Wien
Wien-Vize zu Abschiebungen: "Muss mich schämen"
Die politische Front gegen die Abschiebungen, die in der Nacht auf Donnerstag vollzogen wurden, stößt auf politische breite Ablehnung.
Drei Schülerinnen aus Wien und Niederösterreich wurden in der Nacht auf Donnerstag nach Georgien beziehungsweise Armenien abgeschoben. Darunter die 12-jährige Tina, die fast ihr ganzes Leben in Österreich verbracht hat. Bis zur letzten Minute hatten Freundinnen, Eltern und Lehrer gegen die Abschiebung demonstriert. Aktivisten und Freiwillige schlossen sich den Protesten, die bis in die Morgenstunden dauerten, an. Die Abschiebung wurde dennoch vollzogen, eine Sitzblockade der Demonstranten aufgelöst.
Kritik gibt es für den Polizeieinsatz aus fast allen politischen Lagern. Bundespräsident Alexander Van der Bellen fragt in einem Statement, das am Donnerstagnachmittag publik wurde, ob es nicht eine "menschliche Lösung" in diesem Fall gegeben hätte. Auch dessen Parteifreund aus früheren Tagen und nunmehriger Vizekanzler Werner Kogler (Grüne), verurteilte die Abschiebung, hielt fest, dass es "keine zwingende rechtliche Verpflichtung zur Abschiebung von Schulkindern" gebe.
Stadt-Parteien mit Resolution
Dass die Grünen nicht glücklich über die Abschiebungen sind, dürfte niemanden überraschen, die Kommunikation als Regierungsmitglied freilich bleibt schwierig. Mit Vertretern der SPÖ und Neos meldeten sich am Donnerstag auch zwei weitere Parteien zu Wort, die ebenfalls gegen die Vorgehensweise wetterten.
Die beiden in der Wiener Stadtregierung vertretenen Parteien forderten im Gemeinderat die Bundesregierung via Resolutionsantrag auf, "sich zum humanitären Bleiberecht zu bekennen". Außerdem sollen "diese grausamen Abschiebungen" zurückgenommen werden. Die Wiener Grünen unterstützen den Appell ebenfalls.
"Wenn ich weiß was gestern Nacht in dieser Stadt passiert ist, dann muss ich mich schämen", erklärte Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr von Neos. Ähnlich sah dies am Donnerstag auch Parteikollegin und Klubchefin Bettina Emmerling. Die Regierung sei rechtlich auf der "sicheren Seite", "moralisch und politisch" sei die Aktion allerdings eine "Bankrotterklärung von ÖVP und den Grünen". Kritik gab es auch seitens der SPÖ - Christian Oxonitsch zeigte sich schockiert darüber, "perfekt integrierte Kinder" in ein fremdes Land abzuschieben. Mit Christlichkeit und Nächstenliebe habe das überhaupt nichts zu tun, ergänzte Parteikollege Marcus Gremel.
Neben der ÖVP begrüßte einzig die FPÖ das Vorgehen. Wien-Chef Dominik Nepp zeigte sich dennoch erzürnt über das "Behördenversagen". Die Familie habe den Behörden über zehn Jahre auf der Nase herumgetanzt. Dass dies möglich sei, sei "bezeichnend für den desaströsen Zustand des ÖVP-Innenministeriums".
Bei der Solidaritätskundgebung mit von der Partie war übrigens auch Simmering-Bezirksrat Marco Pogo von der Bierpartei. Er bekam eine Strafe aufgebrummt, weil er im Zuge der Demonstration seine Notdurft verrichtete.