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Wo ist Jewgeni Prigoschin? NATO-Land zittert bereits
Nach seinem Blitzaufstand mit ebenso schnellem Ende ist Wagner-Chef Prigoschin abgetaucht. Er soll ins Exil nach Belarus, Nachbarland Litauen zittert.
Am Sonntagnachmittag gab es immer noch keine Berichte über die Ankunft von Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin in Belarus. Am Samstag wagten er und Söldner seiner Privatarmee Wagner einen Aufstand. Seine Kämpfer steuerten auf die russische Hauptstadt Moskau zu.
Nachdem bekannt wurde, dass sich Prigoschin mit dem belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko auf einen Deal verständigt hatte, waren die Wagner-Kämpfer auf dem Rückweg zu ihren Stützpunkten. Der russische Präsident Wladimir Putin hatte zugestimmt, dass Prigoschin nicht wegen Hochverrats angeklagt werde und ins belarussische Exil gehen könne.
Die im Rahmen einer "Anti-Terror-Operation" verhängten Sicherheitsmaßnahmen waren jedoch am Sonntag in Moskau immer noch in Kraft. Was jedoch noch interessanter ist: Der genaue Aufenthaltsort von Prigoschin war weiterhin unklar.
Bei Rückzug bejubelt
Prigoschin, der während seiner Revolte eine Reihe dramatischer Audio- und Video-Updates veröffentlichte, ist seit der Ankündigung des Kremls, dass er seinen Marsch beenden und Russland verlassen werde, verstummt.
Zuletzt wurde er am späten Samstag in einem Geländewagen gesehen, als er Rostow am Don, wo seine Kämpfer ein militärisches Hauptquartier eingenommen hatten, unter dem Jubel einer Gruppe junger Zivilisten verließ, die ihm durch das Autofenster die Hand schüttelten.
Lastwagen mit gepanzerten Fahrzeugen und Kämpfern an Bord folgten seinem Wagen. Am Sonntagnachmittag gab es immer noch keine Berichte über die Ankunft von Prigoschin in Belarus. Viele andere Fragen blieben offen, darunter die, ob der 62-Jährige in seinem belarussischen Exil von seinen Truppen begleitet werde und welche Rolle er dort gegebenenfalls spielen würde.
Litauen fordert Stärkung der NATO-Ostflanke
In Reaktion hat Litauen jedenfalls eine Stärkung der NATO-Ostflanke gefordert. "Wenn Prigoschin oder Teile der Wagner-Gruppe mit unklaren Plänen und unklaren Absichten in Belarus landen, bedeutet das nur, dass wir die Sicherheit unserer östlichen Grenzen weiter verstärken müssen", sagte der litauische Präsident Gitanas Nauseda am Sonntag nach einer Sitzung des nationalen Sicherheitsrats in Vilnius vor Journalisten.
Das EU- und NATO-Land Litauen grenzt an Belarus. Nauseda betonte aber, dass sich die neuesten Entwicklungen nicht nur auf sein Land auswirkten. "Ich spreche hier nicht nur über Litauen, sondern zweifellos über die ganze NATO." Zugleich kündige Nauseda an, Litauen werde mehr Geheimdienstkapazitäten einsetzen, um Informationen über "politische und sicherheitspolitische Aspekte von Belarus" zu sammeln.
Nauseda empfängt am Montag Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg in Vilnius. Das Treffen dient der Vorbereitung des NATO-Gipfels am 11. und 12. Juli in der litauischen Hauptstadt. Stoltenberg schaut sich am Montag mit dem deutschen Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) auch die Militärübung "Greifsturm 2023" in Pabrade nahe der Grenze zu Belarus an.