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"Wenn Trump 2024 nicht gewählt wird, töten wir Sie"

Eine Texanerin bedrohte massiv die Bundesrichterin, die Trumps Prozess in Washington führt. Dem Ex-Präsidenten dürfte das recht sein.

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<strong>Tanya S. Chutkan</strong>: Das Los erteilte ihr die Aufsicht über das Bundesverfahren gegen Donald Trump wegen des Versuchs, das Wahlergebnis von 2020 zu kippen.
Tanya S. Chutkan: Das Los erteilte ihr die Aufsicht über das Bundesverfahren gegen Donald Trump wegen des Versuchs, das Wahlergebnis von 2020 zu kippen.
HANDOUT / AFP / picturedesk.com

"Wir haben Sie im Visier, wir wollen Sie töten", drohte eine 43-jährige Texanerin der Bundesrichterin, die Trumps Prozess in Washington führt. "Wenn Trump 2024 nicht gewählt wird, werden wir kommen, um Sie zu töten, also sei vorsichtig, Schl**pe. Du wirst persönlich ins Visier genommen, öffentlich, deine Familie, all das."

Abigail Jo Shry (43) aus Alvin, Texas, hinterliess eine mit Drohungen und rassistischen Beleidigungen gespickte Sprachnachricht in der Kanzlei von Tanya S. Chutkan. Dies, nachdem die Bundesrichterin in Washington zwei Tage zuvor Anklage wegen Wahlbeeinflussung gegen Donald Trump erhoben hatte.

Das geht aus der Strafanzeige hervor, mit der sich Shry jetzt konfrontiert sieht.

"News, während sie zu viel Bier trinkt"

Als das FBI Shry wegen der Drohung befragte, gab diese zu, die Sprachnachricht hinterlassen zu haben. Sie habe aber nicht vor, nach Washington oder Houston zu fahren, wo die Bundesrichterin tätig ist. Sollte indes Sheila Jackson Lee, eine demokratische Kongressabgeordnete aus Texas, in ihre Heimatstadt Alvin kommen, "dann müssen wir uns Sorgen machen", soll Shry dem FBI gesagt haben.

Shrys Vater Marc versuchte, die Drohungen der 43-Jährigen zu relativieren. Seine Tochter sei eine "gewaltlose Alkoholikerin", die "täglich auf ihrer Couch sitzt und die Nachrichten schaut, während sie zu viel Bier trinkt". Dann rege sie sich oft auf und beginne, "Leute anzurufen und sie zu bedrohen".

Aggressive Trump-Anhänger

Doch das Bundesbezirksgericht in Houston blieb hart und verweigerte der Texanerin am Mittwoch eine Kaution. Nach einer Haftanhörung wurde sie für mindestens 30 Tage in Gewahrsam genommen.

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    Proteste von Donald-Trump-Fans und -Gegnern vor dem New Yorker Gerichtsgebäude, wo dem früheren US-Präsidenten am 4. April 2023 die Anklageschrift im Fall um mutmaßliche Schweigegeldzahlungen und eine Affäre mit dem Pornostar Stormy Daniels verlesen wird.
    Proteste von Donald-Trump-Fans und -Gegnern vor dem New Yorker Gerichtsgebäude, wo dem früheren US-Präsidenten am 4. April 2023 die Anklageschrift im Fall um mutmaßliche Schweigegeldzahlungen und eine Affäre mit dem Pornostar Stormy Daniels verlesen wird.
    REUTERS

    Es ist nicht das erste Mal, dass Trump-Anhänger auf die Folgen von dessen Schwierigkeiten mit dem Gesetz aggressiv reagieren, mitunter mit tödlichen Folgen.

    Als das FBI letztes Jahr in Trumps Anwesen Mar-a-Lago eine Reihe von Geheimdokumenten beschlagnahmte, erboste das einen Mann aus Ohio derart, dass er bewaffnet in eine FBI-Außenstelle einbrach. Er wurde bei einem Schusswechsel mit der Polizei getötet.

    "DANN VERFOLGE ICH DICH!"

    Der Ex-Präsident trägt mit seinen Botschaften auf seiner Social-Media-Plattform Truth Social wenig zur Deeskalation bei, im Gegenteil: Trump liebt die Verbalattacken gegen Richter und andere Personen, die in Strafverfahren gegen ihn verwickelt sind. "WENN DU MICH VERFOLGST, VERFOLGE ICH DICH!", postete er an die Adresse von Richterin Chutkan, als er in Washington angeklagt wurde. Oder: "Sie will mich offensichtlich hinter Gittern sehen. SEHR VOREINGENOMMEN UND UNFAIR."

    Tanya S. Chutkan: Besonders harte Urteile
    Der Fall wurde Bundesrichterin Tanya S. Chutkan per Zufallsprinzip zugewiesen. Die 61-Jährige stammt aus Jamaika und studierte in Washington und Philadelphia Jura. 2013 nominierte der damalige US-Präsident Barack Obama sie als Bundesrichterin, 2014 wurde sie vom Senat bestätigt und trat ihren Posten am Bundesgericht in Washington an.
    In den vergangenen Monaten leitete die zweifache Mutter bereits mehrere Verfahren gegen Randalierer, die am gewaltsamen Sturm auf das Capitol beteiligt waren. Sie tat sich dabei mit besonders harten Urteilen hervor.

    Auf Richterin Chutkan ist Trump ohnehin schlecht zu sprechen. Immerhin war sie es, die im November 2021 darüber entschied, ob der Ex-Präsident dem Untersuchungsausschuss zur Attacke auf das US-Capitol auch nach seiner Amtszeit Regierungsdokumente vorenthalten durfte – auf Basis von Sonderrechten eines Präsidenten.

    Legendärer Satz

    Chutkan entschied damals: Nein, das dürfe er nicht. In ihrer Begründung schrieb die Juristin den legendären Satz: "Präsidenten sind nicht Könige, und der Kläger ist nicht Präsident." Nun wird Chutkan in viel größerem Ausmaß über Trump und dessen Gebaren zu entscheiden haben: in einem der wohl bedeutendsten Verfahren der US-Geschichte mit Blick auf die verfassungsrechtliche Ordnung des Landes.

    Trump ist angeklagt im Zusammenhang mit versuchtem Wahlbetrug und der Attacke seiner Anhänger auf das US-Capitol am 6. Januar 2021. Es geht um seinen monatelangen Feldzug gegen den Ausgang der Präsidentenwahl 2020, der damals in dem Angriff auf den Kongresssitz in der US-Hauptstadt gipfelte.

    Dem 77-Jährigen wird unter anderem eine Verschwörung gegen die Vereinigten Staaten zur Last gelegt. Derart schwerwiegende strafrechtliche Vorwürfe gegen einen Ex-US-Präsidenten gab es noch nie.

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