Krisenstimmung im Bezirk Gänserndorf (NÖ). In Leopoldsdorf wird ein historischer Betrieb gesperrt. Vor 124 Jahren begann hier im Werk die Zuckerproduktion. Jetzt macht die Agrana die Fabrik dicht.
Für Dutzende Familien ist es eine Katastrophe: 120 Mitarbeiter werden in einigen Monaten ohne Job dastehen. Am Mittwoch haben sie davon erfahren: "Es war ein Schockerlebnis, die Stimmung war wie auf einem Begräbnis", sagt Thomas Buder, er ist Betriebsratsvorsitzender bei Agrana, zu "Heute".
Manche der Anwesenden haben ihr gesamtes Berufsleben in dieser Fabrik verbracht. Einige sind seit der Lehre hier tätig, andere haben 40 Dienstjahre an diesem Standort gedient, "für diese Menschen bricht eine Welt zusammen!"
Die Arbeiter werden beim AMS zur Kündigung angemeldet, der Betriebsrat muss einen Sozialplan verhandeln. Thomas Buder erzählt von schlimmen Härtefällen: "Mitarbeiter wissen nicht, wie sie künftig die Kredite für ihre Häuser bezahlen sollen, es gibt alleinerziehende Mütter – wir müssen diese Kollegen unterstützen."
"Dann gibt es Menschen, die stehen zwei Jahre vor der Pension – die werden keinen Job mehr bekommen. Die brauchen einen Sozialplan, damit die nicht in der Luft hängen", genau diesen verhandelt Thomas Buder jetzt mit dem (Noch-)Arbeitgeber. Es ist eine Mammutaufgabe.
"Was sollen wir jetzt tun?", oder, "sollen wir morgen überhaupt zur Arbeit kommen?" fragen sich die Mitarbeiter. Aktuell wird die Fabrik auf die kommende Ernte vorbereitet, "doch wofür?" heißt es hier. Klar ist: Bis dahin ist das Werk nicht mehr in Betrieb.
Für die Agrana-Belegschaft ist das ein Déjà-vu. Bereits vor fünf Jahren wurde hier ein Sozialplan unterschrieben. Doch dann kam Corona, alles war plötzlich anders, "aber seither hängt das Thema wie ein Damoklesschwert über uns. Viele haben geahnt, dass es irgendwann so weit sein wird, aber wenn es dann kommt, dann ist der Stich ins Herz noch größer!"
Wie in vielen Fällen heißt es aus dem Konzern, dass steigende Produktionskosten, immer größerer Wettbewerbsdruck und neue Regeln die Produktion an diesem Standort unmöglich machen würden. Ein zweites Werk – in Hrusovany, Tschechien – wird ebenfalls von der Agrana geschlossen. Noch mehr Menschen kamen hier Tag für Tag in die Arbeit – noch 150 Arbeitslose mehr gibt es auch hier künftig.