Niederösterreich
Wiener (46) lebt am Land: "Gemeinde enteignet mich"
Seit 1960 befindet sich ein Anwesen in Schrambach im Familienbesitz der H.s: Ein Gemeinderat bekam jetzt ein Wegerecht - aus offenbar heiterem Himmel.
Seit 1960 sind rund 60 Hektar Grund mit großem Haus und Pool im Besitz der Familie H.: Die Mutter (73) und vor allem Stefan H. (46) und dessen Tochter (15) aus Wien sind dort nebengemeldet und verbringen gerne und viel Zeit am Land in Lilienfeld.
Forstweg der Familie
Am Grundstück selbst führt ein Forstweg, der durch ein verschlossenes Tor und Beschilderung glasklar als Privatweg gekennzeichnet ist, hinauf in ein Waldstück. Über Jahrzehnte hielt Familie H. diesen Weg in Schuss, steckte viel Geld in die Befahrbarkeit des Forstweges und gewährte Jägern oder Forstarbeitern im Einzelfall und bei guten Witterungsverhältnissen auf Nachfrage Zutritt. Die Hoheit über den Weg sollte dadurch nie in Frage gestellt werden.
Doch nun forderte ein VP-Gemeinderat, der oberhalb des Grundstückes einen kleinen Wald hat, ein Wegerecht ein und bekam prompt vom Bezirksgericht Lilienfeld Recht. "Ich bin eigentlich sprachlos, das sowas möglich ist. Der besagte Gemeinderat hat nie einen Cent zu der Errichtung des Weges anno 1960 oder dann zur Erhaltung beigetragen, war seit 1960 vielleicht 10 Mal nach Erlaubnis von Familie H. in seinem Wald oben. Dafür hat man ihm für diese Einzelfälle Zutritt gewährt. Brisant ist außerdem dass der VP-Gemeinderat sogar zugegeben hat, nie einen Schlüssel für das versperrte Einfahrtstor gehabt zu haben“, so Stefan H.
"Schwerer Eingriff in fremdes Eigentum"
Im letzten Jahr dürfte der VP-Politiker seinen Bestrebungen hinsichtlich Wegrecht intensiviert haben und benützte den Weg einige Male. Vor Gericht brachte der Gemeinderat einige, wenige Zeugen mit, die eine ständige Benützung des Politikers bestätigten, allerdings auch kein Wissen über dessen Abmachung mit Familie H. hatten.
Glaubwürdige und ortsansässige Zeugen von Stefan H. wurden zwar gehört, aber offensichtlich nicht fürs Urteil herangezogen. "Alle Nachbarn inklusive unserer Familie fragen sich, wie so ein Urteil (Anm.: Urteil, Rekurs, Dokumente liegen "Heute" vor) zustande kommen kann. Das ist ein schwerer Eingriff in fremdes Eigentum. Der Weg führt auch an einer Stelle vorbei, wo das Badezimmer wenige Meter davon entfernt ist", so Stefan H.
Die leitende Richterin am Bezirksgericht Lilienfeld wollte den Fall ursprünglich selbst verhandeln, galt dann aber als befangen. „Weil sie den Gemeinderat als sympathischen Bekannten (wörtliche Bezeichnung im Beschluss!) bezeichnete. Also verhandelte eine ihr untergebene Richterin, die sichtlicherweise nicht gegen den Willen der Chefin entschieden hat.“ Der Wiener legte Rekurs ein, der Fall liegt jetzt beim Landesgericht Sankt Pölten. Dort wollte bzw. konnte man den komplexen Fall nicht kommentieren. Auch der Gemeinderat selbst gab bis dato keine Stellung ab.
Unsicherheit bei Nachbarn
Stefan H. befürchtet nun in weiterer Folge, sollte dem Rekurs nicht stattgegeben werden, Haftungsthemen bei Unfällen, weiteren Streitereien bez. der Wegeinstandhaltung und Störung der Privatsphäre ausgesetzt zu sein. „Auch die Nachbarschaft ist inzwischen sehr verunsichert, wie man mit Gefälligkeiten umgehen soll. Ein Ansturm zu den örtlichen Anwälten ist vorprogrammiert“, so Stefan H.
Bereits vor gut zehn Jahren hatte die Familie behördliche Willkür zu spüren bekommen. Ein Nachbar hatte die Grundstücksgrenzen neu vermessen lassen und dazu einen befreundeten Vermessungstechniker beauftragt. Das Ergebnis: Die Familie H. verlor rund drei Hektar Grund. "Wir sind ja nur die zua`grasten Weaner", meint auch die Mutter von Stefan H. und verweist auf den Grafenwörther Fall rund ums umstrittene "Mini-Dubai"-Projekt von VP-Bürgermeister Alfred Riedl. "Mit den richtigen Kontakten ist im Land NÖ offenbar vieles bis alles möglich", so Mutter und Sohn unisono.
Übrigens: Der Gemeinderat kann seinen Wald auch über eine öffentliche Straße erreichen.