Weitere Vorwürfe aufgedeckt
"Vertrauen missbraucht": Umstrittener Manager nimmt Hut
Knalleffekt um den beurlaubten Manager des Linzer Brucknerhauses: Die Stadt will die Zusammenarbeit mit ihm mit sofortiger Wirkung beenden.
Im März wurden gegen den ohnehin umstrittenen künstlerischen Vorstand Dietmar Kerschbaum massive Vorwürfe bekannt. Einer der schwer lastenden Kritikpunkte: Seine Bestellung im Jahr 2017 soll geschoben worden sein. Kerschbaum habe die Fragen der Hearing-Kommission vorab erhalten.
Die Causa kam zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt: Das Konzerthaus am Donau-Ufer hätte heuer eigentlich allen Grund zu feiern. Denn in ganz Oberösterreich wird heuer des 200. Geburtstages von Anton Bruckner, Komponist mit Strahlkraft weit über die Landesgrenzen hinaus, gedacht. Und das nach ihm benannte Haus wird 50 Jahre alt.
Angesichts der langen Liste an Kritikpunkten leitete Bürgermeister Klaus Luger (SPÖ) in seiner Funktion als Aufsichtsratschef der Veranstaltungsgesellschaft LIVA eine Sonderprüfung durch das städtische Kontrollamt ein. Jetzt liegt der Bericht vor.
"Es haben sich nicht nur die meisten der kolportierten Vorwürfe bestätigt, es wurden noch weitere aufgedeckt", berichtet Luger. Kommenden Montag wird sich der Kontrollausschuss mit dem Bericht befassen.
Weitere Trennung
Nur wenige Wochen hatte das Brucknerhaus einen neuen Mitarbeiter. Laut Website war er Sales Manager. Nach einem "Heute"-Bericht trennte sich die LIVA von ihm.
In seinem eigenen Internet-Auftritt bewirbt der Mann "wissenschaftsbasierte Beratung für Personal und 'Dark Leadership'". Hinter dem Anglizismus verbirgt sich die sogenannte dunkle Führung – im Fokus: narzisstische Charaktere.
Im Vorjahr wurde der selbsternannte Experte (Zitat auf seiner Website: "Wer der Beste ist, muss keine Komplimente verteilen.") von AUF1 interviewt. Laut Wikipedia verbreitet der Sender rechtsextreme Inhalte und spricht vor allem Corona- und Klimawandel-Leugner, Verschwörungstheoretiker sowie Putin-Anhänger an.
Nicht an Grundsätze gehalten
Offensichtlich habe sich die künstlerische Geschäftsführung nicht an die verbindlichen Vergabegrundsätze der LIVA gehalten, so der Bürgermeister. Auch Compliance-Regeln seien nicht eingehalten worden.
So genannte Insich-Geschäfte mit sich selbst bzw. mit seiner Ehefrau stehen an der Spitze der vom Kontrollamt erhobenen Vorwürfe. Dazu kommen Deals mit Firmen und Vereinen, in denen Kerschbaum Funktionen ausübt bzw. die ihm nahestehen.
Was besonders schwer wiegt: Die Prüfer empfehlen aufgrund der neuen Erkenntnisse, einzelne Sachverhalte der Staatsanwaltschaft zu übermitteln.
Luger: "Die im März ausgesprochene Freistellung hat sich als richtige Vorgehensweise erwiesen." Nach Durchsicht des Berichts ist der Stadtchef der Meinung, dass das Dienstverhältnis mit sofortiger Wirkung aufzulösen sein wird. "Persönlich bin ich enttäuscht, dass hier das Vertrauen dermaßen missbraucht wurde."
„Persönlich bin ich enttäuscht, dass hier das Vertrauen dermaßen missbraucht wurde.“
Wie geht es weiter? Nach der Sitzung des Kontrollausschusses wird der Bericht auch in einer außerordentlichen LIVA-Aufsichtsratssitzung behandelt. Das Ergebnis der parallel laufenden Compliance-Prüfung durch die KPMG sollte bis dahin ebenfalls vorliegen. Wie "Heute" erfahren hat, wird das Gremium im Laufe der kommenden Woche tagen.