst so wuseligen und farbenfrohen Aufbaustrategie-Genre etwas nüchtern wirken. Die unterschiedlichen Fraktionen unterscheiden sich grafisch bis auf einzelne Gebäude kaum. Das ist etwas schade, aber angesichts des fein designten Spielkonzepts aber eher zweitrangig.
Auf Dauer mag der Spielablauf für einige vielleicht ein bisschen zu eintönig werden. Auch einige Balancing-Unebenheiten zwischen den spielbaren Clans gibt es gefühlt hier und da noch. Wir sind aber zuversichtlich, dass diese in Zukunft weiter austariert werden.