Spiele-Test

"Like a Dragon Gaiden" liefert tollen Yakuza-Stoff ab

Eigentlich sollte "Like a Dragon Gaiden: The Man Who Erased His Name" nur ein Zwischenhäppchen sein, doch das Spiel ist echter Yakuza-Traumstoff.

Rene Findenig
"Like a Dragon Gaiden" liefert tollen Yakuza-Stoff ab
Verrückt, verrückter, "Like a Dragon Gaiden: The Man Who Erased His Name": Das Game bringt die geliebte Serien-Action zurück.
SEGA

Für Fans der Reihe gibt es seit Monaten die volle Packung "Like A Dragon". Nach dem erfolgreichen "Ishin" sollte "Like a Dragon Gaiden: The Man Who Erased His Name" aus dem Hause Ryu Ga Gotoku Studio eigentlich nur ein Zeitvertreib bis zum für 2024 angekündigten "Like a Dragon: Infinite Wealth" sein. Doch das neue Action-Adventure (für PlayStation 4 und 5, Xbox One und Series X|S sowie PC) zeigt sich als Game, das zu den Stärken der alten "Yakuza"-Games steht und sich als eines der besten der Serie positionieren kann. Inhaltlich knüpft das Game direkt an "Yakuza 6: The Song of Life" an – darum eine gutgemeinte Story-Spoiler-Warnung vor der Handlung im folgenden Absatz!

Angesiedelt nach "Yakuza 6" und zwischen "Yakuza: Like A Dragon" und "Like A Dragon: Infinite Wealth" erlebt man die Rückkehr zahlreicher liebgewonnener und gefürchteter Serien-Figuren wie Ichiban Kasuga oder Masaru Watase, aber auch eine ganze Liste an neuen Personen, die wohl in künftigen Serien-Teilen noch eine große Rolle spielen werden. Im Kern aber geht es um Kazuma Kiryu, in dessen Haut die Spieler schlüpfen und der im Vorgänger-Game seinen Tod vorgetäuscht hatte, um seine Liebsten zu schützen. Lange kann er allerdings trotz seiner Meditationsphasen nicht die Füße stillhalten – und so wird er wieder als Agent unter dem Codenamen "Joryu" für die Daidoji-Fraktion aktiv.

Akrobatische Kämpfe statt simplem Draufhauen

Endgültig vorbei ist es mit seinem Geheimleben, als ein simpel angelegter Auftrag vollkommen aus dem Ruder läuft. Nun gilt es für Kazuma, seine Geheimidentität aufrechtzuerhalten – was aber nicht durch noch konsequenteres Untertauchen, sondern durch jede Menge Gewalt, Schlägereien und dem typischen "Yakuza"-Gameplay geschieht. Das spielt sich einerseits typisch für die Reihe, aber motiviert zusätzlich mit dem frisch eingeführten und akrobatischen Kampfstil, den sich der Protagonist bei seinem Agenten-Leben angeeignet hat. So gibt es nicht einfach brutal auf die Nase und gegen das Schienbein der Feinde, sondern Kazuma springt, schlittert und schlägt künstlerisch wertvoll zu.

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    Für Fans der Reihe gibt es seit Monaten die volle Packung "Like A Dragon". Nach dem erfolgreichen "Ishin" sollte "Like a Dragon Gaiden: The Man Who Erased His Name" ...
    Für Fans der Reihe gibt es seit Monaten die volle Packung "Like A Dragon". Nach dem erfolgreichen "Ishin" sollte "Like a Dragon Gaiden: The Man Who Erased His Name" ...
    SEGA

    Wer ordentlich draufhauen will, kann sich aber noch immer für die gute, alte Prügelei entscheiden, denn Kazuma kann sowohl auf den Agenten-, als auch den Yakuza-Kampfstil zugreifen. Fans werden es bemerkt haben: Die Beschreibung des Kampfstils könnte auch dem Spin-Off "Lost Judgement" entstammen, und tatsächlich ist das nicht die einzige Gemeinsamkeit. Eine weitere findet man bei den wieder dutzendfach vorhandenen Mini-Games in der Spielwelt, auch Kazuma darf während seinen Ausflügen in Osaka und Yokohama an den Spiel-Automaten Titel wie "Alex Kidd in Miracle World", "Galaxy Force", "Alien Syndrome" oder "Global Defense" und viele weitere Games zocken.

    Mit Gadgets wird der Protagonist zu James Bond

    Eine Neuerung hingegen ist, dass in den Kämpfen nun auch zahlreiche Gadgets zum Einsatz kommen, wenn man sich für den Agenten-Stil entscheidet (der Yakuza-Stil kommt meist in den brutal fordernden und spektakulär inszenierten Boss-Kämpfen zum Einsatz). Zwischen Schlägen und Tritten dürfen Spieler auf ein Arsenal an Hightech-Produkten zugreifen, von Kampf-Drohnen über einen Draht aus einer Uhr und Schub-Düsen in den Schuhen bis hin zu einer explodierenden Zigarette. Als wäre das nicht Abwechslung genug, kann Kazuma auch einige Objekte in seiner Umgebung für den Kampf nutzen und zahlreiche auch neue Spezial-Manöver im Verlaufe des Abenteuers freischalten.

    Die Handlung des Spiels wiederum ist seine größte Stärke und Schwäche zugleich – sie ist so spannend, dass man fast nicht den vielen Nebenbeschäftigungen nachgehen, sondern mehr und mehr erfahren will, und sie ist auch eine der stärksten der gesamten Serien-Reihe. Und genau da ist auch der Knackpunkt, denn um die Story wirklich verstehen und genießen zu können, muss man zwingend viele der bisherigen Teile der Reihe gezockt und in Erinnerung haben. Wer ganz neu in die Serie einsteigt, kriegt zwar ein etwa zehnstündiges Action-Spektakel geboten, so richtig Emotionen kommen aber nur auf, wenn man auch die zurückliegenden Geschehnisse und deren Akteure kennt.

    Wunderbare Haupt-Geschichte und tolle Neben-Aufgaben

    Während man sich wunderbar durch die Haupt-Geschichte prügelt und immer mal wieder Ablenkung bei den Mini-Games sucht, gibt es natürlich auch wieder eine Tonne an Neben-Aufgaben, um die sich eine neue Nebenfigur namens Akame kümmert. Statt die eher kurz bemessene Spielzeit für die Hauptmissionen künstlich in die Länge zu ziehen, glänzen diese Neben-Quests mit viel Charme, Abwechslung und vor allem zahlreichen Charakteren, die man bereits aus früheren Teilen kennt. Zudem sprechen uns auf der Straße immer wieder auch ganz normale Bürger an und bitten uns um die Erledigung von Alltags-Aufgaben. Essen zustellen und Co. als willkommene Abwechslung!

    Je nach Größe der erledigten Aufgabe sammeln wir Akame-Punkte bei unserer Informantin ein, die in die erwähnten, neuen Fähigkeiten oder zur Freischaltung neuer Netzwerk-Aufgaben verwendet werden können. Während sich der Bezirk Sotenbori wieder als neonbuntes und grelles, aber bürgerliches Vergnügungsviertel zeigt, gibt es dieses Mal mit der "Burg" auch eine Luxusvariante. An Bord eines riesigen Schiffes suchen hier die Reichen und Schönen nach Amüsements – und wir nach Action, indem wir immer mal wieder dort vorbeischauen oder vor Ort versuchen, in Einzel- oder Gruppen-Kämpfen in einer Arena zu bestehen, wobei sich das eigene Team immer weiter hochlevelt.

    "Like a Dragon Gaiden" liefert tollen Yakuza-Stoff ab

    Dass "Like a Dragon Gaiden: The Man Who Erased His Name" kein simples Game ist, das Fans bei Laune halten soll, zeigen zahlreiche Neuerungen, die es so in der Serie noch nie gegeben hat. Neben der erwähnten Verfeinerung des Kampfstils treten wir nun auch gegen die bisher größten Gruppen an Feinden an oder dürfen auch unseren Protagonisten erstmals von Kopf bis Fuß mit Kleidung nach dem eigenen Geschmack ausstatten. Apropos Aussehen: Auch die Technik funktioniert einwandfrei – Kämpfe mit großen Gegner-Massen bleiben stets superflüssig auf der PlayStation 5 und die Figuren, aber vor allem die Stadt, sieht so fantastisch aus, wie man es auch dem Vorgänger kennt.

    Gar keine Kritik? Nicht wirklich. Bis auf den Umstand, dass Spieler die Geschichten der Vorgänger kennen sollten, um ihren vollen Spaß mit dem Game zu haben, fallen gerade mal ein paar kleine Rechtschreibfehler in den deutschen Untertiteln auf. Sprachausgabe gibt es gewohnt wieder wahlweise auf Japanisch oder Englisch. Ein besonderes Zuckerl findet sich übrigens nach Abschluss der Story, denn da darf man dann auch einen Demo-Blick auf das kommende "Like A Dragon: Infinite Wealth" werfen. "Like a Dragon Gaiden: The Man Who Erased His Name" liefert im Test tollen Yakuza-Stoff ab und schafft grandios die Balance zwischen spannenden Neuerungen und geliebten Traditionen.

    rfi
    Akt.