Spiele-Test
"Wantless: Solace At World’s End" verdreht den Kopf
"Wantless: Solace At World’s End" ist nicht nur ein hervorragendes, taktisches Rollenspiel, sondern auch für Plot-Twists ohne Ende gut.
Entwickler Drop Rate Studio und Publisher Twins Sails Interactive schicken das taktische Rollenspiel "Wantless : Solace at World’s End" für PC auf Steam in den Early Access. Die Geschichte erinnert an den Film "Inception", allerdings weitaus düsterer und sogar mit noch mehr Plot-Twists versehen. Spieler schlüpfen in die Rolle des Arztes Eiris, der einer der letzten "Transposers" ist, die in das Bewusstsein ihrer Patienten eindringen und dort Traumata kurieren oder qualvolle Erinnerungen komplett löschen können. Und genau das lässt euch das Gameplay auch machen: In den gruseligen Gedanken von gebrochenen Personen sollen wir gegen den Horror des Geistes antreten.
Das Konzept ist sensationell, der Einstieg allerdings in der Early-Access-Version noch etwas holprig. So gibt es eine Videosequenz, die die Situation kurz erklärt, bevor ein umständliches Tutorial die Spieler empfängt. Nicht falsch verstehen, das Tutorial bringt euch die Hauptfigur, erste Gegner und die Grundlagen des Gameplays bei, könnte sich aber etwas motivierender anfühlen. In der jetzigen Form gräbt sich der Spieler durch lange Beschreibungstexte – und wer diese nur rasch überfliegt, verpasst wirklich wichtige Mechaniken. Die Grundlage des Gameplays bilden wie in rundenbasierten Kampfspielen üblich die "Action Points", mit denen man Attacken und Fähigkeiten auslösen kann.
Cooler Twist macht Gegner-Beobachtung zur Pflicht
Statt aber wie andere Games nur Action-Punkte zu investieren und danach den Gegenschlag des Feindes abzuwarten, führt "Wantless: Solace At World’s End" eine coole, neue Mechanik ein. So bekommt der Gegner genau die Anzahl an Action Points, die wir in unserem Zug verwendet haben, auch in seinem Zug zur Verfügung gestellt. Schnell zeigen sich die Besonderheiten dieses Systems, denn wir können taktisch gezielt eine Großattacke starten oder aber auch mit nur wenigen Zügen dem Feind die Möglichkeit nehmen, seinerseits breitflächig angreifen zu können. Vor allem aber ermöglicht dieses System, mit stärkemäßig unterlegenen Einheiten dennoch Erfolge feiern zu dürfen.
Direkt nach dem Tutorial finden sich Spieler auch schon in ihrem Hub wieder, der sich als hochmoderne, mobile Gedankenklinik zeigt. Und es ist auch der Ort, an dem die zweite Besonderheit passiert – ein Fähigkeiten-System, mit dem man sich seine Skills selbst zusammenbasteln darf. Während der Kampfrunden sammeln Spieler drei verschiedene Arten von Synapsen, die man im Hub kombinieren kann, um neue Fähigkeiten und Spezialeffekte zu erhalten. Klingt einfach, wird aber komplex, denn theoretisch sind hier Tausende Varianten möglich, begonnen vom Effekt selbst bis hin zur notwendigen Menge an Action Points, dem Cooldown der Fähigkeit und der Kombo-Möglichkeit.
Die Patienten bestimmen, welche Beute man einstreift
Nachdem sich die Spieler die ersten, noch recht schwachen Fähigkeiten gebastelt haben, geht es auch schon an die Patienten, die ihre Hilfe benötigen. Die Patienten sind dabei so etwas wie die Level in klassischen Rollenspielen – es kann immer nur einer nach dem anderen kuriert werden und welchen man auswählt, bestimmt, welche Art von Belohnung man in den Runden bekommt. Spätestens jetzt sollte man das Fortschritts- und Skill-System des Games halbwegs durchblicken, denn der Schlüssel zum Erfolg ist es, bereits in dieser frühen Phase festzulegen, in welche Richtung man die eigene Spielfigur skillen will. Tut man dies nicht, gehen irgendwann die Ressourcen verloren.
Während die Kämpfe selbst klassisch rundenbasiert ablaufen, ist alles rundherum ebenso innovativ wie das Setting. Die Gedankenwelt eines jeden Patienten zeigt sich düster und abwechslungsreich, mit einzigartigen (und wunderbar umgesetzten) Feinden, die allesamt über ihre eigenen Stärken und Schwächen verfügen. Zocker starten jede Runde mit acht Action-Punkten, wobei jeder investierte Punkt auch jedem der Feinde bei ihrer Runde zur Verfügung steht. Weitere Action-Punkte sammelt man durch das Besiegen der Feinde – daraus ergibt sich ein spannender Versuch, anfangs nur wenige Punkte für Siege zu investieren, um später dann mit Großangriffen die Massen zu zerschlagen.
Neue Patienten behandeln, mächtige Fähigkeiten freischalten
Hat man alle Feinde in einem Raum besiegt, darf man meist aus einer Auswahl an aktiven und passiven Effekten zugreifen, bevor es in die nächste Schlacht geht. Diese Effekte erhöhen mehrheitlich entweder den Schaden oder machen uns resistenter gegen verschiedenste Attacken. Dass es solche und solche Patienten gibt, zeigt auch das Game. Spezielle Patienten mit tiefgehenden Geschichten treiben die Haupt-Handlung voran, während Standard-Patienten zur Erhöhung der eigenen Reputation dienen, um neue Patienten anzulocken oder aber auch, den eigenen Hub um NPCs und Bereiche wie einen Shop für Ressourcen und die Ausrüstung des Protagonisten etwas zu erweitern.
Im Shop darf man zudem mit zwei Ingame-Währungen bezahlen – einer, die man in den normalen Schlachten erkämpft und einer, die dem Spieler dafür spendiert wird, wenn er Herausforderungs-Aufgaben und -Missionen erfüllt. Und schließlich werden die Gefechte auch so knallhart, dass man alle Tricks wie Fallen und auch die Umgebung nutzen muss, um den Albträumen der Patienten beizukommen. Beim Tod am Schlachtfeld hat man allerdings die Möglichkeit, sich mit seltenen Relikten zu reanimieren – wie so gut wie alles in dem Spiel haben aber auch diese spezielle positive und negative Effekte auf den Kampf. So können sie etwa unsere Gesundheit, aber auch die der Feinde stärken.
"Wantless: Solace At World’s End" verdreht den Kopf
Technisch kann schon jetzt in dieser frühen Phase wenig beanstandet werden. Die Grafik hat zwar einen leichten Comic-Einschlag, nimmt dem Spiel aber nichts von seiner düsteren Atmosphäre, sondern wirkt bedrückend und den schlimmsten Albträumen entsprungen. Dazu passt eine hervorragende Musik-Untermalung, die sich zwar nicht störend aufdrängt, aber die Nerven bis zum Zerreißen gespannt hält. Gespielt wird in Retro-Iso-Perspektive, was für Übersichtlichkeit sorgt. Und: Die Entwickler zeigen transparent, was in den nächsten Monaten an Inhalten folgen soll. Bereits im Dezember soll das Spiel demnach neue Events, neue Ausrüstung und außerdem brandneue Endgame-Questlines bekommen. Weitere Inhalte sind für Winter 2023 sowie Frühling und Sommer 2023 geplant.
Was Taktik-Freunde freuen dürfte: Derzeit gibt es das Game auf Steam im Early Access für knapp über 16 Euro. Und auch Hardware-hungrig ist das Spiel keineswegs: Laut den Entwicklern sollen ein Intel Core i5-6400 Prozessor und 4 Gigabyte Arbeitsspeicher sowie eine Geforce GTX 960 Grafikkarte vollkommen ausreichen. Das neue "Wantless: Solace At World’s End" versteht es ausgezeichnet, taktische, rundenbasierte Kämpfe mit einem innovativen Fähigkeiten-System und einzigartigem Crafting-System zu verbinden und alles auch noch in eine düstere Geschichte zu verpacken, die euch vor lauter Plot-Twists den Kopf verdrehen wird. Da macht es richtig Freude darauf zu warten, was sich die Entwickler im Early Access noch alles an Inhalten erträumen werden.