Schwere Vorwürfe in Liesing
Vom Freund verprügelt – "Polizei schickte mich weg"
Susanne L. behauptet, nach einem Übergriff Hilfe bei der Polizei gesucht zu haben. Doch dort sei sie nicht ernst genommen worden.
Fünf Jahre lebte Susanne L. in Angst vor ihrem Partner. Psychische und körperliche Gewalt bestimmten ihren Alltag. Doch im November eskalierte die Situation: "Er hat mir mehrfach ins Gesicht geschlagen und mich dann an den Haaren durch das Wohnzimmer gezogen", erzählt sie im ORF-Interview.
"Ohrfeige sei keine Gewalt, das sei nur eine Beleidigung"
Verletzt und voller Angst suchte sie mit ihrer Tochter eine Polizeiinspektion in Liesing auf, um Schutz und Hilfe zu finden. Doch dort traf sie auf eine unerwartete Kälte: "Der Polizist sagte mir, eine Ohrfeige sei keine Gewalt, das sei nur eine Beleidigung", schildert sie fassungslos.
Hoffnung erst bei zweiter Polizeistelle
Susanne L. wandte sich an den Frauennotruf, der ihr dringend empfahl, eine andere Polizeidienststelle aufzusuchen. Das tat sie – und wurde ernst genommen: Ein Annäherungsverbot gegen den gewalttätigen Lebensgefährten wurde umgehend verhängt.
Zusätzlich leitete eine Beamtin eine interne Untersuchung gegen den Polizisten aus Liesing ein. Die Wiener Polizei bestätigte gegenüber dem ORF, dass der Fall geprüft werde.
Richterin verweigert Schutz
Doch der nächste Schock ließ nicht lange auf sich warten: Das Bezirksgericht lehnte ihren Antrag auf eine einstweilige Verfügung gegen den Partner ab. Die Begründung: Susanne L. könne nicht zweifelsfrei beweisen, dass die Verletzungen nicht selbst zugefügt wurden.
Gewalt gegen Frauen
In Österreich ist etwa jede dritte Frau im Alter von 15 oder älter von körperlicher und/oder sexueller Gewalt betroffen. Jede fünfte, in einer Beziehung lebende Frau wird von ihrem Ehemann oder Lebensgefährten misshandelt.
Bei akuter Bedrohung hilft die Polizei unter 133. Weitere Hilfe gibt es bei der Frauenhelpline unter 0800/222 555, bei den Autonomen Frauenhäusern unter 01/5440820 oder den Gewaltschutzzentren unter 01/5153288.
"Einerseits soll ich ins Frauenhaus, andererseits steht im Beschluss, dass mir keine Gewalt passiert sei. Das macht mich sprachlos", sagt sie. Susanne lebt derzeit bei einem Freund. Zurück in ihre Wohnung will sie nicht mehr.
Opferanwältin: "Frauen werden oft allein gelassen"
Für Opferanwältin Sonja Aziz ist Susannes Geschichte kein Einzelfall. Viele Beamte und Richter seien schlecht geschult, was die Traumata von Gewaltopfern angeht. "Das führt dazu, dass Opfern nicht geglaubt wird und ihre Glaubwürdigkeit in Frage gestellt wird", kritisiert Aziz.
Das Innenministerium weist die Vorwürfe zurück: Laut einem Sprecher sei die Aussage, dass eine Ohrfeige keine Gewalt sei, "nicht dokumentiert". Es könne ein Kommunikationsfehler vorliegen, eine absichtliche Abweisung halte man für "sehr unwahrscheinlich".
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Auf den Punkt gebracht
- Susanne L. suchte nach jahrelanger Gewalt durch ihren Partner Hilfe bei der Polizei in Liesing, wurde jedoch mit der Aussage "Mit der flachen Hand schlagen ist keine Gewalt" abgewiesen.
- Erst bei einer anderen Polizeistelle erhielt sie Unterstützung, doch ihr Antrag auf eine einstweilige Verfügung wurde vom Gericht abgelehnt, was ihre Verzweiflung weiter verstärkte.