Coronavirus
"Worst Case" – so viele Fälle können wir uns leisten
Die Corona-Lage in Österreich beunruhigt Experten zusehends. Die Zahlen sind so hoch wie zuletzt im Mai. Doch wie viele Fälle verkraftet das Land?
Zuletzt ging es rasant bergauf mit den täglichen Corona-Zahlen. Und zwar heftiger, als es die Prognosen am Beginn des Sommers befürchten ließen. "Das beobachtete Infektionsgeschehen im Juli und August hat sich bislang im Bereich der Worst-Case-Szenarien entwickelt", heißt es nun in einem Bericht von Gesundheit Österreich (GÖG), der "Heute" vorliegt. Ausschlaggebend: Delta. Und stockende Impfungen.
Österreich, Land der Impfschnecken
Genau das könnte uns im Herbst auf den Kopf fallen. Primärer Grund für die aktuelle Entwicklung – erstmals seit Mai wieder täglich vierstellige Zahlen – sei laut Experten der nach wir vor viel zu geringe Anteil Vollimmunisierter. Im August hätten wir uns in Österreich buchstäblich zu Impf-Schnecken entwickelt. Sorge macht insbesondere "der 85-prozentige Rückgang der Impfgeschwindigkeit gegenüber Juni 2021".
In der Corona-Kommission hieß es am Donnerstag bereits: Wenn sich dieser Trend fortsetze, sei bereits im September mit einer zehnprozentigen Belegung aller verfügbaren Intensivbetten zu rechnen.
Eine Trendwende ist derzeit jedenfalls nicht in Sicht: Die durchschnittliche tägliche Fallzahl wird in der kommenden Woche mit 1.200 zusätzlichen Positiv-Befunden prognostiziert. Aber welchen Wert an täglichen Neuinfektionen kann sich das Land (6 von 10 Österreicher sind derzeit vollimmunisiert) im zweiten Pandemie-Herbst "leisten"? Darüber wurde gemäß "Heute"-Infos in der Kommission lebhaft debattiert. Medial kolportiert wurden 10.000 Fälle pro Tag. Dies scheint insbesondere Wien aber zu hoch gegriffen.
6.000 Fälle pro Tag leistbar
Ein GÖG-Experte, der in der Sitzung zu Wort kam, hält die Altersverteilung der Erkrankten für entscheidend. Breite sich das Virus gleichmäßig unter den Ungeimpften aus, wären 6.000 Fälle pro Tag "leistbar", ohne die Intensivstationen an den Rande des Kollaps zu bringen. Aufgrund der Saisonalität (ähnlich zur Grippe) und der Rückkehr an den Arbeitsplatz sowie ins Klassenzimmer nach der Reisesaison, sei jedenfalls mit einem weiteren Anstieg der Inzidenzen im September und Oktober zur rechnen, so die Pandemie-Insider.
"Impfungen helfen"
Wien möchte einen derartigen Notbetrieb jedenfalls vermeiden. Auch Oberösterreich warnt vor einer starken Belastung des Gesundheitssystems: "Das Personal im stationären Bereich ist nach 1,5 Jahren stark belastet." Wie kann Abhilfe geschaffen werden? "Impfen", so der einhellige Tenor der Experten. Wie der Gesundheitsminister die fehlenden Österreicher zum Jaukerl bringen will, darüber scheiden sich aber die Geister. "Impfungen werden uns helfen, gut durch den Winter zu kommen", betont Minister Mückstein (Grüne) gebetsmühlenartig.