Tödliches Unwetter

Wolken-"Impfung" – Brisanter Verdacht um Dubai-Sintflut

Die schwersten Regenfälle seit Aufzeichnungsbeginn 1949 haben Dubai geflutet. Jetzt gibt es einen Verdacht: Hat "Cloud Seeding" alles verschlimmert?

Wolken-"Impfung" – Brisanter Verdacht um Dubai-Sintflut
Schwere Regenfälle haben am 16. April die schillernde Metropole Dubai geflutet.
GIUSEPPE CACACE / AFP / picturedesk.com

In den Vereinigten Arabischen Emiraten hat ein Jahrhundertunwetter Teile die schillernde Metropole Dubai regelrecht geflutet. Es seien die schwersten Regenfälle seit Beginn der Aufzeichnungen vor 75 Jahren, teilte das Nationale Zentrum für Meteorologie (NCM) am Mittwochabend mit.

Im benachbarten Oman kamen nach den schweren Regenfällen mindestens 18 Menschen ums Leben. In den Emiraten kam Berichten zufolge ein älterer Mann ums Leben, dessen Fahrzeug vom Wasser weggeschwemmt wurde.

Zwei Jahre Regen an einem Tag

Bereits am Montag waren etwa 20 Liter Regen gefallen, am Dienstag registrierte man in Dubai 142 Liter Regen pro Quadratmeter. Dazu kamen Hagel und Sturm. Nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur WAM war das der höchste Wert seit Beginn der Aufzeichnungen 1949.

"Regenbombe" flutet Dubai – die Bilder

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    Am 16. April wurde die arabische Metropole Dubai von noch nie erlebten Regenmengen geflutet. An einem Tag gab es so viel Niederschlag wie sonst in zwei Jahren.
    Am 16. April wurde die arabische Metropole Dubai von noch nie erlebten Regenmengen geflutet. An einem Tag gab es so viel Niederschlag wie sonst in zwei Jahren.
    IMAGO/Bestimage

    Die durchschnittliche Jahresniederschlagsmenge am Flughafen Dubai, einem der geschäftigsten der Welt, liegt bei 94,7 Litern. Innerhalb von 30 Stunden schüttete es damit fast die Niederschlagsmenge von zwei vollen Jahren (!) vom Himmel.

    Folgen von Geo-Engineering?

    "So sieht die Sintflut aus", kommentiert ORF-Meteorologe Daniel Schrott die verstörenden Bilder von beinahe völlig untergegangenen Fahrzeugen auf der Autobahn und spekulierte über die Ursache: "Da haben sie es mit dem Impfen (Cloud Seeding) vielleicht ein bisschen übertrieben".

    Die Vereinigten Arabischen Emirate, die im Schnitt weniger als 100 Millimeter Niederschlag bekommt, setzen seit 2002 auf die künstlichen Abregnung. Der wenige Regen, der normalerweise auf den Wüstenstaat fällt, verdunstet nämlich auch außergewöhnlich schnell. Zudem ist die Rate, in der sich Grundwasser neu bildet, in der Region extrem tief.

    Beim sogenannten "Cloud Seeding" werden die Wolken per Kleinflugzeug mit gewissen Substanzen "geimpft". An diese kleinen Partikel heftet sich die Feuchtigkeit einer Wolke bis Tropfen entstehen, die Gravitation erledigt dann den Rest.

    Die Aussage des Meteorologen Ahmed Habib gegenüber "Bloomberg", wonach in den zwei Tagen vor dem Jahrhundertunwetter gleich mehrere solcher Flüge durchgeführt worden sein sollen, schlug bereits kurz nach der Veröffentlichung hohe Wellen. Es folgten wilde Spekulationen, dass die Emirate womöglich zu viel Gott gespielt und die Katastrophe womöglich künstlich herbeigeführt hätten.

    "Kein Cloud Seeding"

    Das Nationale Zentrum für Meteorologie (NCM), das für diese Regen-Missionen verantwortlich ist, streitet dies gegenüber CNBC in aller Deutlichkeit ab. Weder habe man vor dem Sturm noch währenddessen die nötigen Substanzen für eine Wolken-"Impfung" ausgebracht.

    "Eines der Grundprinzipien des Cloud Seeding ist, dass man die Wolken im Frühstadium anvisieren muss, bevor es regnet. Bei einer schwere Unwetterlage ist es bereits zu spät, um eine Seeding-Operation durchzuführen", stellte der stellvertretende Generaldirektor, Omar Al-Yazeedi, gegenüber dem US-Sender klar.

    NCM-Video: So funktioniert Cloud Seeding (englische Untertitel):

    In den Wochen davor waren die Flieger aber wie immer zahlreich unterwegs. Die Emirate fliegen jedes Jahr mehr als 300 Regen-Einsätze, 2020 waren es 390. Allerdings: Selbst optimistische Schätzungen durch Al-Yazeedi und seine Kollegen schreiben dem Cloud Seeding nur eine beschränkte Wirksamkeit zu.

    In einem Ende 2023 in "Nature" veröffentlichten Artikel rechnen sie vor, dass die Wolken-"Impfungen" die jährliche Niederschlagssumme der Emirate von landesweit rund 6.700 Millionen Kubikmeter nur um 168 bis maximal 838 Millionen Kubikmeter erhöhen könne. Das wäre ein Plus zwischen 2,5 und 12,5 Prozent.

    Heißt: Maximal wurde das Jahrhundertunwetter durch frühere Operationen etwas verstärkt, die für die Region unglaublichen Ausmaße an Regen lassen sich damit nicht erklären.

    Die Ursache der "Regenbombe"

    US-Wetterexperte Jeff Berardelli benennt eine natürliche Hauptursache für die Jahrhundertkatastrophe: "Die massive Regenbombe in Dubai [...] ist auf ein blockierendes [Wetter]lage und einen sich langsam bewegenden südlichen Jetstream mit eingebetteten Störungen zurückzuführen."

    Zur gleichen Zeit war ein Tiefdrucksystem über den Golf von Oman und Persischen Golf hinweggezogen. Durch den Sturm war eine riesige Menge an Staub über der Region in die Atmosphäre gewirbelt worden.

    "Staub ist auch ein Wolkenauslöser, wir nennen ihn Kondensationskerne. Wie kann man also sicher sein, dass die vom Menschen verursachten Wolkenauslöser dafür verantwortlich sind, wenn über dem Gebiet eine Wüste voller Staub schwebt?", hinterfragt Berardelli die vielen "Cloud Seeding"-Spekulationen.

    Auch den Klimawandel könne man nicht außer Acht lassen, erinnert er: Nach Ansicht von Brian Brettschneider wäre einhundertjähriges Niederschlagsereignis in Dubai 61 Liter auf einmal. Am Mittwoch waren es mehr als das doppelte davon. Durch die Klimaerwärmung werden die Regenereignisse stärker, vor allem die bereits von sich aus extremsten Ereignisse."

    "Regen der Güte"

    Trotz der Schäden und der Todesopfer in den Nachbarländern hat Dubais Medienbüro die Niederschläge als "Regen der Güte" beschrieben. Derweil normalisiert sich die Lage langsam, aber sicher wieder. Nach wie vor sind die Rettungskräfte zwar damit beschäftigt, Wasser abzupumpen und weggeschwemmte Autos abzutransportieren, Taxis und auch die Metro haben ihren Betrieb aber bereits wieder aufgenommen.

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      <strong>25.12.2024: Passagier-Flugzeug am Weg nach Russland abgestürzt</strong>. Wie das kasachische Verkehrsministerium berichtet, <a data-li-document-ref="120080242" href="https://www.heute.at/s/passagier-flugzeug-ueber-kasachstan-abgestuerzt-120080242">ist ein Linienflieger aus Aserbaidschan am Weg nach Tschetschenien abgestürzt.</a>
      25.12.2024: Passagier-Flugzeug am Weg nach Russland abgestürzt. Wie das kasachische Verkehrsministerium berichtet, ist ein Linienflieger aus Aserbaidschan am Weg nach Tschetschenien abgestürzt.
      REUTERS
      rcp, 20 Minuten
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