Niederösterreich
"Zugedeckt" – scharfe Kritik an Landesrechnungshof
Der LRH habe "nicht aufgedeckt, sondern zugedeckt", sagte Verfassungsrechtler Heinz Mayer bei einem Pressegespräch in Wien.
Zur Sonderprüfung landesnaher und landeseigener Gesellschaften durch den niederösterreichischen Landesrechnungshof (LRH) rund um vermutete illegale Parteienfinanzierung hat am Dienstag die SPÖ NÖ mit einem Rechtsgutachten gekontert. Der LRH habe "nicht aufgedeckt, sondern zugedeckt", sagte Verfassungsrechtler Heinz Mayer in einem Pressegespräch in Wien. Er hat die Expertise erstellt. SPÖ-Landesparteichef LHStv. Franz Schnabl kündigte einen neuen Gesamtprüfungsauftrag an.
Mayer sieht Verfehlung von Prüfauftrag
Mayer sprach von einer Verfehlung des Prüfauftrages. Es sei gefragt gewesen, die Kosten jedes einzelnen Inserats anzugeben. Die Ausführungen seien jedoch pauschal erfolgt und demnach "nicht verwertbar". Mayer hielt in seinem Gutachten zudem fest, dass Geschäfts-, Betriebs- oder Amtsgeheimnisse vom LRH in einem vertraulichen Zusatzbericht zu behandeln seien, "der als solcher dem Rechnungshofausschuss des Landtags zu übermitteln ist". Es sei "im Gegensatz zur Auffassung des Landesrechnungshofes" festzustellen, "dass das Vorliegen von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen des Landesrechnungshof nicht berechtigt, dem Rechnungshofausschuss des niederösterreichischen Landtages diese Informationen vorzuenthalten", betonte der Jurist.
SPNÖ-Chef nahm Ball auf
Landesvize Schnabl nahm den Ball auf und kündigte einen neuerlichen Gesamtprüfungsauftrag an den LRH an. Selbiger soll schon am Mittwoch an Landtagspräsident Karl Wilfing (ÖVP) übermittelt werden. Unterstützt wird der Antrag von NEOS und Grünen, wie es auf APA-Anfrage von den beiden Parteien hieß. Notwendig sind Unterschriften von 19 Mandataren, diese Marke wäre laut den Ankündigungen somit erreicht - die SPÖ stellt 13 Landtagsabgeordnete, NEOS und Grüne haben jeweils drei.
Mayer hatte in seiner Expertise festgestellt, dass ein Zusatzauftrag wegen unvollständiger Erledigung des Prüfauftrages durch ein Drittel der Abgeordneten des Landtages nicht möglich sei. Ein diesbezüglicher Antrag sei demnach zurecht nicht zugelassen worden.
Schnabl ortet auch noch "Reservemöglichkeit"
Schnabl sieht in der Causa auch noch eine "Reservemöglichkeit". Im Nationalrat könnte ein entsprechender Prüfantrag an den Bundesrechnungshof gestellt werden, sagte er in dem Pressegespräch. Er könne sich auch vorstellen, dass es Landesgesellschaften verboten wird, Inserate in parteinahen Medien zu schalten. Nicht zuletzt soll bei Überschreitung der Wahlkampfkosten die Landesparteienförderung z.B. für ein Jahr einbehalten werden. Entsprechende Anträge sollen "nach dem Fall der Absoluten" der ÖVP eingebracht werden.
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Anfang Dezember waren Überprüfungsergebnisse bezüglich Landesgesundheitsagentur (LGA), Radland und Familienland vorgelegt worden. Vom LRH bemängelt wurden vorwiegend strukturelle Dinge. Schnabl betonte daraufhin, er sehe keinen Beitrag "zu mehr Transparenz, in welche ÖVP-nahen Kanäle Steuergelder versickern". Der Prüfauftrag werde "ganz klar nicht erfüllt". Zudem ortete der Landesvize, dass im Vergleich von Roh- und Endbericht Passagen "verändert oder geschönt" worden seien. Dies erhärte den Verdacht, dass es "massiven Aufklärungsbedarf" gebe. Geprüft werde von der SPÖ die Beantragung eines U-Ausschusses für die Zeit nach der Landtagswahl am 29. Jänner.
Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) hatte erst vergangene Woche im APA-Interview festgestellt, in den bisher veröffentlichten LRH-Berichten im Rahmen der Sonderprüfung "keinerlei Beanstandungen" zu sehen. "Jetzt versucht man, durch Angriffe gegen die Institution Rechnungshof noch einmal Kritik zu üben. Es wäre gut, wenn man Prüfungsergebnisse akzeptiert, auch wenn einem das persönlich nicht passt", meinte Mikl-Leitner in Richtung der anderen Parteien.
Direktorin: "Mit bestem Wissen und Gewissen"
LRH-Direktorin Edith Goldeband hatte im Dezember festgehalten, dass die drei vorliegenden Berichte "mit bestem Wissen und Gewissen" verfasst worden seien. Daten seien nicht anonymisiert worden, um Transparenz zu verhindern, "sondern weil das die Verfassungsregeln sind". Es gebe eine Offenlegungsverpflichtung der Gesellschaften gegenüber dem Landesrechnungshof. Dieser dürfe dann aber nur das berichten, was keine Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse oder den Datenschutz verletze.
Insgesamt elf Berichte
Insgesamt gearbeitet wird seitens des LRH an elf Berichten. Überprüft werden Zahlungsflüsse von März 2017 bis Mai 2022 in Verbindung mit Inseraten und Werbung, Förderungen, Spenden, Sponsorings, Dienstleistungen im Beratungs-, Veranstaltungs- und Agenturwesen, Kooperationen und Mitgliedschaften in Vereinen. Evaluiert werden etwa Konzepte für Kommunikation oder Social Media sowie Verträge bzw. Vereinbarungen für einzelne Zahlungen. SPÖ, FPÖ, Grüne und NEOS vermuten illegale Parteienfinanzierung durch die ÖVP, von der die Vorwürfe zurückgewiesen werden.
Die fünf Aufträge für eine Sonderprüfung kamen von Landtagsabgeordneten der SPÖ, FPÖ, Grünen und NEOS. Vier betreffen die HYPO NOE, die Wirtschaftsagentur des Landes ecoplus, den Energieversorger EVN und dessen Töchter sowie die Landesgesundheitsagentur (LGA). Der fünfte Antrag umfasst die NÖ Energie- und Umweltagentur GmbH, die NÖ Familienland GmbH, die Radland GmbH, die Niederösterreichische Verkehrsorganisationsges.m.b.H., die Natur im Garten GmbH mit Natur im Garten Service GmbH und DIE GARTEN TULLN GmbH sowie die NÖ.Regional.GmbH.