Wien
Wiener Bezirksrätin wurde vom jungen Mann zur Frau
Als Trans-Frau und Bezirksrätin engagiert sich Dominique Mras für die Rechte der LGBTIQ-Community. Mit "Heute" sprach sie über ihre Geschichte.
Dominique Mras fühlte sich nie als Mann. Ständiges Versteckspiel und innere Konflikte prägten die Kindheit und Jugend der heute 32-jährigen. "Ich habe schon früh gemerkt, dass ich anders bin", erinnert sie sich. "Gerade im Teenager-Alter, wo alle Probleme haben, sich selbst zu finden, ist es schwierig, damit klarzukommen. Spätestens in der Pubertät wurde ich mir dann bewusst, was los war."
"Ich war immer schon eine Frau"
Der Teenager kämpfte mit einem enormen Leidensdruck, fühlte sich unwohl in der Sport-Umkleide und traute sich nicht, zu sich selbst zu stehen. Bis der Mut für das Coming Out aufgebracht war, sollte es noch einige Jahre dauern. "Ich habe mich schlussendlich mit 20 Jahren dem Prozess gestellt." Dominique wurde "neu geboren", der junge Mann zur Frau – auch wenn er das eigentlich immer schon gewesen ist, sagt Mras. "Für mich war es nicht so, dass ich plötzlich zur Frau wurde. Das war nichts Neues. Ich habe mich immer so gefühlt. Aber es ist schwierig, Menschen zu erklären, was es bedeutet, wenn man Kämpfe mit dem eigenen Körper ausficht und sich nicht selbst erkennen kann."
Auf das Outing folgte ein bürokratischer Hürdenlauf
Transidentität lautet der Begriff, auf den Mras gerne schon früher gestoßen wäre. Das bedeutet, dass die Geschlechtsidentität mit dem bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht nicht übereinstimmt. "Hätte ich damals fundierte Informationen bekommen, hätte ich mir einiges erspart", so die Politikerin. Denn nach ihrem Outing begann für die junge Frau ein bürokratischer Hürdenlauf – und ein kostspieliges Unterfangen. "Dazu kommt, dass es ein riesiges Defizit an psychischer Versorgung gibt. Die Menschen warten lange, man fühlt sich allein gelassen. Wir haben große Missstände in unserem Gesundheitssystem."
Erst nach und nach outete sich Mras bei Familien und Freunden, war froh, sich nicht mehr verstecken zu müssen. "Ich konnte so sein, wie ich bin". Die Reaktionen? "Unterschiedlich", sagt die 32-jährige. "Natürlich war es für viele anfangs schwierig. Nicht alle haben meine Entscheidung akzeptiert, es gab auch Ablehnung. Aber ich denke, ich hatte Glück. Denn ich habe auch Menschen in meinem Umfeld gehabt, die das verstanden haben."
"Es geht um Hass und Ausgrenzung, nicht um Unisex-Toiletten"
Aus ihren Erfahrungen mit Diskriminierung im gesellschaftlichen und beruflichen Alltag heraus, treten medial oft heiß debattierte Themen für Mras in den Hintergrund. "Ich glaube, Trans-Frauen haben andere Probleme als Unisex-Toiletten", kontert sie auf die Frage, mit welchen Herausforderungen sie im Alltag konfrontiert sei. Auch die Debatte darüber, ob Trans-Personen im Profi-Sport in der Frauenmannschaft aktiv sein sollten, ist für Mras fernab von den realen Problem, mit denen sie zu kämpfen hat: "Es geht um Hass, Gewalt und Ausgrenzung, nicht darum, ob jemand biologische Vorteile hat."
Einem derzeit heißen Thema in Deutschland, ob Jugendliche ab 14 Jahren ihr Geschlecht selbst wählen sollen, steht Mras positiv gegenüber. "Jugendliche sind ab 14 strafmündig, dürfen mit 16 wählen und Alkohol trinken, Entscheidungen über ihre Ausbildung treffen. Ich denke schon, dass sie ab einem gewissen Alter reif genug sind zu entscheiden, wer sie sind." Diese Entscheidung zu treffen und sich zu trauen, das möchte sie jungen Menschen mitgeben, die Ähnliches durchmachen. "Es braucht Mut und Unterstützung. Etwa 10 Prozent gehören laut Schätzungen dieser Gruppe an, wir sind nicht alleine!"
Zur Person
Dominique Mras kam 2016 zur SPÖ und ist heute als einzige Trans-Bezirksrätin am Alsergrund im Team von Bezirksvorsteherin Saya Ahmad tätig. Sie ist gleichzeitig Mitglied im Umwelt-Ausschuss sowie in der Kulturkommission. Im Vorstand der LGBTIQ-Organisation "SoHo" macht sie sich gegen Diskriminierung stark. Hauptberuflich arbeitet Mras als parlamentarische Mitarbeiterin.