17.000 Inseln

Wahlen in Indonesien fordern 900 Todesopfer

In Indonesien ist schon die Zustellung der Wahlzettel eine Herkulesaufgabe, die jedes Mal zahlreiche Menschenleben fordert.

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Wahlen in Indonesien fordern 900 Todesopfer
Eine Indonesierin bei der Stimmabgabe in der Al Istiqamah Moschee in Jakarta, 2004.
Bagus Indahono / EPA / picturedesk.com

Das riesige Inselreich Indonesien hat einen neuen Präsidenten gewählt. Die meisten der 820.000 Wahllokale schlossen am Mittwoch um 13 Uhr mitteleuropäische Zeit wie geplant nach sechs Stunden ihre Pforten. Im viert-bevölkerungsreichsten Land der Erde waren etwa 205 Millionen Menschen aufgerufen, einen neuen Staats- und Regierungschef sowie ein neues Parlament zu wählen. Mehr als ein Drittel der Wahlberechtigten war jünger als 30 Jahre.

Damit die Indonesierinnen und Indonesier aber überhaupt ihre Stimme abgeben können, sind bei jeder Wahl zehntausende Helfer möglich – hunderte von ihnen starben bei vergangenen Wahlen bereits, und auch dieses Jahr sind schon wieder mindestens sechs Wahlhelfer gestorben. Die Helfer verdienen etwa 70 US-Dollar pro Monat, was tiefer ist als der Durchschnittslohn in der Hauptstadt Jakarta.

Zwei Helfer starben demnach in der Provinz Aceh an Erschöpfung, in Nordsumatra erlitt ein Mann ein Herzinfarkt. Im Jahr 2019 war die Zahl der Todesfälle mit 900 exorbitant, zudem erkrankten damals etwa 5200 Helfer. Denn in dem Land mit 17.000 Inseln müssen sich die Wahlhelfer durch den Dschungel kämpfen und die Urnen mit Booten in die entlegensten Gebiete bringen.

Offizielles Ergebnis erst Ende März

Vorläufige Ergebnisse der Wahl werden spätestens am Abend Ortszeit erwartet. Das offizielle Ergebnis soll aber erst Ende März verkündet werden. Mit 274 Millionen Einwohnern ist der G20-Staat die drittgrößte Demokratie und das größte muslimische Land der Welt.

Als haushoher Favorit auf die Nachfolge des beliebten Präsidenten Joko Widodo, genannt Jokowi, gilt der frühere General Prabowo Subianto. Obwohl ihm Menschenrechtsverletzungen während der Suharto-Diktatur in den 1980er- und 1990er-Jahren vorgeworfen werden, ist der amtierende Verteidigungsminister gerade bei jungen Wählern extrem beliebt. Laut Umfragen könnte der 72-Jährige auch dank einer cleveren Social-Media-Kampagne auf mehr als 50 Prozent der Stimmen kommen – und müsste somit im Juni nicht einmal in eine Stichwahl gegen einen seiner beiden Mitbewerber.

Vorwürfe gegen Joko Widodo

Gegen Prabowo traten der Gouverneur der Provinz Zentraljava, Ganjar Pranowo (55), und der frühere Gouverneur von Jakarta und Ex-Bildungsminister Anies Baswedan (54) an. Auf der Urlaubsinsel Bali, wo seit heute eine Touristensteuer gilt, bildeten sich schon am Morgen Schlangen vor den Wahllokalen, viele kamen in ihrer traditionellen Kleidung. Auch in der Hauptstadt Jakarta auf Java war der Zustrom groß.

Auf Nachfrage sagen die meisten Wähler, dass nur Prabowo die nötige Erfahrung mitbringe, um den wirtschaftlichen Siegeszug der Jokowi-Ära fortzuführen. Dass er den Sohn des Amtsinhabers, Gibran Rakabuming Raka, als Vize-Präsidenten nominiert hat, sehen Beobachter als Geniestreich. Allerdings sorgt seit Tagen ein Dokumentarfilm "Dirty Vote" eines prominenten Investigativjournalisten für Aufregung, der am Wochenende im Netz viral ging. In "Dirty Vote" wird Jokowi vorgeworfen, staatliche Mittel genutzt zu haben, um die Wahl zugunsten Prabowos und seines Sohnes zu manipulieren.

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