"Glattauer gibt Noten"

25 Bewerbungen für Lehrer-Job – keine einzige Einladung

40 Schulen in Wien  haben keinen richtigen Direktor, bemängelt Kolumnist Niki Glattauer. Ein blauer Bildungsminister wäre ein "Salto rückwärts".

Niki Glattauer
25 Bewerbungen für Lehrer-Job – keine einzige Einladung
Viele Schulen in Wien haben keinen Direktor.
iStockphoto (Symbolbild)

Da rede ich nicht herum: Was Schule angeht, ist das Scheitern von Türkis-Rot-Pink keine wirklich gute Nachricht. Wieder ein türkiser Bildungsminister? Totalstillstand. Oder ein blauer? Nur noch Salti rückwärts.

Wer will mich? 40 Schulen ohne Direktor!

Wie ich höre, wäre selbst bei Türkis-Rot ein neues Schulfach "Demokratie" und ein zweites Kindergarten-Pflichtjahr "in trockenen Tüchern" gewesen. Fragt sich, ob jemand diese Tücher aufklauben will. Letztlich würden sie ohnehin nur der Verhüllung dienen, wenn sonst alles beim Alten bleibt. Wenn man z.B. unsere Schulklassen aus Personalnot mit halbgaren Studenten bestückt oder Quereinsteiger nicht gemäß ihrer Qualifikation einsetzt, sondern zum Stopfen ins nächstbeste Loch steckt... Bezeichnend, dass sich keiner mehr findet, der eine Schule leiten will. Von den Wiener Grünen bekomme ich die Info, dass aktuell gleich 40 (!) Wiener Pflichtschulen nur "interimistisch" geleitet werden. Seit 2019 mussten 149 (!) Schulen ausgeschrieben werden. Für 103 von diesen fanden sich 0 oder 1 Bewerber…

Klasse Job: 25 Mal beworben – kein Gespräch!

Da ließ sich ja der Bildungsminister für seine Quereinsteiger-Initiative "Klasse Job" zum Jahreswechsel noch groß abfeiern: tolle Zahlen, alles palletti (ORF und "Krone" gingen ihm auf den Leim), aber die Praxis sieht so aus: Herr S., Quereinsteiger mit fertigem Geschichte-Studium, bewirbt sich über das Portal "Get your teacher". "Mein Geschichte-Studium wurde mir ohne Angaben von Gründen nicht angerechnet, immerhin hatte ich nach vier Monaten ein Zertifikat als Deutsch-Muttersprachenlehrer." Und dann: "25 Bewerbungen an Schulen führten zu keinem einzigen Vorstellungsgespräch, zumeist gab es nicht einmal eine Absage. Inzwischen habe ich aufgegeben."

Noch "lustiger" erging es Frau B. Ihr Mail an mich beginnt so: "Sehr viel verdanke ich einer tollen Lehrerin, die später Vizebürgermeisterin in Wien wurde – Grete Laska. Sie lehrte uns, alles zu hinterfragen. (…) Ich dachte, für meine letzten 10 Berufsjahre wäre es genau das Richtige, mein Wissen an die zukünftige Generation weiterzugeben."

"Heute"-Kolumnist Niki Glattauer war Lehrer und Schuldirektor in Wien.
"Heute"-Kolumnist Niki Glattauer war Lehrer und Schuldirektor in Wien.
Sabine Hertel

Und deswegen wurde Frau B. abgelehnt:

Jetzt muss man wissen: Frau B. ist fürwahr nicht dahergelaufen. Sie hat HAK-Matura, den Lehrabschluss Floristik, eine Fremdenführer-Ausbildung, ein Studium an der WU und ist Funktionärin in der Wirtschaftskammer Österreich, wo sie auf 24 Jahre Pressearbeit in der Floristik-Branche verweisen kann. Frau B. gab sich also einen Ruck und startete über bmbwf.gv.at das online-Anmeldeprozedere für eine Stelle in einer Wiener Mittelschule. Sie verfasste Lebenslauf, Motivationsschreiben und sandte wie gefordert auch ein Video ein, "eines über Maroni-Brater, das auch schon im ORF gelaufen ist". Binnen weniger Tage kam die Antwort: "(…) musste Ihr Antrag abgelehnt werden (…)". Der Grund – und jetzt halten Sie sich bitte an, liebe Leserinnen und Leser:

"...fehlende Allgemeinbildung" Zum Glück hat Frau B. das Hinterfragen gelernt!

Gesamtnote: Nicht genügend

Glattauer gibt Noten
Niki Glattauer war 25 Jahre Lehrer und Schuldirektor in Wien. Er hat bisher 13 Bücher veröffentlicht, alle zum Thema Schule wurden Bestseller. Jeden Montag vergibt er in einer Kolumne für "Heute" Schulnoten. Mail bitte an: [email protected]
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    Auf den Punkt gebracht

    • Der Artikel kritisiert die aktuelle Bildungspolitik in Österreich und hebt hervor, dass viele Schulen ohne Direktor dastehen und es an qualifizierten Lehrkräften mangelt.
    • Trotz Initiativen wie "Klasse Job" scheitern Quereinsteiger oft an bürokratischen Hürden und mangelnder Anerkennung ihrer Qualifikationen, was zu einer prekären Situation im Bildungssystem führt.
    NG
    Akt.