Todesschuss-Prozess
Vorwürfe gegen Baldwin: "Nicht an Anweisungen gehalten"
Eine Kamerafrau stirbt bei einem Western-Dreh. Alec Baldwin hielt die Waffe in der Hand. Der Prozess hat begonnen und es gibt neue Anschuldigungen.
Im Prozess gegen Alec Baldwin (66) wegen fahrlässiger Tötung einer Kamerafrau stellt die Verteidigung den Vorfall als Tragödie dar, für die der Hollywoodstar jedoch keine Schuld trage. "Alec Baldwin hat kein Verbrechen begangen. Er war Schauspieler, der seine Rolle spielte", sagte Anwalt Alex Spiro vor Gericht in Santa Fe (New Mexico).
Prozess gestartet
Mit ernstem Blick und sichtbarer Anspannung folgt Baldwin dem Eröffnungsplädoyer seines Anwalts. Im Prozess geht es um die Frage, ob der 66-Jährige bei dem tödlichen Schuss auf eine Kamerafrau am Filmset des Westerns "Rust" 2021 fahrlässig handelte und deshalb ins Gefängnis muss.
Die Anklage geht auf einen Schuss-Vorfall am Set von "Rust" zurück. Am 21. Oktober 2021 zückte Hauptdarsteller Baldwin bei Proben einen Revolver, wie vom Regisseur verlangt. Doch statt harmloser Platzpatronen löste sich scharfe Munition. Eine Kugel traf Kamerafrau Halyna Hutchins (†42) sowie dann den hinter ihr stehenden Regisseur Joel Souza an der Schulter. Die Mutter eines damals neunjährigen Sohnes starb kurz danach, Souza kam mit leichteren Verletzungen davon.
Verantwortung bei Angestellten am Set
"Es wird in diesem Prozess keinen einzigen Zeugen geben, nicht einen einzigen Beweisfetzen dafür, dass Alec wusste oder hätte wissen können, dass die Waffe mit einer scharfen Patrone geladen war", betonte Verteidiger Spiro. "Schauspieler überprüfen die Waffen nicht, die Sicherheit wird von speziellem Personal gewährleistet". Doch die Verantwortung dafür, dass Waffen bei Filmdrehs ungefährlich sind, liege bei Waffenmeistern und anderen Angestellten.
Zwölf Geschworene sollen bei dem auf acht Verhandlungstage angelegten Verfahren entscheiden. Der 66-Jährige hatte auf "nicht schuldig" plädiert. Ihm drohen bis zu 18 Monate Haft.
Baldwin habe "Grundregeln der Waffensicherheit verletzt"
Staatsanwältin Erlinda Johnson legte vor der Jury eine andere Version zur Verantwortung Baldwins dar: "Die Beweise werden zeigen, dass derjenige, der mit einer echten Waffe gespielt und die Grundregeln der Waffensicherheit verletzt hat, der Angeklagte Alexander Baldwin ist". Er sei deshalb der fahrlässigen Tötung schuldig.
Johnson beleuchtete in ihrem Eröffnungsplädoyer auch die Rolle der bereits verurteilten Waffenmeisterin Hannah Gutierrez-Reed. Vielen Arbeitenden am Set sei bewusst gewesen, dass Gutierrez-Reed wenig Erfahrung als Waffenmeisterin gehabt habe. Trotzdem habe der Hollywood-Star "kein Mal, wenn er diese Waffe in der Hand hatte, eine Sicherheitsüberprüfung" durchgeführt.
Der Schauspieler habe den Revolver zudem in vielen weiteren Fällen nicht sachgemäß behandelt. Baldwin habe mit ihm beim Dreh auf Menschen gezeigt. "Sie werden sehen, wie er seinen Finger auf den Abzug legte, obwohl sein Finger nicht am Abzug sein sollte", so Johnson weiter zur Jury.
"Auf einem Filmset darf man den Abzug drücken"
Anwalt Spiro hielt dagegen: "Auf einem Filmset darf man den Abzug drücken." Falls Baldwin dies – auch wenn er sich daran nicht erinnern kann – getan habe, mache ihn das nicht schuldig.
Nach den Eröffnungsplädoyers wurden am Mittwoch zwei Polizisten und eine Tatorttechnikerin als erste Zeugen in dem Verfahren aufgerufen. Baldwin rauchte nach dem Vorfall eine Zigarette und sprach mit einem Regieassistenten, obwohl die Polizei ihm den Kontakt zu Zeugen untersagt hatte. "Er hielt sich nicht an unsere Anweisungen", sagte einer der Polizeibeamten vor Gericht.
Der 66-Jährige und die anderen Prozessteilnehmer bekamen während den Befragungen immer wieder Videomitschnitte gezeigt, die das Chaos und Verwirrung nach dem Todesschuss zeigen. In einer besonders intensiven Aufnahme war zu sehen, wie Menschen um das Leben Hutchins kämpfen, die leblos auf dem Boden liegt.
Früherer Schuldspruch gegen Waffenmeisterin
Den Prozess hat Richterin Mary Marlowe bis Mitte Juli angesetzt. Dabei sind Kameras zugelassen – per Livestream wird das Verfahren der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Im Zeugenstand werden unter anderem Filmschaffende, Ermittler und Waffenexperten erwartet. Ob Baldwin selbst aussagen wird, ist bislang nicht bekannt.