Österreich
Kritik an Politik vom Leiter des Gesundheitszentrums
Am Montag eröffnete das erste Primärversorgungszentrum in NÖ: Beim Lokalaugenschein in Böheimkirchen ist von der politischen Aufbruchsstimmung wenig zu merken.
Als neue Ära und bahnbrechendes Konzept in der medizinischen Versorgung werden die Primärversorgungszentren (PVZ) präsentiert, das österreichweit erste eröffnete jetzt in Böheimkirchen (Bez. St.Pölten). Fünf Ärzte arbeiten dort jetzt mit drei Physio-, einem Psychotherapeuten, einem Sozialarbeiter und diplomierten Pflegekräften zusammen. Das Ärztezentrum gab es bereits, neu sind das erweiterte Personal und die längeren Öffnungszeiten.
Beim "Heute"-Lokalaugenschein vor Ort ist von der medialen Euphorie aber wenig zu merken. "Die PVZ sind nicht die Lösung, als die sie gefeiert werden. Damit wird nur von den eigentlichen Problemen abgelenkt. Der dualen Finanzierung, der dadurch entstehenden Zwei-Klassen-Medizin und die immer schlechter werdenden Verträge für die Ärzte", sagt ausgerechnet Dr. Christoph Powondra, der das PVZ in Böheimkirchen leitet.
An der Kapazitäts-Grenze
Auch mit der medialen Aufmerksamkeit ist er wenig glücklich. "Natürlich sind die Möglichkeiten, die wir durch die neuen Mitarbeiter haben toll. Aber wir haben nur begrenzte Kapazitäten. Wir wollen auf keinen Fall den Ärzten aus der Umgebung die Patienten wegnehmen und können das auch gar nicht, wir müssen jetzt schon manchmal Menschen wegschicken, die von weit ausserhalb kommen und bei uns Patient werden wollen. Ausgenommen natürlich in Erste Hilfe fällen", so Powondra.
Die PVZ seien grundsätzlich nicht schlecht, aber nur für die direkte Region. "Wir können voraussichtlich auch keine langfristigen Therapien anbieten, es ist viel mehr als Akuttherapie für maximal einige Wochen gedacht, bis für chronische Fälle ein Platz für die Langzeittherapie gefunden wurde", erklärt der Mediziner. Die bis 2021 geplanten 14 Einrichtungen in NÖ seien ohne Aussenfinanzierungen schwer zu realisieren. Wenn das Grundkonzept wirklich funktionieren solle, brauche es außerdem allein in NÖ über 100 PVZ.
Auch was die weitere Umsetzung der geplanten PVZ betrifft, ist Powondra skeptisch: "Unserer Struktur war das Pilotprojekt quasi 'auf den Leib geschneidert', daher konnten wir es zügig umsetzen. Prinzipiell ist es sinnvoller, bestehende Strukturen, die mit in Primärversorgung bestens erfahrenen Kollegen jetzt schon besetzt sind, endlich zu unterstützen. Wie das von der Politik schon seit 25 Jahren versprochen, aber nicht umgesetzt wird. Auch dort könnte die wertvolle interdisziplinäre Zusammenarbeit gefördert werden."