Politik

Zadic sagt, warum Verdächtige nicht abgeschoben wurden

Die mutmaßlichen Mörder von Leonie (13) hätten schon längst abgeschoben werden können. Justizministerin Zadic erklärt, warum das nicht passiert ist.

Roman Palman
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Justizministerin Alma Zadic.
Justizministerin Alma Zadic.
HELMUT FOHRINGER / APA / picturedesk.com

Bundeskanzler Sebastian Kurz sprach von einer "bestialischen Tat", die der kleinen Leonie angetan worden sei, und erklärte, die mutmaßlichen Täter "mit aller Härte bestrafen" zu wollen. Die Polizei ermittelt wegen Vergewaltigung mit Todesfolge gegen vier junge Afghanen , die bereits in der Vergangenheit mehrfach straffällig geworden sein sollen.

Drei davon (16, 18, 23) konnten bereits geschnappt werden, ein vierter (22) – auch er ist wegen Drogen- und Gewaltdelikten der Polizei als Serientäter amtsbekannt – befindet sich noch auf der Flucht, wird in ganz Europa gesucht. Obwohl drei der Asylwerber bereits wegen Straftaten verurteilt wurden und somit eine Abschiebung möglich geworden wäre, befanden sie sich immer noch in Österreich. Was ist da also schief gelaufen?

In einem Interview mit der "Kronen Zeitung" nahm Justizministerin Alma Zadic (Grüne) nun selbst Stellung zu dem grausamen Mordfall:

"Es ist eine furchtbare Tat, die mich wahnsinnig traurig macht. Selbst als Mutter kann ich mir nicht einmal im Entferntesten vorstellen, welche Qualen die Eltern jetzt durchstehen müssen. Ihnen gilt mein aufrichtiges Beileid und Mitgefühl", sagt die 37-Jährige, die am 6. Jänner diesen Jahres ihr erstes Kind zur Welt gebracht hatte. Auch sie fordert, dass die "mutmaßlichen Täter mit allen Mitteln des Rechtsstaates zur Verantwortung gezogen" werden.

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    Sie bleibt unvergessen: Blumen- und Kerzenmeer für Leonie (13).
    Sie bleibt unvergessen: Blumen- und Kerzenmeer für Leonie (13).
    Denise Auer, privat; "Heute"-Montage

    "Fällt mir wahnsinnig schwer"

    Auch geht ihr die Tat noch aus einem anderen Grund persönlich nahe. Zadic, damals erst zehn Jahre alt, musste während des Bosnienkriegs mit ihrer Familie aus ihrer Heimat flüchten. So kam sie schließlich nach Österreich. 

    "Als ich nach Österreich gekommen bin, habe ich – und viele, die damals mit mir geflüchtet sind – alles daran gesetzt, um ein Teil dieser Gesellschaft zu werden", erinnert sie sich. "Es fällt mir wahnsinnig schwer zu sehen, dass Menschen, denen Schutz gewährt wurde, so etwas machen."

    Tausende Verfahren noch offen

    Warum die bereits früher straffällig gewordenen Afghanen immer noch im Land waren, müsse nun geprüft werden – auch im Innenministerium von Karl Nehammer (ÖVP). "Jeder muss in seinem Zuständigkeitsbereich Handlungen setzen. Und wir müssen uns gemeinsam Verbesserungen überlegen."

    Einem der Hauptverdächtigen war ja bereits der Schutzstatus in Österreich aberkannt worden, hätte also abgeschoben werden können. Er hatte aber Beschwerde gegen das Aberkennungsverfahren eingelegt – und diese versauerte nun eineinhalb Jahre in den Aktenbergen des Bundesverwaltungsgerichts.

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      Nachbarn aus dem Gemeindebau des Verdächtigen - die versiegelte Wohnungstüre
      Nachbarn aus dem Gemeindebau des Verdächtigen - die versiegelte Wohnungstüre
      Denise Auer

      Zadic nimmt Nehammer in die Pflicht

      "Zu meinem Amtsantritt [7. Jänner 2020, Anm.] gab es einen Rückstau von 33.000 Beschwerdeverfahren" im zuständigen Bundesverwaltungsgericht, erklärt Zadic. In ihrer bisherigen Amtszeit habe sie die Zahl auf 18.500 senken und einen weiteren Stellenabbau in den Gerichten verhindern können.

      Gleichzeitig betonte die Justizministerin auch, dass das im Innenministerium angesiedelte Bundesamt für Fremdenrecht und Asyl die langsamst mahlenden Justiz-Mühlen mit Fristsetzungsanträgen hätte beschleunigen können. "Man hätte dort bei einer Gefährdung für die öffentliche Sicherheit oder öffentliche Ordnung die aufschiebende Wirkung aberkennen können." 

      "Nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft"

      Sie selbst wünscht sich "schnellere und qualitätsvollere Verfahren", erklärt aber auch, dass es "nicht sein" könne, dass eine so große Anzahl an Asylverfahren allein vom Bundesverwaltungsgericht gestemmt werde. Hier brauche es nicht nur mehr Ressourcen in den Gerichten, auch das Innenministerium sei gefordert:

      "Es versteht niemand, warum gut integrierte Familien und 13-jährige Schülerinnen in der Nacht mit Polizeihunden abgeschoben werden und bei einem straffällig gewordenen Asylwerber nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft wurden, um das Verfahren zu beschleunigen."

      Die Verfassung und das Asylrecht böten schon jetzt "genügend Möglichkeiten" dafür, bekräftigt Zadic. "Man muss sie nur konsequent anwenden".

      Wie viele der noch anhängig 18.500 Beschwerden straffällige Asylwerber betreffen, könne man nicht abschätzen, so Zadic. "Aber ich hoffe, dass das jetzt angeschaut wird und das Innenministerium im dafür zuständigen Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl in all jenen Fällen, wo es schwere Straftaten gibt, auch tatsächlich tätig wird."

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        privat, iStock