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Wie einst Messi – Rätsel um Thiems Übelkeit am Platz
Dominic Thiem musste sich vor seinem US-Open-Sieg übergeben. Sein Bruder Moritz spricht von einer Gastritis. Die Ursache könnte Leistungsdruck sein.
6:3, 6:2, 6:4! Dominic Thiem fertigte am Montagabend in der ersten Runde der US Open den Kasachen Alexander Bublik ab. Der Auftaktsieg überraschte vor allem aufgrund der Deutlichkeit. Schließlich hatte Dominic Thiem vor einer Woche noch in Winston-Salem krankheitsbedingt absagen müssen, auch in New York offenkundig noch Probleme.
Thiem würgte am Platz
Thiem musste sich vor dem Match übergeben. Er würgte, er musste noch einmal vom Platz. Der Schiri fragte nach, ob es ihm gut genug gehe. Die sportliche Antwort: Ja! Dennoch machen sich Fans im Vorfeld der Zweitrundenpartie am Mittwoch gegen Ben Shelton (US) Sorgen.
Bruder und Manager Moritz hatte nach der Winston-Salem-Absage ausgeplaudert: Thiem leide an "einer Art Gastritis". Heißt: eine Entzündung der Magenschleimhaut. Diese kann viele Ursachen haben, auch chronisch verlaufen. Häufige Auslöser sind falsche Ernährung und Stress.
Thiem schweigt zu Übelkeit
Von Letzterem hat Thiem jedenfalls mehr als genug. Nach seinem US-Open-Triumph 2020 fiel die einstige Nummer drei der Welt spätestens mit seiner Handgelenksverletzung in ein tiefes Loch. "Es war meine erste schwerwiegende. Ich konnte zehn Monate nicht ordentlich trainieren. Das Handgelenk ist für mein Spiel sehr wichtig. Es brauchte einfach Zeit", erinnerte der Lichtenwörther am Montag nach seinem Sieg auf dem Court in Flushing Meadows.
Von der Übelkeit war ihm nach dem deutlichen Drei-Satz-Erfolg nichts mehr anzumerken. Sein Strahlen spiegelte die Erleichterung über den ersten Grand-Slam-Matchsieg seit Jänner 2021 bei den Australian Open wider – das Ende einer langen Durststrecke. Knackpunkt: der Finaleinzug in Kitzbühel dieses Jahr. Dieser habe ihm gezeigt, dass er sein Spiel wieder zurückhabe, erklärte Thiem nun in New York.
Über die "Gastritis" und die besorgniserregenden Momente am Beginn des Matches verlor er kein Wort. Nach der knapp zwei Stunden langen Partie wurde Thiem nicht auf seine Magenprobleme angesprochen, verspürte er auch selbst kein Bedürfnis, darüber zu sprechen.
Als Messis Magen rebellierte
Damit geht das Rätseln weiter. An dieser Stelle sei deutlich gesagt: Eine Ferndiagnose ist unmöglich. Thiem selbst ging bisher nicht auf seine Beschwerden ein.
Das neue Gesundheitsproblem weckt jedenfalls Erinnerungen an andere Größen des Sports. Thiem ist mit seinen Magenbeschwerden nicht alleine. Vor knapp zehn Jahren sorgte sich die Sportwelt um niemand Geringeres als Superstar Lionel Messi. Der heute siebenfache Weltfußballer musste sich mit Mitte 20 regelmäßig auf dem Feld übergeben.
Monatelang machten Bilder und Videos des Barca-Angreifers die Runde, wie er vorne übergebeugt auf den Rasen spuckte. Die Ursache war ihm selbst lange ein Rätsel. Später sollte er aufklären, dass eine zu fettige Ernährung Ursache für die Magen-Verstimmungen war. Weniger Pizza, mehr Fisch – Messi hatte seither nie wieder mit der regelmäßigen Übelkeit zu kämpfen.
Möglich, dass auch der hohe psychische Druck eine Rolle spielte. Es war jenes Jahr, in dem die Hoffnungen einer ganzen Nation auf den Schultern des wohl besten Fußballers seiner Generation ruhten. Argentinien zog ins Finale der Weltmeisterschaft 2014 ein, musste sich dort Deutschland bekanntlich in der Verlängerung geschlagen geben. Messi spuckte auch im Finale auf den Rasen…
Verdauungs-Probleme vor Spielen
Viele Profis haben mit solchen und ähnlichen Problemen zu kämpfen. Die wenigsten reden offen darüber. Ex-Arsenal-Profi Per Mertesacker tat dies beispielsweise erst nach seinem Karriereende. Der Deutsche offenbarte, er habe vor jedem Match auf die hohe Erwartungshaltung mit Brechreiz und Durchfall reagiert, "als sei das, was dann kommt, symbolisch gesprochen, einfach nur zum Kotzen".
Der damalige Chelsea-Profi Andreas Christensen (heute Barca) checkte vor dem FA-Cup-Finale 2022 gegen Liverpool (5:6 im Elfmeterschießen) aus dem Teamhotel aus. Er konnte wegen nicht näher definierten Problemen nicht spielen. Brisant: Ex-Trainer Maurizio Sarri hatte drei Jahre zuvor ausgeplaudert: "Sie wissen sehr gut, dass Christensen an Spieltagen immer Bauchschmerzen hat. Ich kenne den Grund nicht, aber er ist immer sehr nervös."
Neuer Mental-Coach für Thiem
Die Erwartungshaltung an Thiem ist nach wie vor riesig. Er gewann vor drei Jahren als erst zweiter Österreicher nach Thomas Muster ein Grand-Slam-Turnier, war als Nummer 3 der Welt hinter den alternden Top-Stars für viele bereits neben Spielern wie Alexander Zverev und Stefanos Tsitsipas der logische Nachfolger an der Spitze. Stattdessen folgte ein Formtief, die Verletzung, der lange Weg zurück – gepflastert mit gescheiterten Comeback-Versuchen, zahlreichen Rückschlägen und personellen Änderungen im Team-Thiem.
Ein Zeichen, dass der Druck auf Österreichs Tennis-Aushängeschild enorm ist, ist die Personalie Andreas Marlovits. Der Mental-Coach betreut den Niederösterreicher seit Kitzbühel bei ausgewählten Turnieren. Er sitzt auch im "Big Apple" neben Trainer Benjamin Ebrahimzadeh auf der Tribüne, ballte gegen Bublik ob der starken Thiem-Leistung immer wieder die Faust.