Wegen der Scharia

Videos zeigen: Syrischer Minister ließ Frauen töten

Videos zeigen Hinrichtungen in Syrien unter der HTS-Miliz. Darin zu sehen: Der heutige Interimsjustizminister Shadi al-Waisi.

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Videos zeigen: Syrischer Minister ließ Frauen töten
Shadi al-Waisi, der derzeitige Justizminister der syrischen Übergangsregierung, war 2015 als Richter unter der radikalislamischen Al-Nusra-Front in der Region Idlib.
BAKR ALKASEM / AFP / picturedesk.com

Seitdem in Syrien die islamistische HTS-Miliz die Macht übernommen hat, wächst die Sorge um die Zukunft des Landes. Nicht nur religiöse und ethnische Minderheiten fürchten um ihre Sicherheit, auch viele Frauen stellen sich die Frage, welche Rechte sie in der neu entstehenden Ordnung haben werden.

Zwei Videos, die jetzt in sozialen Medien aufgetaucht sind, zeigen Erschreckendes: Die Aufnahmen, die der syrische Journalist Rami Jarrah über X verbreitete, zeigen offenbar die Hinrichtung zweier Frauen im Jahr 2015 in der Region Idlib. Laut Jarrah wurden die Videos im Abstand von einer Woche an verschiedenen Orten aufgenommen.

Sie zeigen, wie Todesurteile wegen Ehebruchs verhängt und vollstreckt werden. In beiden Videos ist ein Mann zu sehen, der als der heutige Interimsjustizminister Syriens, Shadi al-Waisi, identifiziert wurde. Er spricht die Urteile aus, bevor andere Männer die Frauen durch Kopfschüsse hinrichten. Umstehende bewaffnete Männer bejubeln die Exekutionen mit "Allahu akbar"-Rufen.

Shadi al-Waisi: Vom Al-Nusra-Richter zum Justizminister

Shadi al-Waisi, der am 10. Dezember zum Interimsjustizminister ernannt wurde, war 2015 als Richter unter der radikalislamischen Al-Nusra-Front tätig, einem Ableger der Terrorgruppe al-Qaida. Die Al-Nusra-Front kontrollierte damals Teile der Region Idlib und ging 2017 in der HTS auf, die heute die Macht in Syrien innehat. Al-Waisi hat einen Abschluss in islamischem Scharia-Recht und als Pädagoge. Unklar bleibt jedoch, ob und inwiefern er seine radikalen Ansichten heute abgelegt hat.

Fachleute des Portals "Verify-Sy" haben die Tonspuren der Videos mit Stimmaufnahmen von al-Waisi verglichen und bestätigen, dass es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um den Interimsjustizminister handelt. "Verify-Sy" konfrontierte mehrere hochrangige Mitglieder der neuen Regierung in Damaskus mit den Aufnahmen.

Ein anonymer Beamter der neuen Regierung äußerte sich gegenüber "Verify-Sy" zu den Vorwürfen: "Die Videos zeigen die Durchsetzung des Rechts unter den damaligen Umständen. Doch über diesen Punkt sind wir hinaus. Wir bekräftigen unsere Verpflichtung, Gerechtigkeit herzustellen und die Rechtsstaatlichkeit zu achten." Eine offizielle Stellungnahme gibt es bislang jedoch nicht.

Nach Bekanntwerden der Videos kündigte die von HTS geführte Übergangsregierung an, "alle rechtlichen Maßnahmen aus dieser Zeit einer gründlichen Überprüfung zu unterziehen, um sicherzustellen, dass sie den heutigen Standards von Gerechtigkeit und Fairness entsprechen".

Internationale Reaktionen nach Treffen mit deutscher Außenministerin

Die Videos sorgen auch international für Aufsehen, da sie am selben Tag auftauchten, an dem die französischen und deutschen Außenminister mit HTS-Führer Ahmad al-Sharaa in Damaskus zusammentrafen. Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock sagte: "Wir kennen die ideologische Ausrichtung von Hayat Tahrir al-Sham und wissen, was er in der Vergangenheit getan hat. Doch wir sehen auch das Bestreben nach Mäßigung und Verständigung. Wir werden die neue Verwaltung an ihren Taten messen."

Ideologische Spannungen und Sorgen der Minderheiten

Derweil bleibt unklar, wie sich die islamistische Ideologie der neuen Machthaber auf die syrische Verfassung auswirken wird. Die aktuelle Verfassung aus dem Jahr 2012 sieht den Islam nicht als Staatsreligion vor. Doch Beobachter befürchten, dass die HTS dies gegen den Willen religiöser Minderheiten durchsetzen könnte. Auch Frauenrechte stehen offenbar unter Beschuss. Zwar stellte sich der vermeintliche Ausschluss von Frauen aus Richterämtern Mitte Dezember als Falschmeldung heraus, doch die Befürchtungen bleiben bestehen.

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    Auf den Punkt gebracht

    • Zwei kürzlich aufgetauchte Videos zeigen die Hinrichtung von Frauen in Syrien im Jahr 2015 durch die HTS-Miliz, wobei der heutige Interimsjustizminister Shadi al-Waisi die Todesurteile wegen Ehebruchs verkündet.
    • Die Aufnahmen sorgen international für Aufsehen und werfen Fragen zur zukünftigen Rechtsstaatlichkeit und den Frauenrechten unter der neuen islamistischen Regierung auf.
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