Musik
"Major-Labels signen lieber TikTok-Stars als Bands"
"Liener" ist das neue Projekt von Matthias Liener, der zuletzt mit den "Spritbuam" aufgefallen ist. "Heute" stellt exklusiv "Lieners" erstes Werk vor.
Nur weil er auf deutsch singt, heißt das noch lange nicht, dass ihn einer versteht. Liener lebt augenscheinlich auf seinem ganz eigenen Planeten, und zelebriert das regelrecht. Der ehemalige Wiener Sängerknabe hat zuletzt mit dem Volksmusik- und Schlagerprojekt "Die Spritbuam" Aufmerksamkeit erregt – jetzt startet er sein Soloprojekt. "Heute" hat mit ihm gesprochen, und stellt sein Musikvideo exklusiv vor.
Die Suche nach der "Anna"
In seinem Song "Rosen und Mohn" (Video weiter unten) besingt Liener eine "Anna", und erzählt im Gespräch mit "Heute": "Die Anna gibt es wahrscheinlich für Jeden und Jede. Die Figur im Video verkörpert eine Person, die man begehrt, und vor der man sich gleichzeitig fürchtet. Und irgendwie fürchtet man sich davor, wie sehr man sie begehrt". Das alles sei ein Spiel mit der Freudschen Psychoanalyse, so der Musiker. "Wie ich im Video gestylt bin, ist auch an Freud und Klimt angelehnt", erklärt er.
Mit der Falco-Ex auf der Psycho-Couch
Und wie so oft, hatte auch hier der Zufall seine Finger im Spiel: Falcos letzte Lebensgefährtin, Caroline Perron, spielt im Video die "Anna", und Liener habe nach dem Dreh erfahren, "dass die ersten Worte, die ihr Falco auf deutsch beigebracht hatte, waren: 'Oida, bist du deppat'". Richtig gecastet also.
Männerbilder im österreichischen Pop
Liener, der sich im Video an eine Schaufensterpuppe heranmacht, stellt im Interview klar: "Ich find Schaufensterpuppen furchtbar. Deshalb passt es auch so großartig für mich. Der arme Depp, der sich da seine Anna zusammen fantasiert und ihr niemals nahe kommt, aber dann stark im Pelz mit einer Schaufensterpuppe herumturtelt. Dieses groteske Bild taugt mir extrem". Es gehe um menschliche Lust-Abgründe, aus der Perspektive des Musikers. "Dass ich eine männliche Figur bin und das anecken kann, ist mir bewusst. Gerade mit dem Männerbild ist es mir wichtig, zu spielen."
"Ich finde sogar den Yung Hurn leiwand"
"Ich steh unglaublich auf Queen", erzählt Liener, der eigentlich vom klassischen Gesang kommt, da sogar eine Masterausbildung macht. Daher komme auch der Fokus auf Vocal-Arrangements, sagt er. "Ich finde Falco geil, vor allem die erste Platte, ‘Einzelhaft‘". Und auch mit Zeitgenössischem kann er was anfangen: "Ich find sogar den Yung Hurn leiwand. War mit meinem Neffen sogar mal am Konzert". Viel lieber würde er ja in die Oper gehen, "aber wie Pierre Boulez so schön gesagt hat: ‘Oper ist tot. Und Wien wird, wenn sich da nix ändert, mal als a ganzer ein Museum sein‘…"
Liener soll "nicht nur als Nischenmusik verstanden werden"
Matthias Liener sieht "Liener" als eigenständiges, musikalisches Projekt, das nicht nur als Nischenmusik verstanden werden soll. Und einen Seitenhieb in Richtung der großen Fische im Musikbusiness kann er sich nicht verkneifen: "Vielen Labels, speziell den Majors, war es eh zu ausgeflippt. Und nachdem ja momentan bei Universal Deutschland eher Tik-Tok Stars gesigned werden als Musiker, darf man sowieso gespannt sein wie es mit Mainstream-Musik in der nächsten Zeit ausschauen wird", zieht er Bilanz. "Ich mache einfach die Musik, die mir taugt".