Kein Ersatzquartier

Wegen Baustelle – "Wir mussten aus Staubhölle flüchten"

Statik-Probleme machen Arbeiten im Miet-Reihenhaus von Wolfram G. und Elisabeth K. nötig. Doch das Haus ist laut dem Paar eine Staubhölle.
Christine Ziechert
01.04.2025, 06:15

Wolfram G. (47) lebt gemeinsam mit seinem Sohn (12), seiner Lebensgefährtin Elisabeth K. (48) und deren Tochter (16) in einem Genossenschafts-Reihenhaus in der Sonnergasse (Meidling). Doch schon länger bereiten dem Paar statische Probleme Sorgen: "Das Haus rutscht ab, Risse werden immer größer. Die tragenden Dachbalken brechen schon, sie werden nicht mehr lange halten. Bis jetzt gab es aber nur kosmetische Reparaturen", meint Wolfram G. zu "Heute".

Ein Statik-Gutachten ergab, dass Arbeiten im Außen- und Innenbereich notwendig sind. Die Außenarbeiten wurden im November und Dezember des vergangenen Jahres durchgeführt. Am 30. Jänner 2025 gab es eine Begehung des Hauses durch den Statiker und der ausführenden Baufirma, um die Innenarbeiten zu besprechen: "Der Baumeister hat uns versprochen, dass es keine bzw. nur minimale Einschränkungen geben wird. Wir wurden im Unklaren gelassen, wie stark die Beeinträchtigung tatsächlich ist", berichtet der Hochschullehrer.

Stemmarbeiten im Erdgeschoß

Am 13. März kamen schließlich die Arbeiter, rissen in einem ersten Schritt den Parkettboden heraus und stellten Staubmauern auf. Am 17. März startete dann der offizielle Bau-Beginn: Mauern im Vorzimmer, in der Küche und in einem Abstellraum unter der Treppe wurden aufgestemmt, mehrere Löcher gegraben.

Laut der Gemeinnützigen Siedlungs-Genossenschaft Altmannsdorf und Hetzendorf (AH) wurde eine Staubschutz-Anlage aufgebaut, die "laut Aussage der Baufirma täglich von Arbeitsbeginn bis zum Arbeitsende in Betrieb war, auch über die Mittagspause", heißt es seitens der AH.

„Es war und ist eine Staubhölle. Es ist unmöglich, drinnen zu wohnen“
Wolfram G.Musste aus Reihenhaus ausziehen

Dennoch war die Staubbelastung enorm: "Es war und ist eine Staubhölle, wir mussten flüchten. Es ist unmöglich, drinnen zu wohnen. Meine Lebensgefährtin und ihre Tochter, die eine chronische Allergikerin ist, waren wegen schwerer Atembeschwerden in den ersten Tagen, als sie noch im Haus waren, auch in ärztlicher Behandlung. Die Ärztin hat bestätigt, dass die Baustelle aus gesundheitlichen Gründen nicht zumutbar ist. Aber selbst als Nicht-Allergiker kann man kaum atmen", erklärt Wolfram G.

Attest der Ärztin, dass die Baustelle aus gesundheitlichen Gründen nicht zumutbar ist.
Getty Images, zVg

Die Patchwork-Familie verließ fluchtartig das Haus: Elisabeth K. und ihre Tochter mieteten sich kurzfristig in der Wohnung einer Bekannten ein, Wolfram G. übernachtet zeitweise in seinem Büro. Auch die Hausverwaltung (gehört zur AH) wurde am 18. März über die Allergie informiert: "Wir halten ausdrücklich fest, dass wir bis zu der Nachricht keine Kenntnis davon hatten, dass unter den Bewohnern des Hauses eine Allergikerin ist. Andernfalls hätten wir das in der Planung berücksichtigt", erklärt dazu die AH.

Kein Ersatzquartier für Familie

Ein Ersatzquartier wird der Familie von der AH allerdings nicht zur Verfügung gestellt: "Üblicherweise möchten die Nutzer in derartig gelagerten Fällen lieber mit den auftretenden Einschränkungen und Belastungen im Haus leben, als vorübergehend auszuziehen und das Haus gänzlich unbeaufsichtigt zu lassen. Wir haben das Thema Ersatzwohnung aus den oben erwähnten Gründen nicht mit der Nutzerin besprochen, auch, weil wir über keine Ersatzwohnung verfügen", begründet die Genossenschaft ihre Entscheidung.

Die AH bedauert "die bei solchen Baumaßnahmen zwangsläufig auftretenden Beeinträchtigungen" und erklärt: "Der Nutzerin steht während der Bauzeit selbstverständlich eine Mietzinsreduktion zu." Im Fall von Elisabeth K. macht die Reduktion 144,91 Euro aus, denn laut AH wurde der 48-Jährigen von der Baufirma ein Fertigstellungs-Termin am 27. März genannt. Wolfram G. bestreitet das: "Leider wurde uns kein Fertigstellungstermin genannt. Abnahmetermin oder Begehung wurden auch keine vereinbart."

„Es ist kein Ende der Arbeiten in Sicht, das Ganze kann noch Wochen dauern“
Wolfram G.ist verzweifelt

Beendet wurden die Bauarbeiten am 27. März übrigens nicht: "Der Beton der Bodenplatte ist noch nass, die Wände noch nicht verputzt. Zudem muss die Platte noch einmal gegossen werden, da der Beton ungleichmäßig verteilt wurde, ein Verlegen des Parketts ist somit nicht möglich. Es ist kein Ende der Arbeiten in Sicht, das Ganze kann noch Wochen dauern", ist Wolfram G. verzweifelt.

Der 47-Jährige und seine Lebensgefährtin nahmen nochmals mit der Hausverwaltung Kontakt auf, um eine einvernehmliche Lösung zu finden – ohne Ergebnis: "Eine Kostenübernahme für ein Ersatzquartier oder eine Reinigung aufgrund des Feinstaubes wurde nicht angeboten. Wir werden wohl klagen müssen." Neben einem Rechtsanwalt hat Wolfram G. auch den Österreichischen Verband gemeinnütziger Bauvereinigungen (GBV) eingeschaltet, dieser wird eine interne Untersuchung einleiten.

{title && {title} } cz, {title && {title} } Akt. 01.04.2025, 07:06, 01.04.2025, 06:15
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