Klimaschutz
WM 2022 in Katar – Was wird aus den Stadien?
Die Fußball-Weltmeisterschaft in Katar ist Geschichte. Bereits während des Turniers wurde ein Stadion abgerissen, werden weitere zu weißen Elefanten?
Der Begriff der "weißen Elefanten" steht für teure Bauwerke mit geringem Nutzen, wie sie unter anderem die Weltmeisterschaften in Südafrika, Brasilien und Russland hinterlassen haben. Was wird Katar tun – mit acht Stadien und einer Gesamtkapazität von 380.000 Zuschauern in einem Land mit drei Millionen Einwohnern und einer wenig entwickelter Fußballkultur?
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Sechs der acht WM-Stadien wurden in Katar neu gebaut, eines komplett umgebaut. Eine weitere Nutzung wurde im Rahmen der groß angekündigten "ersten klimaneutralen Fußball-WM" zwar versprochen, Zweifel sind aber mehr als angebracht.
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Architektonisch erinnerten die neuen Stadien an Segelschiffe oder Beduinenzelte, suggerierten Nachhaltigkeit. Das Stadion 974, das aus ebenso vielen Containern bestand, wurde bereits während des Turniers abgerissen.
Mogelpackung Klimaneutralität
Umweltschützer sind sich einig: Die Rechnung zur ausgeglichenen Klimabilanz wird sich nicht ausgehen. Ganz abgesehen von den gigantischen Klimaanlagen, wo ein Monat lang die Stadionluft für Spieler und Fans auf 22 °C runter gekühlt wurde, kam vor allem der Bau der neuen Spielstätten in die Kritik sowie die abenteuerliche CO2-Bilanzierung durch die Veranstalter.
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Selbst bei sehr wohlwollender Schätzung (Berechnungsmethode der FIFA) wurden bei der WM 2022 3,63 Millionen Tonnen CO2 frei gesetzt, also rund 70 Prozent mehr Emissionen als bei der WM 2018 in Russland durch Anreise (v.a. Flüge), Kühlung der Stadien, Bau der neuen Stadien usw. ausgestoßen wurden.
Klimaneutralität wird erreicht, wenn sich der Ausstoß von Treibhausgasen und die Fähigkeit des Ökosystems, diese aufzunehmen, im Gleichgewicht befinden. Das wurde bei der WM in Katar mit Sicherheit nicht erreicht, sind sich Experten einig.
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Wird auch der Nachhaltigkeitsplan abgerissen?
Für die angeblich nachhaltigste WM aller Zeiten haben die FIFA und die Gastgeber einen Vermächtnis-Plan aufgestellt, der die Nachnutzungen der einzelnen Stadien aufweist. Der beruht im Wesentlichen auf Absichtserklärungen, deren Umsetzung noch nicht beurteilt werden kann.
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Das betrifft vor allem das Stadion 974, das aus eben dieser Zahl von bunten Schiffscontainern beim Hafen von Doha errichtet wurde. Laut Plan soll das 40.000 Zuschauer fassende und 700 Millionen Euro teure Stadion vollständig abgerissen werden.
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Alle Bestandteile sollen ebenso wie die demontierten Sitzplätze der verkleinerten Stadien an Entwicklungsländer gespendet werden. FIFA-Präsident Gianni Infantino pries dies gegenüber dem deutschen Nachrichtensender ZDF als "Teil des Vermächtnisses dieser Weltmeisterschaft, der Nachhaltigkeit der Weltmeisterschaft, des Nachdenkens über die Umwelt". Bislang ist allerdings noch kein Abnehmer der Spenden bekannt.
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Auch aus dem Final-Stadion in der Trabantenstadt Lusail, das vom Star-Architekt Norman Foster entworfen wurde, wird der Fußball verschwinden. Die gut 88.000 Plätze werden abgebaut, dafür sollen Schulen, Geschäfte, Cafés, Sporteinrichtungen und Gesundheitskliniken einziehen. Im Vermächtnis-Plan heißt es dazu laut ZDF: "Unterschiedliche Möglichkeiten außerhalb des Fußballs werden geprüft."
Shoppingcenter, Hotels und nebulöse Versprechen
Im Al-Bayt-Stadion, wo unter anderem das Eröffnungsspiel stattfand, wird dagegen nur der Oberrang umfunktioniert. Dort soll ein Shoppingcenter mit angeschlossenem 5-Sterne-Hotel einziehen, für das knapp die Hälfte der 60.000 Sitzplätze abgebaut werden.
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Für die restlichen fünf Stadien weist der Plan eine fußballerische Nachnutzung aus, bei vier von ihnen mit halbierter Kapazität von jeweils 20.000 Zuschauern. Dabei werden nur für das Al Janoub Stadion sowie Ahmad Bin Ali Stadion konkrete Erstliga-Klubs genannt. Beim Al-Thumama Stadion heißt es lediglich: "Zuhause von zwei lokalen Fußballclubs".
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Neben den WM-Stadien gibt es bereits acht weitere Stadien mit bis zu 20.000 Zuschauern für die zwölf Klubs der Qatar Stars Liga. "Sehr wahrscheinlich ist Katar das Land mit der höchsten Stadiondichte der Welt", schreibt die "Süddeutsche Zeitung".
Gänzlich nebulös wird es, wenn die Planung im Education City Stadion neben dem Universitätssport auch die künftige Heimat der Frauennationalmannschaft des Katar vorsieht. Nach einem kurzen Aufbruch ab 2010 ist diese Mannschaft seit 2014 nicht mehr öffentlich in Erscheinung getreten.
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Am klarsten ist die Planung beim Khalifa International Stadion, das als einziges nicht neu gebaut wurde. Dort wird wie seit 1976 die Nationalmannschaft von Katar seine Länderspiele austragen.
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So vage die Nutzungspläne für andere Stadien noch sind, so deutlich ist die offensive Sportstrategie Katars. Neben zahlreichen Einzelevents finden hier 2023 der Asien-Cup im Fußball und 2030 die Asienspiele statt. Das Fernziel lautet wohl Olympische Sommerspiele 2036.
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