Ukraine
"Wäre Katastrophe" – ORF-Experte in Atom-Sorge
Am größten Atomkraftwerk der Ukraine findet derzeit Artilleriebeschuss statt, schildert ORF-Mann Christian Wehrschütz. Er ist in großer Sorge.
Immer noch von russischen Truppen besetzt ist das im umkämpften Gebiet liegende Atomkraftwerk Saporischschja. Ukraines Präsident Wolodimir Selenski warnte am Donnerstag, Russland könne "die größte atomare Katastrophe in der Geschichte" verursachen – mit noch schlimmeren Folgen als Tschernobyl 1986. Der UN-Sicherheitsrat berief deshalb eine Krisensitzung ein.
Der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA sieht zwar derzeit kein unmittelbares Sicherheitsrisiko – das könne sich wegen der anhaltenden Kampfhandlungen aber jederzeit ändern. Die USA fordern eine demilitarisierte Zone rund um das 1.800 Kilometer von Österreich entfernte Kernkraftwerk.
Mehrere Gefahren
Tiefere Einblicke bot am Freitag ORF-Korrespondent Christian Wehrschütz, der derzeit aus Kiew berichtet. "Das, was wir dort haben, ist eigentlich Artilleriebeschuss", sagte er im "Ö1 Journal um acht". Immer wieder werde auf das Gelände geschossen, das zugegebenermaßen aber enorme Ausmaße umfasst.
Sollte es jedoch einen Volltreffer geben, wäre das eine Katastrophe. Das sei aber nicht die einzige Gefahr: Auch ein Ausfall etwa von Notstromversorgern könnte natürlich eine Kernschmelze auslösen. Es gibt außerdem tonnenweise radioaktiv angereichertes Material und Atommüll, der dort lagert. "Da brauch ich nicht mal den Reaktor treffen", so Wehrschütz.
Rasche Aufklärung gefordert
Natürlich würde niemand absichtlich eine Atomkatastrophe verursachen, denn keine der Parteien hätte ein Interesse daran, verstrahltes Gebiet zu kontrollieren. Politisch sei die Brisanz natürlich höher, immerhin versorgt das Atomkraftwerk zehn Prozent der gesamten Ukraine mit Energie.
Eine Entspannung der Lage könnte es wohl nur durch eine rasche Aufklärung durch die neutrale IAEA geben. Dazu müssten die Kampfhandlungen am Gelände aber dringend aufhören. Es dürfe nicht sein, dass dort etwa Waffen gelagert und Truppen stationiert werden. Hoffnungen setzt Wehrschütz auch in das Getreideabkommen, mit dem Hungersnöte in Afrika verhindert werden sollen.