Wien
Akutes Gastro-Chaos in Wien – erster Wirt schmeißt hin
Fehlendes Personal treibt Gastronomen aktuell in die Verzweiflung. Ein Wiener Wirt hat nun genug davon. Nach acht Wochen Suche will er zusperren.
"Ich wollte eigentlich noch ein paar Jahre machen", sagt der Wiener Wirt Gerhard Reuberger. Reuberger ist mit 60 Jahren schon ein alter Hase im Geschäft. Mehr als 20 Jahre in der Gastronomie hat der gebürtige Niederösterreicher bereits am Buckel. Abgenommen habe die Leidenschaft für seinen Job mit steigendem Alter aber nie, betont er.
Doch nun will Reuberger, Gastronom mit Leib und Seele, zusperren und sein Lokal im Servitenviertel verkaufen. "Es ist so schwer Mitarbeiter zu finden, das kann man sich nicht vorstellen! So viele haben sich in zwei Jahren Pandemie und zwei langen Lockdowns von der Gastro verabschiedet!", seufzt Reuberger.
Pläne für Lokal fallen ins Wasser
Reuberger verfügt über einen Koch für sein Burger-Lokal. Heuer wollte der Wirt auch ins Mittagsgeschäft einsteigen und dafür einen zweiten Koch anstellen. Doch sein bisheriger Küchenchef wurde krank.
Seitdem sind die Stühle im Burger Lover nach oben geklappt und Reuberger sucht händeringend Personal, um sein Lokal überhaupt wieder öffnen zu können. "Ich suche seit acht Wochen", klagt der 60-Jährige. "Jetzt kann ich nicht einmal den Abend öffnen."
Mehr Stellen heuer offen als vor Pandemie
Die Entscheidung, seine Servierschürze an den Nagel zu hängen, sei im Zuge der vergangenen Wochen in ihm gereift. Wenn auch nicht ohne Wehmut: Er habe das Lokal erst vor drei Jahren renoviert, investiert und neu ausgerichtet, betont der Wiener. "Aber es wird eben nicht leichter."
Laut Daten des AMS sind in Wien aktuell sogar mehr Stellen offen, als noch vor Beginn der Pandemie. Das AMS enthüllt die Zahlen auf "Heute"-Anfrage. So waren in Gastronomie und Beherbungsbetrieben im März 2019 1.438 Stellen frei. Ein Jahr später, als der erste Lockdown verkündet wurde, schrumpfte der Markt in der Gastro und im Hotelgewerbe auf 177 verfügbare Stellen zusammen (März 2020).
Im gleichen Monat des Folgesjahres waren 336 Stellen frei, im heurigen März bereits 2.294. "Es scheint so zu sein, dass nach den Öffnungsschritten nun sehr viele Betriebe gleichzeitig suchen, weswegen der Personalbedarf im Moment enorm ist. Dazu kommt allerdings auch, dass sich viele Beschäftigte in anderen Branchen gewechselt haben", erklärt AMS-Sprecher Sebastian Paulick.
Das fordert Wirt von Politik
Auch in der Wirtschaftskammer weiß man über die Situation Bescheid. Erst vor kurzem berichtete Sparten-Obmann Peter Dobcak in "Heute" von der angespannten Situation.
Für Reuberger verdeutlicht die aktuelle Lage jedoch schlicht die seit langem bestehenden Branchen-Probleme. Er fordert darum: "Lohnnebenkosten runter und Dienstleistungen steuerlich begünstigen".
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